Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

DOI Artikel:
Arntz, Ludwig; Schnütgen, Alexander: Pfarrkirche und Pfarrhaus in Lichtringhausen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0040

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
51

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 2.

52

munionbank von 1728 paßt auch stili-
stisch genau in diesen Rahmen; während
die an dem Triumphbogen stehenden Ton-
figuren (Abb. 6), sowie die holzgeschnitzten
polychromierten Standfiguren der vier Evan-
gelisten, die hh. Joseph und Sebastianus, um
die Mitte des vorigen Jahrhunderts wohl in
Köln oder Aachen entstanden, auf Konsolen die
Pilaster des Langhauses verzieren, durch ihre
kräftige Bemalung von den weißlich getonten,
durch einen farbigen Ornamentfries unter-
brochenen Wänden sich abhebend. — Darunter
sind auf den Fensterwänden die derselben Zeit
angehörigen gemalten Kreu zwegbilder auf-
gehängt, zwischen denen zehn eisengeschmie-
dete Wandleuchter mit Petroleumklippen von
Messing recht gut wirken. — Die alte Barock-
kanzel bedurfte einer erheblichen Reduzie-
rung, wie der Bütte so namentlich des Schall-
deckels, die sich zum Teil hinter der flachen
Wandnische verstecken. — Von den beiden
Barock-Beichtstuhl en ist der eine, etwas
verkürzt, in der Wandnische der Evangelien-
seite aufgestellt, der andere, in seiner ursprüng-
lichen Höhe, unter der Orgelempore.

Die Glasgemälde, die über das einer
Dorfkirche gewöhnlich zugestandene Maß nicht
unerheblich hinausgehen, sind von Oidtmann
stilistisch wie technisch meisterlich ausgeführt
in lichten Darstellungen auf Bleiverglasung.
Das Chorfenster zeigt als große Gruppe
die sitzende Gottesmutter, zu deren Füßen
der Donator kniet, mit der Unterschrift:
SANCTA-MARIA- ORA-PRO-NOBIS, und
der Legende: Der hl. Gottesmutter widmet
diese Kirche, ihre Gemeinde und sich selbst
Jos. Wilh. Alexander Schnütgen. Anno 1010.
— Der hl. Johannes der Täufer schmückt als
Brustbild das kürzere Fenster über der Kanzel
mit der Unterschrift: Seht da das Lamm Gottes!,
der hl. Papst Alexander als Namenspatron
des Stifters; die hl. Barbara mit der Unter-
schrift: Sei unsere Gelei/erin!) der hl. Joseph
mit der Beischrift: Patron der Sterbenden, Steh
uns bei im letzten Kampfe! verleihen den
Fenstern des Langhauses einen besonderen
Reiz, der, in geringerem Maße, auch den
beiden kleinen Fenstern unter der Empore
zuteilgeworden, zwei Standfiguren von Aposteln
mit der Feder, bzw. mit dem geschriebenen
Buche in der Hand.

Die das ganze Langhaus füllenden neun-
undzwanzig Bänke, zumeist aus Eichenholz
mit alten, gut silhouettierten Barockwangen,
die zum Teil bis 1611 zurückgehen, vollenden
die Ausstattung des Langhauses, dessen Ab-
schluß die Emporenbrüstung aus der Bieder-
meierzeit mit der aufragenden Barockorgel
und vier Bänken bildet.

In der unten anstoßenden Taufkapelle
steht ein Marmortaufbrunnen aus Wollers-
heim in der Eifel mit der Jahreszahl 1789 und
mit einem messinggetriebenen profilierten Zelt-
deckel; darüber an der Wand in einer Nische
die alte Tonfigur der hl. Anna, wie sie stehend
der stehenden Maria die Bibel erklärt, und
im Fenster der gekreuzigte Heiland.

Auch der Sakristei ist der Schmuck eines
alten Tonkruzifixus, getriebenen Vortragkreuzes
und einer vorzüglich geschnitzten polychro-
mierten Holzmadonna des XVII. Jahrh.,
die bei besonderen Andachten in der Kirche
aufgestellt werden kann, nicht vorenthalten
worden. Reichlich ist ihr alter Ankleidetisch
nebst Geschränk mit dem liturgischen Apparat
an Monstranz, Ciborien, Kelchen, Pollen,
Rauchfaß, Weihkessel, Meßbüchern, Schellen
usw. sowie an Paramenten: Chormäntel, Kasein,
Dalmatiken usw. versehen. Auch diese kirch-
lichen Gebrauchsgegenstände, zu denen noch
sonstige Utensilien, wie Lavabokessel, Hand-
tuchhalter usw. hinzukommen, passen stilistisch
in den ganzen Rahmen, sämtlich den beiden
letzten Jahrhunderten entstammend und in
den soliden Techniken dieser Zeit ausgeführt.

Im Vorraum glänzt die Standfigur der
Immaculata auf Rokoko-Konsole. — Auch
den Außenseiten der Kirche fehlt der
figurale Schmuck nicht: Der große Kruzifixus,
der die Chorwand so schön wie sinnig belebt;
die Statue des hl. Antonius von Padua an
der vorspringenden Wand des Langhauses;
ganz nahe am Bach der hl. Johannes von
Nepomuk in dem Verbindungsbau von Kirche
und Haus, in dem die Statuette der hl. Lucia
die Diele beherrscht. Seine Bestimmung
wird, wie durch die ganze Bauart, so durch
das Glasgemälde des Guten Hirten
im Fenster der Treppenflur ausgedrückt. —
Möge unter seinem Schutz bald derjenige
seinen Einzug halten, dem Jener Vorbild
sein soll! Schnütgen.
 
Annotationen