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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0163

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285

1911. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

286

Rahmen, mit dem es gefaßt wird, die abend-
ländische Gestaltungsweise durch. So hat
der Maler in die Verkündigungsszene im
Kirchenraume zu Petrauz bei Suczawa und
in der Stifterabteilung zu Suczawitza einen
Blumentopf eingeführt, und da ihm dieses
Motiv lieb geworden ist, hat er es mehrere
Male wiederholt und den Blumentopf gar auf
eine eigens errichtete Unterlage gestellt, wie
in der Szene der Geburt Johannes des Täufers
und in der Illustration eines Salomonischen
Spruches (9, l) in der Vorhalle zu Suczawitza.
Der Blumentopf kommt aber regelmäßig als
ein ikonographisches Element in den Ver-
kündigungsbildern der Frührenaissance vor.
Auch die Friesornamentc, durch welche einzelne
Fresken geteilt wurden (Abb. 16), zeigen nicht
selten eine abendländische Formung (Sucza-
witza, Badeutz), ja, sie werden in den spät
entstandenen Kuppelmalereien des südlichen
Vorbaues zu Suczawitza ganz im Geiste des
ausgehenden Barocks stilisiert. Eine tiefer
gehende systematische Untersuchung hätte
gewiß noch mehrere fremde Züge in der
neueren byzantinischen Ornamentik an das
Licht bringen können, man hat in der letzten
Zeit bei den bibliographischen Forschungen
darauf aufmerksam gemacht, daß die Orna-
mentik und die Initialien der rumänischen
Inkunabeln des XVI. jahrh. direkt von den
Verzierungen der in Venedig gedruckten
Bücher beeinflußt erscheinen8).

Leider war der hier besprochene Einfluß
des Abendlandes von nicht großer Tragweite.
Die in der Bukowina tätigen Maler haben
sich in die abendländische Fotmenwelt gleich
Panselinos nicht hineingelebt. Die barbarischen
Beimischungen der verflossenen Periode sind
nicht beseitigt worden und bestimmen noch
weiter die Laufbahn der neubyzantinischen
Kunst in diesen Gegenden. Im XVII. und
XVIII. Jahrh. siecht die künstlerische Pro-
duktion dahin, was schon in der Unmasse
kleiner und der monumentalen Freskotechnik
widersprechenden Bildchen in Suczawitza,

schlösse in Suczawa daselbst Bd. 18 (1892) S. 240
Notiz 141, Bd. 21 (1896) S. 123 Notiz 89, Bd. 22
(189(1) S. 100 Notiz 47, Bd. 25 (1899) S. 47 Notiz 41;
ferner desselben Verfassers, »Das alte Fürstenschloß
in Suczawa«, Jahrbuch des Bukowiner Landes-
Museums, Czernowit/, Bd. 9 (1901) S. 105 —100.
•) J. Bianu und H. Hodol, »BlbUograüa romä-
netci vechr« (Bukarest 1903), Bd. 1 S. 7, 42—43.

Arborea u. a. zum Vorschein kommt, und was
auch in den oft ungewöhnlichen Entwürfen,
z. B. in der Übertragung eines ganzen Kalenders
in Woronetz und Suczawitza an die Wand,
zutage tritt. Außerdem artet die oft allzu
realistische Behandlung mancher Sujets, die
allzu starke Betonung des Inhalts zu Geschmack-
losigkeit aus, wie das z. B. eine Reihe von
Martyrien und Episoden im Jüngsten Gerichte
bezeugt. Alle diese Nachteile hängen aber
eng mit dem allgemeinen Verfall der Kultur
in der Moldau zusammen, und dieser begann
schon mit dem Jahre 1514, d. h. mit der
Anerkennung der türkischen Oberhoheit.
Damit sind wir schon auch zu Ende.
Bevor wir aber unsere Ausführungen
schließen, muß noch eins betont werden.
Es wäre nämlich ein Irrtum, wollte man
glauben, daß alles, was in den Ländern
griechischen Bekenntnisses seit dem XVI. Jahrh.
entstanden ist, und was einen freieren Stempel
an sich trägt, nur auf den westeuropäischen
Einfluß zurückzuführen wäre. So steht die
Sache gerade nicht. Die Ölgemälde in der
vor dem Altartische aufgerichteten hölzernen
Wand (Ikonostasis) vieler Kirchen weisen in
der technischen Ausführung eine sehr starke Ein-
wirkung der westeuropäischen Kunstübung auf.
Von den hier besprochenen Wandgemälden läßt
sich das nicht sagen. Sind diese im XVIII.
jahrh. schon ganz im Geiste der abendländi-
schen Kunst behandelt, wie das beispielsweise
die Malereien aus dem Jahre 1785 in der
Kirche zu Bordujeni bei Suczawa, in dem
südlichen Vorbau zu Suczawitza, in der Kirche
zu Horecza bei Czernowitz bezeugen, so ge-
hören die Wandmalereien des XVI. und
XVII. Jahrh. doch der durch die byzantinische
Praxis geschaffenen Richtung an und zeigen
nur eine Zersprengung der überlieferten Formen
durch die Invasion der fremden Elemente.
Bei der Aneignung von neuen Errungen-
schaften entsteht eine Reihe von originellen
bvzantinischen Themen, was besonders in den
Kirchen Rußlands im XVI. und XVII. Jahrh.
zutage tritt. Zu solchen Themen gehört unter
anderen die in monumentaler Feierlichkeit
gehaltene und in verschiedener Auffassung
sich wiederholende Szene der Göttlichen
Liturgie, die allein zur Genüge das hier Ge-
sagte bestätigt.

Lemberg. Ladislaus Podlacba.
 
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