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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0160

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270

1911. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. '.)■

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gemalt, dem Ganzen aber doch das Aussehen
einer breiten ornamentalen Polychromie ge-
geben, wie das noch an den Außenwänden der
Kirchen in Woronetz, Badeutz, Homora Sucza-
witza (Abb. 12), Watra - Moldawitza, Suczawa
(Georgskirche) zu sehen ist. Die andere Auf-
fassung desselben Themas ist auch eine ideale,
muß aber von der beschriebenen als grund-
sätzlich verschieden angesehen werden. Die
hier gemeinte Darstellung befindet sich an
der runden Wand des unteren Laternen-
tambours in der Woronetzer Kirche. Besteht
unter den einzelnen Figuren der als Ornament
aufgefaßten Wurzel Jesse kein innerer Zusam-
menhang, so zeigt uns das Bild in Woronetz
schon eine Szene, die sich
zwischen Jesse und seiner
Nachkommenschaft ab-
spielt. Die um Jesse ver-
sammelten Söhne und
Enkel sind durch gemein-
samen Gedanken verbun-
den, denn sie empfangen
einen feierlichen Segen,
den ihnen der greise Ur-
vater erteilt.

Die nähere Betrachtung
der Zustände, welche im
XV. und XVI. Jahrh. in
den Ländern des heutigen
Rumäniens und der Bal-
kanhalbinsel auftreten, muß
zur Annahme führen, daß
auch die relativ große Be-
herrschung der Fresko-
technik und eine gewisse Leichtigkeit, mit
welcher der Maler die menschliche Gestalt
in verschiedenen Stellungen behandelt, dann
die nicht allzu schematisch gehaltene Gewan-
dung nicht mehr der guten Überlieferung
aus der Zeit der makedonischen Dynastie
zugeschrieben werden dürfte, sondern eher
auf den hier mitwirkenden Einfluß des Westens
zurückzuführen ist. Die früher ausser dem
gekreuzigten Erlöser so selten vorkommenden
nackten Körper werden immer häufiger, und
obwohl noch ein langer Weg zum gründlichen
Erfassen der Körperformen führt, obwohl hie
und da eine ängstliche Behandlung des Nackten
sichtbar wird, schon das häufigere Erscheinen
der nackten Körper (so z. B. in den Martyrien
des hl. Prokopius zu Badeutz) in der abge-
schlossenen Klosterkunst, denen immerhin

Abb. 13.

manche Studien zugrunde liegen, mag für uns
als Beweis dienen, daß mit der Zunahme der
Produktion auch eine neue Anregung zur
Bereicherung des künstlerischen Vorstellungs-
kreises dem Maler geboten wurde.

Für die Behandlung der Gewandung hatte
Byzanz in älteren Miniaturhandschriften die
vollendetsten, weil mit Anschluß an die Antike
geformten Vorbilder. Die Überlieferung er-
hält sich lange Jahrhunderte hindurch und
wird erst nach dem Falle der makedonischen
Dynastie (im Jahre 1057) geschwächt. Der
so viel an den Antiken bewunderte und aus
ihnen herübergenommene breite Faltenwurf
wird immer steifer und flüchtiger, zuweilen
mit gebrochenen Linien
ausgestattet. Die Vernach-
lässigungin derGewandung
geht aus den Handschriften
in die Wandmalereien der
Neuzeit über und hat auch
die Bukowiner Fresken
betroffen (Abb. 13). Man
schaue nur die Malereien
in Moldawitza oder Su-
czawa an, man beachte
jene hölzernen, elliptisch
umrissenen, ohne jede Ab-
wechslung hundert Male
sich wiederholenden Falten
an den Figuren der Außen-
wände in Moldawitza
(Abb. 14), so wird man im
klaren sein, wie des Malers
Sinn hier für die Logik
der Fältelung und im allgemeinen für das Ver-
ständnis der ästhetischen Wirkung der Formen
sich wenig empfänglich zeigt. Dagegen steht
es besser mit der Gewandung an den Woro-
netzer Heiligenfiguren. Die mit der Bewegung
des Körpers übereinstimmende Verteilung der
Falten legt auf den ersten Blick ein genügen-
des Zeugnis ab für die bessere Schulung des
Auges und der Auffassung der Gewandung
bei ihrem Urheber (Abb. 2). Es ist nicht
leicht zu entscheiden, ob sich hier der abend-
ländische Einfluß geltend macht, oder ob
dieses richtigere Verständnis der Gewandungs-
formen, das besonders an den Figuren der
äußeren südlichen Wand sichtbar wird, einer
selbständigen Beobachtung zuzuschreiben ist.
Deutlicher werden die Anklänge des Abend-
landes in den Wandgemälden der Kirche zu

Suczawitza, Der hl. Paphnutios.
(Vorhalle.)
 
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