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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Justi, Carl: Die Kathedrale von Granada und ihr Baumeister, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0122

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Abhandluno-en.

Die Kathedrale von Granada und
ihr Baumeister.

Mit Lichtdruck (Tafel VI) und 5 Abbildungen.

\F&

|f;on jeher galt die Ka-
thedrale von Gra-
nada als eine von
den unvergleich-
baren Schöpfungen
der Kirchenbau-
kunst. Diego de Mendoza, der Dichter und Hu-
manist, einst Gesandter Karl V. in Venedig,
Rom und beim Tridentinum, nennt sie in seiner
»Guerra de Granada« den herrlichsten (suntuoso)
Tempel nach S. Peter in Rom. Und doch kannte
er sie nur in unfertigem Zustande, denn zu seinen
Lebzeiten, er starb 1575, war erst die Ostpartie
ausgeführt. Der Gröfse nach gehört sie zu den
Kirchen ersten Ranges; das Innere hat 116
zu 67,25 m im Lichten, das Altarhaus 45 m
Höhe, 22 m Durchmesser. Wenn die Puristen
vom Ende des XVI. Jahrh. an dem „gemischten
Stil" ihrer Uebergangszeit Anstofs nahmen, so
hat die Gegenwart sie mit um so günstigerem
Auge betrachtet. Der englische Architekt
Fergusson nennt sie eine der schönsten Kirchen
Europas, besonders wegen des eigentümlichen
Grundrisses. Ihr Plan enthalte Anordnungen,
die nicht nur neu seien, sondern Verbesserungen
alles bisher Geleisteten; ja es hätte eine Kirche
daraus werden können, die der würdigen Feier
des katholischen Kultus besser als irgend eine
entsprochen hätte.

Es gibt seltsamer Weise noch keine ordent-
liche Aufnahme; in dem grofsen nationalen
Prachtwerk der Monumentos arquitectunicos
sucht man sie vergebens. Der Schwärm der
Reisenden pflegt dort für andere Dinge als die
Alhambra wenig übrig zu haben.1) Doch hat die

') In der »Reise in Spanien« von Gustav Dore"
und Da vi liier, im Kapitel über Granada, finden sich
sechzehn Ansichten der Alhambra, sieben von Stier-
fechtern, acht von Zigeunern und anderem Gesindel,
aber aufser dem Sarkophag der Captlla Real nichts von
der Kathedrale, auch keine der eminent malerischen
Kirchenfassaden der alten Stadt.

bescheidene Lokalforschung in der Person des
Malers Manuel Moreno neuerdings einige merk-
würdige Daten aus Archiven der Stadt und der
Kirche hervorgezogen, die über ihre Geschichte
neues Licht verbreiten. Er konnte lange, wie
er mir im Jahre 1881 klagte, keinen Ort (aufser
Feuilletons kleiner Zeitungen) für seine Mit-
theilungen finden, während stattliche Bücher
und Bilderbücher in und aufserhalb Spanien
ungestört fortfuhren, ihre altehrwürdige Gelehr-
samkeit darzubieten. Seitdem hat er das bis
jetzt gewonnene in seiner Guia de Granada
(1892) unterbringen können.

Die Metropolitankirche Granadas ist das
erste grofse kirchliche Gebäude Spaniens in
dem neuen, seit 1500 aus Italien eingedrunge-
nen Stil. Als Schöpfer des Planes und erster
Baumeister galt der Erbauer und Vollender
ihres vornehmsten Theiles: Diego de Siloe.
Diese Annahme gründete sich auf die Ueber-
lieferung und auf eine Inschrift am Grabsteine
seiner ersten Frau, Anna de Santotis (1540),
einst im alten Sagrario, wo es von ihrem Gatten
heifst: „por cuya industria se principiö esta
iglcsia, durch seine Kunst ward diese Kirche
begonnen, am 15. Mai 1529."

Diego de Siloe

war ein Sohn des Gil de Siloe, des letzten
gothischen Bildhauers von Burgos, weltbekannt,
durch den Hochaltar und das Denkmal der
Eltern Isabella der Katholischen in der Kar-
thause von Miraflores. Ueber des Sohnes Bil-
dungsgang ist nichts bekannt, doch scheint
er in Italien gewesen zu sein. Er war eng
verbunden mit jenem Bartolome Ordonez, der
im Jahre 1519 nach Carrara kam, um die Grab-
denkmäler des Kardinal Ximenes, Philipps des
Schönen und der Juana von Castilien, sowie
die der beiden Fonseca auszuführen, und dort
1520 starb.

Von Diego's Arbeiten in Burgos ist die be-
rühmteste die Prachttreppe der Kathedrale, die
escalera dorada, die vom hohen Thor des nörd-
lichen Querschiffs (die Kirche liegt an den Berg
gelehnt) auf denFufsboden der Kirche herabführt.
(S. Abbildung 1.) Eine steile Doppeltreppe von
einem Stamm und vier Armen, zu je dreizehn
 
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