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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0161

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281

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

282

Homora wahrnehmbar (Abb. 15), obgleich
die Faltenbildung und die ganze Auffassung
eine nicht so geschickte Hand, wie in den
Woronetzer Bildern, verraten. Außer üblichen
Trachten treffen wir hier solche mit Dessins,
und zwar in den Figuren der Heiligen, für
mich ein Beweis der fernwirkenden Pracht
der venezianischen Kostüme und Draperien
aus den religiösen Tafelbildern, welcher
selbst der byzantinische Maler sich zu ent-
ziehen nicht imstande war. Besser als
an den Bukowiner Malereien sieht man das
an den aus Curtea d'Arges stammenden
und dem XVI. Jahrh. angehörenden Wand-
malereien im National-Museum zu Bukarest.

Noch ein anderer
Umstand dürfte diese
Vermutungen bekräf-
tigen, nämlich die Maß-
verhältnisse derHeiligen
gestalten. Es ist irrig, zu
glauben, der griechische
Kanon verstoße gegen
die im Westen übliche
Proportionslehre; wenn
man aber die byzanti-
nischen Proportionen
für unrichtig zu halten
gewöhnt ist, so liegt die
Ursache anderswo: man
begegnet am häufigsten
den Werken aus der
Verfallsperiode. In den
letzteren ist schon der
frühere, den Antiken
entlehnte Typus der
dargestellten Personen zurückgedrängt und
durch einen neuen ersetzt, dessen wesent-
lichen Zug eine starke Abmagerung ausmacht,
und der insbesondere in Gestalten der Greise
seinen Ausdruck findet2). Jener edle, in den
Miniaturhandschriften verklungene und darauf
auch aus den Wandgemälden verschwundene
Typus kehrt aut kurze Zeit in den Schöpfungen
Manuels Panselinos in der griechischen Kunst
wieder, allerdings modifiziert und unter Mit-
wirkung der abendländischen Muster. Das
Beispiel des Panselinos fand eine Nachahmung

Abb. 14. Watra-Moldawitza, Johannes der Täufer
und der hl. Tarasios. (Pronaos.)

i

2) Es sei hier verwiesen auf die treffliche Charakte-
ristik dieser Verfallsperiode in der byzantinischen Kunst
im Werke Kondakows, »Histoire de l'art bvzamim
II S. 9—11.

— man fühlt das schon aus der Vorrede des
Ieromonachen Dionysios zum hagioritischen
Handbuche der Malerei — und ist vielleicht
auch in Werken seines Zeitgenossen Theo-
phanes von Kreta zu erraten. In den Werken
der Maler, die in der Bukowina tätig waren,
gelangte diese Erscheinung nicht zum vollen
Ausdruck. In dieser durchaus mönchischen
Kunst (damit soll nicht gesagt sein, daß die
Maler ausschließlich Mönche gewesen) wird
immerhin der magere, senile Typus dem jungen
und gesunden vorgezogen, die Körper, deren
Maße keineswegs andere als in der italienischen
Renaissance oder in der heutigen Proportions-
lehre sind, sehen wegen der Magerheit der
Typen und wegen der
schmalen Umrahmun-
gen wie langgestreckt aus,
und zu diesem Eindruck
tragen auch die bis zu
den Sohlen reichenden
Kleider nicht unbedeu-
tend bei. Aber ander-
seits sieht man auch
das Entgegengesetzte.
In Badeutz macht sich
der gesundere Typus
unter den Frauen des
Vorschiffes bemerkbar,
in Suczawitza unter den
Männergcstalten des
Naos, und manche
Figuren, beispielsweise
die an der Außenwand
des Diakonikons zu
Homora (Abb. 15), be-
kommen oft so reduzierte Maße, daß sie
eher der Dürerschen Proportionslehre als der-
jenigen des Cenninischen Trattato oder der
des hagioritischen Handbuches entsprechen
könnten. Die Männer aus dem Kirchenraume
zu Suczawitza, wie der hl. Konstantin und der
hl. Johannes Novi, sehen gesund und kräftig
aus, und dasselbe läßt sich sagen auch von
vielen Woronetzer Typen.

Daß die abendländische, speziell veneziani-
sche Kunst sich an der Entwicklung der Kunst
in der Moldau beteiligt, dafür scheinen manche
äußere Gründe zu sprechen. Liest man bei
einem Forscher, die Wände mancher mol-
dauischen Kirchen seien während der Regie-
rung Stephans des Großen (1157—1504) mit
kunstreichen Gemälden durch venezianische
 
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