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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Gruber, Otto: Der Westbau der Benediktinerkirche in Reichenau-Mittelzell
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0050

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40

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 3

Zahl anderweitig bekannter Beispiele diese Michaelskapelle in Verbindung mit
der Vierung des westlichen Querschiffes gestanden habe.

Eine genaue Untersuchung dieser Ostwand des Turmes, soweit sie vom Mittel-
schiffdach aus sichtbar wird, ließ zunächst einen, seiner Mauertechnik nach dem
ursprünglichen Bau angehörenden großen Entlastungsbogen erkennen (Abb. 6).
Daraus ergab sich aber die Wahrscheinlichkeit, daß die Vermutung, die Michaels-
kapelle habe sich in irgendeiner Weise gen Osten geöffnet, richtig sei, denn dieser
Entlastungsbogen setzt Maueröffnungen in der Ostwand voraus.

So fanden sich denn auch beim Abklopfen des dünnen Putzes die Bogenüber-
wölbungen und schließlich eine Säule einer dreiteiligen Arkadenstellung, durch die
die Michaelskapelle sich gegen Osten öffnete (Abb. 6 und 6 a).

Von der Michaelskapelle aus führen
die Treppen nach einer Viertelswendung
von beiden Seiten gradläufig nach einem
mittleren Podest zusammen (Abb. 4 a).
An dieser Stelle hegt in der über der
Bogenstellung der Michaelskapelle auf-
geführten Mauer eine ebenfalls in Schich-
tenwechsel aufgemauerte Tür mit halb-
runden Leibungen, zwischen denen sich
noch zwei steinerne Stufen in situ fin-
den, offenbar die ersten Tritte einer wei-
ter nach oben führenden Treppe (Abb.4a
und 5 a).

Die Treppen sind, wie die von unten
aufsteigenden Wendeltreppen, mit einer
Tonne in Gußmauerwerk überwölbt.

Die eben erwähnte Tür über dem
Mittelbogen ist bis zu einer Höhe von
etwa 1 m erhalten und in der gleichen
Höhe läuft in deutlich sichtbarer Weise
die horizontale Baufuge. In den
Außenmauern hegt die Baufuge unter der Sohlbank der großen Schallöffnungen.
Darüber beginnt der spätere Um- und Neubau des eigentlichen Glocken-
geschosses, dem außerdem der Glockenstuhl mit seiner ganzen Unterkonstruktion
sowie die Hauptteile des Turmdach Werkes angehören. Ich setze nach den erhaltenen
Teilen des hübschen Dachstuhles — er besteht aus einer Hängekonstruktion mit
Holzschlössern als Verbindung der mittleren Hauptsäulen mit dem das Dachgebälk
tragenden Unterzug — dieien Umbau in die erste Hälfte des XV. Jahrh. Dies
stimmt auch mit der Nachricht überein, daß zur Zeit des Abtes Friedrich von
Wartenberg, der 1427—53 den Abtstuhl inne hatte, die herabgestürzte Turmspitze
wieder aufgerichtet worden sei4.

In späterer Zeit, etwa dem XVII. Jahrh., hat dann noch einmal eine Veränderung
stattgefunden, der die jetzigen Formen der Turmgiebel entstammen.

Abb. 3.

Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler III, S. 410.
 
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