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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Georg, Johann: Kunstschätze im Sinaikloster, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0172

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301

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

302

Zum Schluß komme ich auf die Paramente.
Das Ornat des Erzbischofs, das von etwa
1600 stammen dürfte, ist in reicher Stickerei
ausgeführt. Auf der einen Seite ist Maria
als Platytera, auf der anderen die allerheiligste
Dreifaltigkeit dargestellt. Zwei Epitrachilien,
die ganz gleich sind, dürften etwas älter sein.
Auf ihnen ist das Leben Christi dargestellt.
Auch zwei Omophorien stammen etwa aus
dieser Zeit. Auf dem
einen sind Heilige, auf
dem anderen Szenen aus
dem Leben Christi dar-
gestellt.

Das wichtigste und
älteste Stück, wohl der
älteste Gegenstand des
ganzen Schatzes, sind
ein Paar Stauchen (siehe
Abb. 1). Auf dem einen
ist Maria sitzend unter
einem Bogen dargestellt.
Der Thron ist in reicher
Architektur ausgeführt.
Umgeben ist der Bogen
von zwei Vasen und
Blumen. Auf dem an-
deren steht Gabriel eben-
falls unter einem Bogen.
Die Umränderung ent-
spricht dem anderen.
Die Arbeit ist in Seiden-
stickerei ausgeführt und
mit Goldfäden durch-
wirkt. Pater Braun, dem
die Photographie vor-
gelegen hat, meint, das
Werk stamme aus der
Mitte des XVI. Jahrh.
Es sei eine orientalische
Arbeit, bei welcher der
Einfluß des Abendlandes
erkennbar sei. Ich würde
die Arbeit für etwas älter halten, vielleicht
Ende des XV. Jahrh. Maria und Gabriel
haben unverkennbar den Typus der orien-
talischen Kunst. Auch die Bögen, unter
denen sie sitzen bzw. stehen, weisen ganz auf
den Orient, und zwar speziell auf Syrien, wo
sich solche Arkaden, besonders in Miniaturen,
finden. Die Umränderungen hingegen könnten
sehr wohl auf abendländische Vorbilder zurück-
gehen. Wo sich um diese Zeit gute Sticker

Abb. 3.

im Orient fanden, vermag ich nicht anzugeben.
Vielleicht wird das einem anderen Forscher,
der sich mehr mit diesem Gebiete beschäftigt,
besser gelingen. Zweifellos ist es eine der
besten Stickereien, die ich in orientalischen
Kirchen gefunden habe.

5. In den einzelnen Kapellen und
sonstigen Räumen des Klosters.

Außer der Hauptkirche befinden sich noch
indemKlosterdie kleinere
aber neue Kirche Hagios
Stephanos, die nicht viel
Wertvolles enthält, und
acht Kapellen. In der
Kapelle des hl. Georg
ist noch der musivische
Fußboden, der wohl in
das Mittelalter zurück-
geht, erhalten. Die Nische
hinter dem Altar ist mit
Resten von ornamen-
talem Mosaik und mit
Fayencekacheln ge-

schmückt. Auch in der
Kapelle der Apostel
Petrus und Paulus sind
Reste des musivischen
Fußbodens erhalten. In
dieser Kapelle befinden
sich mehrere Ikonen
in sehr gutgeschnitzten
Rahmen. Als Beispiel
dafür bilde ich hier einen
Johannes den Täufer ab
(siehe Abb. 2). Das Ikon
selbst hat keinen großen
künstlerischen oderikono-
graphischen Wert. Der
Rahmen besteht aus ge-
schnitzten, stilisierten
Blättern. Beachtenswert
ist, daß er auf einem ge-
schnitzten Drachen steht.
Die Arbeit dürfte schwerlich älter als etwa
1650 sein. In ähnlicher Weise sind noch in
anderen Kapellen Ikonostasen und Stühle
geschnitzt.

In der Kapelle des hl. Johannes des Täufers
fand ich in einem dunklen Winkel ein Ikon,
das sich, als es gereinigt war, als das älteste
gemalte im ganzen Kloster erwies. Es ist
eine Madonna mit säugendem Kinde (siehe
Abb. 3). Freilich gibt die Photographie es
 
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