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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Schmeddinghoff, Anton: Ein bisher unbekanntes Bild von dem "Meister des Marienlebens" in Bocholt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0037

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 1/2

Untergewandes sichtbar. Von dem linken Unterarm hängt das sog. Almutium
aus grauem Pelz mit schwarzen Zotteln herab, wie es ehemals die regulierten
Chorherrn zu tragen pflegten. Man könnte aus der Tracht vielleicht schließen,
daß der Stifter einer dieser Kongregationen angehörte, etwa dem Prämcn-
stratenserorden. Da die beiden Bischöfe jedenfalls zu dem Stifter in erger
Beziehung stehen und die regulierten Chorherren das Vorbild und die Regel
des hl. Augustinus als Lebensnorm gewählt hatten, so könnte man in dem
zweiten Bischöfe vielleicht den hl. Norbert, Erzbischof von Magdeburg und
Stifter der Prämonstratenser, vermuten, zu dessen Charakter die energische
Haltung und der entschlossene Gesichtsausdruck vortrefflich passen würden.
Vor dem knienden Donator steht sein Wappen ohne weiteren heraldischen
Schmuck, ein kleiner ungeteilter Schild, der auf schwarzem Grunde drei (2 • 1)
grünlichgraue Doppeladler aufweist1.

Betrachtet man den farbigen Gesamteindruck des Gemäldes, so fesselt vor
allem der wunderbar leuchtende Farbenglanz und der feinabgewogene Farben-
zusammenklang. Der Goldgrund der Heiligenscheine der vier in einer Ebene
und Reihe stehenden Figuren liegt in der Höhe der von grünem Baumwuchs
umgebenen fernen Stadt. Die vier schlanken, in die helle Luft ragenden
Einzelbäumchen mit ihren durchsichtigen Kronen grenzen gleichsam die beiden
Bischöfe von den anderen Personen ab. Von der Kopfhöhe der Figuren ab-
wärts zeigt der Hintergrund die graubraune Färbung des Erdbodens, und von
diesem mehr neutralen Grunde heben sich die einzelnen Gestalten der Hei-
ligen mit den lebhaft leuchtenden Farbentönen ihrer Gewänder prächtig ab
und verschmelzen zu einem Farbenakkorde, der den Blick des Beschauers nicht
wieder losläßt.

Fragt man nach dem Künstler, der ein so tiefes religiöses Empfinden mit
solch technischer Meisterschaft in diesem Werke zu vereinigen wußte, so muß
man sagen, alle Anzeichen weisen unzweifelhaft auf den „Meister des
Marienlebens" hin. Ein Vergleich mit den bekannten Gemälden dieses
Künstlers zeigt überraschende Ähnlichkeiten sowohl im Gesamtaufbau, wie in
der Darstellung der Personen und in besonderen Eigentümlichkeiten. Namentlich
bieten seine Gemäde im Wallraf-Richartz-Museum in Köln: der Kreuzigungsaltar
(Triptychon), die Kreuzigungsgruppe mit dem rechts gestellten Kreuz und die
Kreuzabnahme oder Klage, ferner die Kreuzigung des großen Altarwerkes in der
alten Pinakothek in München, die Kreuzigung im Privatbesitz (Frau Dr.Virnich)
in Bonn und in der Hospitalkirche zu Cues, sowie der Tempelgang Mariens
im Germanischen Museum in Nürnberg zahlreiche Übereinstimmungen2. Be-
sonders beliebt ist bei unserem Meister der symmetrische, klar übersichtliche,
vielfach sogar schematische Aufbau, und dieses Merkmal tritt auf dem Bocholter
Bilde in der Gruppierung der Personen auffallend stark zutage, wo sogar die
Kopfhaltung bei allen mit Ausnahme des Bischofes zur Linken dieselbe ist. Der
Himmel hat hier wie auf dem Kölner Triptychon dieselbe Färbung und

1 Ein Geschlecht von Meegen führte in schwarzem Felde drei gelbe Doppeladler,
aber die Stammtafel der Familie in der Sammlung von der Ketten (Verwaltung der
Gymnasial- und Stiftungsfonds Köln) beginnt erst mit dem Jahre 1515.

2 Vgl. C. Aldenhoven, Geschichte der Kölner Malerschule. Lübeck 1902. (Publik, der
Gesellschaft für rhein. Geschichtskunde. Bd. XIII.)
 
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