Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

DOI Artikel:
Gruber, Otto: Der Westbau der Benediktinerkirche in Reichenau-Mittelzell
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0049

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 3

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

39

y Wv"3 "rv y tn

- I TT______f______*

-/YVY15 rvv\n 5 i^nrv\ T-

= ©

I VVVi

reicht im Grundriß etwa bis zur Mitte des Turmes (Abb. 1). Westlich daran an-
schließend liegt ein rechteckiger, mit grätigem Kreuzgewölbe überdeckter Raum,
von dem aus rechts und links zwei nach oben führende Wendeltreppen zugänglich
sind (Abb. 1). über diese erreicht man zunächst zwei übereinander liegende kleine,
rechteckige und in der gleichenWeise, wie der untere, überwölbte Räume (Abb. 3), und
gelangt schließlich unmittelbar über der Halbkuppelschale der Apsiswölbung in
einen großen, den ganzen Turmgrundriß einnehmenden rechteckigen Raum (Abb. 4
und 5), der sich mit einem großen Mittelbogen apsisartig nach Westen erweitert und
den man von den Wendeltreppen aus durch zwei schmale, mit dem Mittelbogen
rechts und links auf je einer Säule zusammentreffenden Bogenöffnungen betritt.
Diese drei westlichen Raumteile sind mit kurzen Quertonnen überwölbt und durch
Bogen mit Stichkappen untereinander verbunden.

Der übrig bleibende Haupt-
raum ist heute durch die Unter-
konstruktion des Glockenstuh-
les vollkommen verbaut. Die
vier großen Rundbogenfenster
sind auf der Südseite durch
Schalläden verschlossen, auf der
Nordseite zugemauert, so daß
sie hier von außen nicht mehr
sichtbar werden.

Aus den später zu erwäh-
nenden Quellen ist nun bekannt,
daß dieser Raum als Doppel-
kapelle des hl.Michael undOth-
mar gedient hat. Daß auf seine
Ausstattung besonderer Wert
gelegt wurde, beweist der Um-
stand, daß die beiden Säulen
in der Mitte gegen Westen
(Abb. 4, 5 und 5 a) aus M a r -
m o r gebildet sind, was bis-
her stets übersehen wurde. Marmorsäulen aber sind in einem Bau, der, wie wir
sehen werden, dem letzten Jahrzehnt des X. Jahrh. entstammt, eine ganz auf-
fallende Erscheinung und Schmuckstücke von sehr besonderem Werte. Woher der
Stein stammt, konnte ich noch nicht feststellen. Die Säulen müssen von weit her
gebracht worden sein, denn Marmor ist in der ganzen Seegegend und in deren
Umkreis nicht zu finden. Die Politur der Säulen ist verschwunden, doch läßt sich
eine rötlich-gelbe Färbung des Gesteins erkennen.

An den übrigen Wänden der Michaelskapelle ist sehr stark in späteren Zeiten
geändert. Vor allem hat man zur Aufnahme des Glcckenstuhles in zwei Reihen
übereinander mächtige Konsolsteine eingemauert.

Durch die Ostwand des Turmes führt heute eine neugebrochene Tür in den
Dachraum über der Kirche.

Unter der Voraussetzung nun, daß dieser große Turmraum als Michaelskapelle
gedient hat, schien die Vermutung nahe zu hegen, daß entsprechend der großen

Abb. 2.
 
Annotationen