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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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102

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 7

reinen Kunstgenusses vielleicht beglückter sein,
als wenn wir uns verleiten lassen, nach allen
Einzelheiten des Bildinhaltes zu forschen.
Dort gibt es Rätsel über Rätsel, die nicht
der Kunstgelehrte, sondern der Theologe
zu lösen berufen ist. Diesem müßte das
ganze Rüstzeug der mittelalterlichen Sym-
bolik zur Verfügung stehen. Was wir heute
von diesem Rüstzeug indes noch haben,
reicht nicht mehr aus, um bis zum letzten
Pinselstrich den Bildinhalt klarzustellen.

Man kann nicht annehmen, daß Grüne-
wald, so grüblerisch er war, selbst all die
Symbolik herangeholt und zum Bilde ge-
staltet, ja, daß er sie ursprünglich in den
vielen Einzelheiten überhaupt gekannt hat,
sondern vermutlich ist ihm von theologischer
Seite die Fülle der Symbole als Bildproblem
gegeben worden, und er hat das Thema,
oder vielmehr die heute gar nicht mehr zu
übersehende Themenzahl, zu einem einzigen
großen und glücklichen Bilde gestaltet.

Schon mancher hat sich an die Deutung
der Einzelheiten des Menschwerdungsbildes
gemacht. Aber es ist wenig mehr dabei
herausgekommen, als was man aus andern
Bildern und allgemein bekannter Symbolik
schon wußte. Bernhart macht in seiner kleinen
Schrift einen neuen Vorstoß in die Geheim-
nisse des Bildes hinein, und zwar, wie mir
scheint, mit recht viel Glück und Erfolg.
Für den in die Wolken ragenden Berg im
Hintergrunde des Bildes, für die Geräte zu
Füßen der Madonna, für die fast ganz zu
Licht gewordene Maria und für die einzelnen
Engel deckt er unter Hinweis auf eine Reihe
von Schriftstellen und Hymnen aus Brevier
und Missale an vielen Punkten neue Deu-
tungsmöglichkeiten auf, so daß manches sicher
endgültig geklärt sein wird.

Das ganze Bild und die für die Abhand-
lung wichtigsten Einzelheiten sind in aus-
reichenden Abbildungen der Abhandlung
beigegeben, so daß die Bildunterlagen auch
gleich zur Hand sind. Beitz.

Einführung in das Verständnis der

Malerei. Von Dr. Paul Ueding, Vel-

hagen & Klasing, Bielefeld, Bücherei für

Volkshochschule, 2. Bändchen,

„Das Buch will zum Künstlerischen im

Bildwerk führen", es ist also ein Buch, das

der Erziehung zum Verständnisse der Kunst

dient. An kunstgeschichtlicher Literatur ist

kein Mangel, aber was kann es dem Kunst-
freunde oder dem Studierenden nützen, wenn
er in allgemeinen Kunstgeschichten und in
zahllosen Monographien sich orientieren kann
über viele Daten, wenn ihm aber der Weg
zur künstlerischen Bildung verschlossen bleibt?
Was nützt vor allem dem Lehrer alles kunst-
geschichtliche Wissen, wenn ihm die Methode
fe. lt, seine Schüler in das Verständnis des
Künstlerischen einzuführen? Es war daher
ein glücklicher Griff des Verfassers, als er es
unternahm, hier ausgeführte und praktisch
erprobte Einzellektionen zur Einführung in
das Verständnis der Malerei darzubieten. Ein
derartiger, rein lehrmethodisch angefaßter Ver-
such lag bisher nicht vor, und schon darum
sind diese zwei Bändchen mit Freuden zu
begrüßen. Der Verfasser hat mit viel Glück
charakteristische Beispiele ausgewählt und be-
spricht bei denselben jedesmal wenige Haupt-
probleme und deren künstlerische Lösung im
vorliegenden Falle. Aber dies vollzieht sich
nicht in ermüdender Wiederholung, sondern
mit Glück werden immer wieder neue künst-
lerische Gesichtspunkte gefunden und treffend
erläutert. Der Lernende wird auf diese Weise
systematisch auf das Ziel zugeführt, selbst an
der Hand der vorgeführten Probleme und
deren Lösung sich ein Bild zu machen von
der Entwicklungsgeschichte der Kunst. Der
Zweck des Buches ist also in erster Linie
ein pädagogischer. Erschienen ist es in der
Bücherei der Volkshochschule. Gewiß wird
es jedem Dozenten an einer sogen. Volks-
hochschule die allerbesten Dienste leisten, ob
aber für den genannten Zweck nicht etwas
zuviel vorausgesetzt wird, ob die Darstellung
dafür populär genug gestaltet ist, darüber
läßt sich jedenfalls streiten. Zur Weiter-
führung des Lernenden gibt der Anhang wert-
volle Fingerzeige. Eine ähnliche „Einführung
in das Verständnis der Plastik'' ist vom Ver-
fasser bereits vorbereitet und dürfte dem-
nächst ebenso dankbar begrüßt werden. Ob
es unter allen Umständen angebracht war, in
der Behandlung die einzelnen Zweige der
Kunst so scharf zu trennen und nicht viel-
mehr nebeneinander eine Einführung in die
verschiedenen Zweige der Kunst zu versuchen,
darüber kann man geteilter Meinung sein.
Für die Behandlung der Plastik, speziell der
mittelalterlichen, möchten wir dem Verfasser
ein stärkeres Herausarbeiten des seelischen
Momentes gegenüber dem rein Formalen
empfehlen. Hölker.
 
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