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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Schmeddinghoff, Anton: Ein bisher unbekanntes Bild von dem "Meister des Marienlebens" in Bocholt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0036

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Nr. 1/2

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

27

gelesen und sänne jetzt in schmerzlichen Gedanken darüber nach. Sein Unter-
gewand zeigt ein leuchtendes Kirschrot.

Zur Linken des Evangelisten steht ein Bischof mit Mitra und Stab mit
reicher gotischer Krümme; das Herz, das er in der Hand trägt, kennzeichnet
ihn als den hl. Augustinus. Das bartlose, feine Gesicht mit dem Grübchen
im Kinn ist wiederum, und zwar fast in derselben Haltung wie bei Johannes
dem Beschauer zugewandt; die sinnenden Augen und die nachdenkliche
Neigung des Kopfes charakterisieren ihn als den großen Geistesmann, und
das Herz in seiner Hand, das Symbol der Liebe, deutet hier wohl den Gegen-
stand seiner Betrachtung an: das höchste Geheimnis der Liebe des Gott-
menschen. Ein prächtiger tief grüner, rotviolett gefütterter Rauchmantel mit
reicher goldener, mit Edelsteinen
und Perlen besetzter Borte und
blaugrauen Fransen ist durch
eine kostbare Metallschließe vor
der Brust zusammengehalten und
am Gürtel aufgerafft und um-
schließt fast die ganze Figur,
so daß die weiße Albe nur an
der Brust und an den Händen
und Füßen zum Vorschein kommt.
. Auf der entgegengesetzten
Seite schließt die Gruppe wieder-
um ein hl. Bischof. Das lebens-
wahre, charakteristische Gesicht
mit den energischenZügen und der
vorgeschobenen Unterlippe ist
ins Profil gestellt. Die Gesichts-
züge und das unter der Mitra
im Nacken etwas hervortretende
Haar lassen ihn als Mann in vor-
gerückten Jahren erscheinen. Ein
mächtiger Chormantel von Gold-
brokat mit Granatapfelmuster,

blauem Futter und grauen Fransen fällt in glatten, schweren Falten von den
Schultern herunter, so daß nur vorn das weiße, geschürzte Untergewand, die
Albe, hervortritt. Die linke Hand hält einen Bischofsstab mit einfacher Krümme,
die rechte dagegen wiederum ein Herz, aus dem aber ein keilförmiges Stück
herausgeschnitten ist. Da dieses Symbol ganz ungewöhnlich ist, bietet die
Deutung der dargestellten Persönlichkeit große Schwierigkeit. — Alle Heiligen
tragen ebenso wie Christus einen goldenen Nimbus in Scheibenform mit
plastisch aufgesetzten Kreisen.

Am Fuße des Kreuzes kniet mit gefalteten Händen der Stifter des Bildes, ein
bejahrter Kanonikus mit außerordentlich lebenswahren Gesichtszügen, aber in
viel kleinerem Maßstabe als die anderen Figuren gehalten. Ein faltiges, weißes
Obergewand mit breitem, weißem Pelzkragen und Hängeärmeln umhüllt die
ganze Gestalt, nur an der Brust wird ein kleiner Ausschnitt des hochroten


 
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