Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

DOI Artikel:
Justi, Carl: Die Kathedrale von Granada und ihr Baumeister, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0126

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
201

1896.

ZEITSCHRIFT KÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 7.

202

sein, die gellend machten, dafs der neue Stil
ihrer Kirche nachtheilig sein werde (perjuicio),
d. h. dafs die korinthische Ordnung Siloe's mit
ihrer vor elf Jahren vollendeten Denkmalkirche
in Disharmonie stehen würde. Sie beschwerten
sich bei dem Kaiser. Obwohl dieser selbst vor
drei Jahren einen ganz italienischen Renaissance-
palast auf der Alhambra gegründet hatte, er-
ging jetzt eine cedula mit der Weisung an
das Kapitel,
„das Werk
der Kathe-
drale nicht
al romano
zu machen".
Aber nun
sandte man
den gewand-
ten Architek-
ten selbst an
denHof,seine
Sache zu füh-
ren (21. Jan.
1529), und
mit solchem
Erfolg, dafs
dann doch
nach seinem

Plan zu
bauen begon-
nen werden
konnte.

Aus diesen
Verhandlun-
gen ergibt sich
der Grund

der Ent-
lassung des
ersten Bau-
meisters mit
ziemlicher Wahrscheinlichkeit. Dafs sein stän-
diger Wohnort fern oben in Castilien war,
mag freilich zu mancherlei Verlegenheiten ge-
führt haben. Indefs pflegten Baumeister da-
mals die gleichzeitige Leitung mehrerer Unter-
nehmungen an weit auseinanderliegenden Orten
zu übernehmen. Den entscheidenden Anstofs
gab jedenfalls der Eindruck der Entwürfe Siloe's
für S. Gerönimo, die mit allem Zauber der
Neuheit und Formeneleganz wirkten. Ohne
den Zufall also seiner Anwesenheit am Ort,
würden wir wohl noch eine gothische Kathedrale

Abbild. 2. Kathedrale von Granada. Grundrifs.

A Capilla mayor, B Altar, C Chor, D Querschift, E Glockenthunn, F Sakristei,

G Capilla Real, H Sagrario; an der Stelle der alten Moschee.

erhalten haben; sie würde sich den fast gleich-
zeitigen von Salamanca (1513) und Segovia(1525)
als dritte und letzte angeschlossen haben.

Beunruhigender ist die Frage: Wieweit war
beim Wechsel der Oberleitung der Bau ge-
fördert? Denn das was schon dastand, setzte
der Erfindung des neuen Meisters Schranken
und kann, nebst den daraus fliefsenden Kon-
sequenzen, nicht auf seine Rechnung kommen.

Obwohl nun
in jenen fünf
Jahren seit
der Grund-
steinlegung
nur langsam
und mit Un-
terbrechung
gearbeitet
worden war,
so müssen
doch mindes-
tens die Fun-
damente der
Ostpartie aus-
gehoben ge-
wesen sein.
Es fiel gewifs
Niemanden
ein, im Plan

A ende ran-
gen zu ver-
langen, hatte
man doch
fast zwanzig
Jahre über
ihn Rath ge-
pflogen; auch
betrafen die
.''Neuheiten,
nach3 denen
man begehrte, nicht räumliche Dispositionen,
sondern die dekorative Formensprache.

Wir stehen hier vor dem kritischen Punkt,
auf den jene neu herausgekommene Vorge-
schichte der Kathedrale hinausläuft, dafs der
eigentliche Urheber ihres Grundrisses und Planes
nicht Siloe, sondern sein Vorgänger zu sein
scheint: Enrique de Egas. Dessen Name tritt in
unserer Baugeschichte zuerst im Jahre 1521 auf.
Aber wir wissen, dafs er in den Jahren 1506
bis 1517 die anstofsende Capilla Real gebaut
hat; wem anders könnte man den ersten Rifs
 
Annotationen