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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Nr. 7

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

101

Fassung der Erzählungen und eine Reihe von
Schwarzweiß-Illustrationen die Herzen der
Kinder erobert und auch bereits Eingang
in die Schulen gefunden hat. Es ist sicher
zu erwarten, daß bei einer weiteren Auflage
der Verlag auch die Mängel, die das Büch-
lein heute noch besitzt, ausmerzen wird, denn
er hat in einer Reihe von Einzelveröffent-
lichungen Kölner Sagen und Legenden be-
wiesen, daß er in künstlerischem Geschmack
auf voller Höhe der Zeit steht. Diese Büch-
lein sind: Marsilius, Jan von Werth,
Kampf an der Ulrepforte, Heinzel-
männchen, Richmodis und als bisher
letztes Die heilige Ursula. Die gute
textliche Fassung stammt hier ebenso wie bei
den Sagen- und Legenden-Büchlein von
Michael Kaspar. In die künstlerische Aus-
stattung teilen sich Karl Axel Müller (Kampf
an der Ulrepforte), Paul Schröder (Marsilius),
Heinrich Schröder (Jan von Werth), Her-
mann Joseph Giesen (Heinzelmännchen) und
Erika Freund (Richmodis und Ursula). Die
Texte sind von den Künstlern selbst ge-
schrieben und reich farbig illustriert. Das
Ganze ist dann auf dem Wege mehrfarbiger
Lithographie vom Verlage reproduziert wor-
den. Diese Art der Vervielfältigung bringt
es mit sich, daß jedes Büchlein den i in-
druck eines originalen Kunstwerkes macht,
welches es in gewissem Sinne ja tatsächlich
auch ist. Die Schrift ist natürlich durchaus
nicht schulmäßig; trotzdem lesen sich die
Kinder rasch in sie ein, weil die Bücher
einen starken Anreiz geben, sich in ihrem
Inhalt zu versenken. Die Kinder lernen auf
diese Weise schon früh, sich in einen Schrift-
duktus nicht alltäglicher Prägung einzufühlen.
Heinrich Schröder und Müller sind bei der
Darstellung ihrer Themen auf die Anfänge
der Buchdruckerkunst zurückgegangen. Ihre
Buchstaben lassen sie in strammer soldatischer
Reihe aufmarschieren, wie es sich bei Jan
von Werth und dem Kampf an der Ulre-
pforte auch gehört. Die Illustrationen kom-
men alten Holzschnitten besonders nahe und
sind mit der Schrift zu einem sehr gut wir-
kenden Gesamtbild vereinigt. Damit nicht
so eng verwoben sind die Bilder in Giesens
Heinzelmännchen. Seine Bilder sind von be-
sonders farblichem und inhaltlichem Reiz.
Es ist köstlich anzusehen, wie die Heinzel-
männchen sich dort so emsig plagen und wie
die Menschen faulenzen, bis schließlich durch
des Schneiders Weib, einer zweiten Eva gleich,
das Kölner Paradies verloren geht. Paul

Schröder und Erika Freund verleugnen, wie
auch bereits Giesen, nicht den Einfluß ihres
Lehrers Nigg von der Kölner Kunstgewerbe-
schule. Alle drei haben darum auf den ersten
Blick viel Verwandtes. Im Vergleich mit
Fräulein Freund ist Schröder straffer, farben-
kräftiger, Fräulein Freund dagegen weicher,
flackernder in der Linie und farbenzarter.
Streuen schon Müller und P. Schröder alle
möglichen wortillustrativen kleinen Einfälle
in die Schrift hinein, so kann Erika Freund
sich darin fast nicht genugtun. Wie die
Totengräber heimlich am Grabe der Rich-
modis flüstern, blitzen zwischen den Buch-
staben funkelnd und verführerisch zwei Hinge
auf, und als Ursula ihren Freier Attila abweist,
erscheinen gleich fünf Körbe auf einmal zwi-
schen den Zeilen. Solche Feinheiten werden
natürlich von den Kindern ohne hrklärung
nicht erkannt. Aber gerade die von Fräulein
Freund ausgeschmückten Bücher sind nicht
nur für Kinder, sondern auch für uns, die Er-
wachsenen, eine Quelle hohen Genusses. Auch
uns leben so die Sagen der Kindheit einmal
ganz anders wieder auf. Wir fühlen, hier
haben wir den Stil unserer Tage, der Altes
aufgreift und es in eigenem Lichte wunder-
sam erschimmern läßt. Soviel ich weiß, hat
dem mutigen Verleger bis jetzt das Glück
bei seinem schönen Unternehmen zur Seite
gestanden. Wir können es wünschen, nicht
nur im Interesse seiner selbst, sondern auch
mit Rücksicht auf die jungen, vielversprechen-
den Talente, die hier am Werke sind, und
denen damit Aufgaben gestellt werden, wie
sie unsere arme Zeit so oft nicht zu vergeben
hat. Gerade aus diesem Grunde kann die
Anschaffung der Bücher nicht genug emp-
fohlen werden. Der Verlag wird es uns dann
hoffentlich durch weitere Gaben danken und
in späterem Ausbau seines Unternehmens
vielleicht sich auch einmal des unentwegte-
sten aller rheinischen Erzähler, des Cäsarius
von Heisterbach annehmen, der noch so
manchen ungehobenen Schatz in seinem Dia-
logus verborgen hält. Das gäbe dann ein-
mal ein schönes Legendenbuch nur für Er-
wachsene. Beitz.

Die Symbolik im Menschwerdungsbild

des Isenheimer Altars Von Joseph

Bernhart. Mit 4 Abbildungen Patmos-

verlag, München 1921.

Wenn wir Grünewalds Menschwerdungs-

bild mit all seinem koloristischen Zauber

genießen, können wir vom Standpunkt des
 
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