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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0122

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205

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

206

Brockhaus die lebendigsten Figuren raffaeli-
scher Erfindungs). An einer anderen Stelle
des Buches, nämlich bei der Besprechung der
Wandgemälde in derNikolauskapelle zu Lawra,
hebt Brockhaus den hohen inneren Wert der
Bilder hervor. „Keines ist leichthin gemalt
— lesen wir dort9) — jedes vielmehr mit
wahrer Vertiefung in den Gegenstand ent-
worfen und ausgeführt. Bei der Geburt Christi
kniet Maria demütig vor ihrem göttlichen
Kinde. Das Verklärungsbild läßt die beiden
Heiligen des Alten
Testamentes auf
von Engeln ge-
tragenen Wolken
heranschweben
und zeigt in ihrer
Mitte über Chri-
stus die Hand
Gottes. Die Kreu-
zigung stellt dar,
wie dem Heiland
die Seitenwunde
beigebracht wird
und den Scha-
chern die Beine
zerschlagen wer-
den. Das Aufer-
stehungsbild ver-
gegenwärtigt ne-
ben der Freude
der Erlösten auch
das Gegenstück,
das Entsetzender
vom schlechten
Gewissen Ge-
peinigten, die
sich hinter Sarko-
phagen zu bergen
suchen: denn
Christus erscheint
stürzen die Teufel

Abb. 4. Woronetz, Christus am Ölberg. (Siidapsis.)

I

V>

im Hades, und vor ihm
von dannen." Sind aber
diese Züge wirklich dem tieferen Kunstsinn
des Malers, der freien Invention, zuzuschreiben,
oder ist vielleicht wieder die abendländische
Ikonographie ins Auge zu fassen? Mir scheint
nur das letztere das Richtige zu sein, um so
mehr, weil der Urheber dieser Zyklen, der
Maler Phrangos Katellanos aus Theben, sie
im Jahre L560 laut Inschrift ausgeführt hatte:

8) Brockhaui H., Die Kunst in den Athos-
Kl6«tern« (Leipzig 1891). S. 118. 2.V..

9) Brockhaus, daselbst S. 57 — 58. Vgl. auch
S. 115—110, 124.

außerdem sind die Fresken nach der Meinung
Pokrowskis in jüngerer Zeit renoviert worden1").
Die Anbetung des Kindes durch die hl. Jung-
frau, das Tragen der Wolken von einer Engel-
schar wie auch nur das Vorhandensein von
Wolken allein im Bilde, das Stechen mit der
Lanze nach der Seite des Heilands und das
Zerschlagen der Beine bei den Schachern —
das alles können oft tiefinnerliche Episoden
sein, doch nicht aus Böotien oder im allge-
meinen aus Griechenland stammende, nicht

heimische. Viel-
mehr liegen hier,
wie Kondakow
mit Recht ver-
mutet, wiederum
raffaelische Bilder
als Muster vor,
so in der Szene
der Verklärung
und der Aufer-
stehung, in dem
Kreuzigungsbilde
dagegen vielleicht
Gravuren deut-
scher Herkunft11).
Aber auch unge-
achtet des Um-
Standes, daß in
der Bearbeitung
dieser Sujets die
abendländischen
Muster offenbar
vorliegen, muß
man wenigstens
zugestehen, und
zwar auf Grund
der Heranzieh-
ung analoger Er-
scheinungen in
anderen Gebieten der byzantinischen Kunst,
solche Episoden seien in der Ikonographie des
europäischen Orients vor dem XVI. bzw.
Ende des XV. Jahrh. nicht bekannt und auch
nicht allmählich vorbereitet.

Außer Panselinos, welcher noch auf byzan-
tinischem Boden steht, gibt es anderseits
Meister, die sich geistig dem byzantinischen

1C) Pokrowski N., »Die Wandmalereien in
den alten griechischen und russischen Kirchen«, Ab-
handlungen des VIL archäologischen Kon-
gn ssei (.Moskau 1K90, russisch), Bd. LS. 221—222.

") Kondakow. »Die Denkmäler der christlichen
Kunst auf dem AthoS<, S. 92, Anmerkung.
 
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