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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Witte, Fritz: Diktatur oder legale Gewalt?
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0157

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 11/12

handeln. Der Nachteil ist doppelt: sie verbrauchen Riesensummen und werden
durch den geschäftlichen Betrieb ihrer Werkstattarbeit entzogen; der Besteller
muß die Unkosten tragen. Wenn das Institut heute gute Arbeiten weit billiger
den Geistlichen vermitteln kann, so hegt das in erster Linie an der straffen Organi-
sation.

Nun die Diktatur Witte: Ich darf ruhigen Gewissens alle Künstler zur Ur-
teilsabgabe auffordern, die bislang mit mir zusammen gearbeitet haben, ob und wie
ich künstlerische Diktatur ausgeübt habe! Wer hat öfter die Freiheit der Künstler
gepredigt, selbst gegen Verordnungen und Entscheidungen von Behörden ?

Allerdings-----------ich sehe Freiheit der Kunst nicht in dem Privileg geistlosester

Nachschreiberei, auch nicht darin, daß ein Goldschmied, der in „Gotik" und
„Romanisch" zu arbeiten pflegt, auf Bestellung einen modernen Kelch verarbeitet
mit „expressionistischem" Schmuck, weil der Besteller einen modernen Kelch
haben will. Daß bei einer solchen Bestellerarbelt nur betrügerische Spielerei
herauskommen kann, ist selbstverständlich. Ich bin, wie bei allen meinen Bei-
spielen, so auch hier bereit und in der Lage, mit geradezu horrenden Beweis-
stücken zu dienen! Jeder soll reden, wie ihm—sit venia verbo!—der Schnabel
gewachsen ist. Nur nicht abschreiben soll er, weder Altes noch Neues. Es ist
mir niemals eingefallen, allein ein Urteil abzugeben; mit Freuden lasse ich mich
belehren, bin dankbar dafür, aber ich hole mir die Belehrung und suche die Be-
ratung bei — Künstlern. Bei der Auswahl dieser muß ich allerdings auf mein
Urteil mich immerhin verlassen, nicht auf das der Goldschmiede. Und — ist's
nicht eigenartig? — mit den besten Künstlern, die auch vor der Öffentlichkeit
als solche Anerkennung genießen, werde ich stets am besten fertig. Sehr wundere
ich mich darüber, daß die Goldschmiede daran Anstoß nehmen, daß das Institut
es verbietet, seine Entwürfe ohne weiteres zu kopieren. Es will allen Künstlern
auf Wunsch damit dienen; es ist denn aber doch auch selbstverständlich, daß wir
die Nachbildung nur dann zugeben können, wenn uns die Kontrolle der Aus-
führung vorbehalten bleibt. Was würde sonst wohl bald aus den Kopien heraus-
kommen ! Die Goldschmiede werden doch auch selbst soviel Qualitätsempnnden
haben; sie werden doch selbst Entwürfen des Institutes nicht einfach ihre Firma
aufdrücken wollen. Allerdings stanzt, wie hier schon einmal festgestellt wurde,
einer aus der Reihe der Kölner Goldschmiede, die das Institut befehden, in
prächtige Kelche früherer Jahrhunderte, wenn sie nur zum Neuvergolden in seine
Hände geraten, seinen Namen mit Wohnort, Straße und Hausnummer. Das
sieht nicht nach Kunst aus, sondern nach unlauterm Geschäftsgebahren, und
ist nebenbei rohe Verschandelung. Hoffentlich bestätigt dieser schwarze Rabe
als Ausnahme die schimmernde Weiße des Kölner Goldschmiedekollegiums,
das über das Institut und mich zu Gericht sitzen möchte!

Die Goldschmiede behaupten weiterhin — damit glauben sie die Posaunen
von Jericho mit ihrer vernichtenden Gewalt blasen zu können —, ich habe die
Behauptung aufgestellt, die Bischöfe würden überhaupt nichts mehr bestätigen,
was nicht die künstlerische Kontrolle des Institutes passiert habe. Ich glaube nicht
einmal, daß das so schädlich wäre. Aber ich habe nicht so viel Einfluß auf die
Behörden, das von ihnen verlangen zu dürfen. Immerhin: Wie würden alle um
die christliche Kunst besorgten Menschen sich freuen, wenn die geistlichen
Behörden ausschließlich objektive Kenner und Künstler zur Beurteilung von
 
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