neogotischen Stil aus Backstein. Unter den zahlreichen Anforderun-
gen an die Schulgebäude waren pädagogische, erzieherische und
hygienische Fragestellungen besonders wichtig. Die Schulen waren
in der Regel durch einen langen Korridor gegliedert, zu dessen bei-
den Seiten die Unterrichtsräume lagen, seltener nur auf einer Seite
des Flures. Im Laufe der Zeit wurden in den Schulgebäude auch
Aulen errichet, Säle zum Zeichnen und plastischen Gestalten, Physik-
und Chemielaboratorien und weitere Fachräume eingerichtet. Ende
des 19. Jahrhunderts entstanden dann auch eigene Gebäude mit
Gymnastiksälen, neben denen sich Sportplätze und Schulgärten
befanden.
Aufgrund der dynamischen Entwicklung Breslaus und der damit
verbundenen ständig wachsenden Schülerzahl waren die Schulen
bald schon überfüllt. Überlegungen an den beiden ältesten städ-
tischen Gymnasien zu einem Umbau der bestehenden Gebäude
wurden fallen gelassen, letztendlich verlegten beide Schulen ihren
Sitz in neuerrichtete Gebäude außerhalb des historischen Stadt-
zentrums. Das Elisabethgymnasium erhielt in den Jahren 1901-1903
einen neuen Bau in der Arletius-Straße (heute ulica Jana Dawida),
der nach einem Entwurf von Karl Klimm neoromanische und Jugend-
stildekorationen erhalten hat. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahr-
hunderts wurden Stil und Funktionalität der in Breslau erbauten
Schulen den neuen pädagogischen und gesellschaftlichen Ansichten
angepasst. Viele Schulneubauten berücksichtigten die kindliche
Psyche, die Jugendlichen sollten entsprechend ihrer Natur ausge-
bildet und erzogen werden, und zwar durch Kunst, Arbeit und
Sport. Dieses Programm ergänzten neue architektonische Konzepte
für den Schulbau. Die meisten Schulen entstanden nun außerhalb
des eigentlichen Stadtzentrums, sehr oft im Grünen, wo der
Schulkomplex das „geistige Zentrum der Siedlung" darstellte und
einen architektonischen Akzent bildete. Diese Änderungen im
Breslauer Schulbauwesen fielen mit der Ernennung Max Bergs, des
Schöpfers der berühmten Jahrhunderthalle, zum Stadtbaurat im
Jahre 1909 zusammen. Der Architekt hatte während seiner Tätigkeit
in Frankfurt am Main in den Jahren zuvor viele Schulen geplant.
In Breslau entwarf er lediglich die Fassade der Schule in der
Brockauer Straße (jetzt ulica Stacha Swistackiego; eine Darstellung
derselben befindet sich auf dem Einband dieses Buches). Aufgrund
seiner Stellung und Autorität als Architekt hatte er dennoch einen
wichtigen Einfluß auf viele junge Architekten, die mit ihm zusam-
menarbeiteten. Er repräsentierte in Breslau, neben Hans Poelzig,
die neuen Strömungen der sozialreformerischen Architektur, die
unter anderem mit der Gartenstadtbewegung verbunden waren.
Kurz vor dem 1. Weltkrieg entwarfen Fritz Behrendt und Gustav
Oelsner nach Bergs Anweisungen die ersten modernen Schulbauten
in Breslau. Max Berg initiierte den Umbau und Umzug des Zwinger-
und des Magdalenen-Gymnasiums. Letzteres wurde im Stil der
Moderne von zwei Architekten der jüngeren Generation entwor-
fen, von Max Schirmer und Berhard Rüling, und 1929 in der
Parkstraße (heute ulica Parkowa) errichtet, nah am Scheitniger Park.
Umgeben von weitläufigen Sportplätzen, repräsentierte das Gebäude
ein neues Bauen, das auf einer rationalen und funktionalen
Gestaltung des Innern und sparsamer Dekoration beruht. Nach ähn-
lichen Prinzipien entstand ein Jahr später die Volkschule in der
Siedlung Zimpel (osiedle S^polno). Sie wurde von Bergs Nachfolger
Hugo Althoff unter Mitarbeit von Max Schirmer, Bruno Buschmann
und Wilhelm Anders entworfen. Glücklicherweise blieben 1945 viele
Schulgebäude unzerstört, sie können größtenteils auch heute noch
für den Unterricht genutzt werden. In den 50er Jahren des 20. Jahr-
hunderts wurden in Breslau einige Schulen im Stil des sozialisti-
schen Realismus errichtet, wenig später begann die Aktion „Bau
von tausend Schulen zum tausendjährigen Jubiläum Polens", an
der sich die Architekten Ryszard Natusiewicz, Jadwiga Grabowska-
Hawrylak, Zenon Pr^tczynski, Anna und Jerzy Tarnawski, Marek
Dziekonski beteiligten.
Das vorliegende Buch begleitet bereits die zweite Ausstellung,
die das Architekturmuseum in Breslau dem niederschlesischen
Schulwesen gewidmet hat. Die erste Ausstellung - „Die Architektur
von Universitätsgebäuden. Entwürfe aus den Sammlungen des
Architekturmuseums in Breslau" - wurde vor zwei Jahren anläßlich
des 300-jährigen Jubiläums der Gründung der Breslauer Universität
gezeigt. Wir haben uns für diese Themen entschieden, weil das
Breslauer Bauarchiv, das seit einigen Jahren zum Architekturmuseum
gehört, über eine reichhaltige Sammlung architektonischer Entwürfe
von Schul- und Universitätsgebäuden verfügt. Diese Sammlung zeigt
sehr unterschiedliche künstlerische Fähigkeiten und gestalterische
Techniken. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Werke von
Heinrich Ferdinand Tschech, Robert Mende, Max Berg und Fritz
Behrendt. Ihre Entwürfe bestechen duch eine ungewöhnlich aus-
drucksvolle Zeichnung, oft auf farbigem Aquarell, perspektivische
Ansichten, die sorgfältige Wiedergabe der Umgebung des Schul-
gebäudes, der Grünanlagen, der Umzäunung und sogar der Staffage,
also Figuren von Erwachsenen und Kindern, Bäumen und Büschen.
Zur Zusammenarbeit bei der großen und vielseitigen Aufgabe
einer Darstellung des Breslauer Schulwesens haben wir wissen-
schaftliche Mitarbeiter der Breslauer Lehreinrichtungen und Museen
imd deutsche Wissenschaftler eingeladen.
Wir möchten mit dieser Ausstellung, insbesondere mit dem vor-
liegenden Buch, die geschichtliche Entwicklung der Breslauer
Schulen von ihren Anfängen bis in die Gegenwart hinein darstel-
len, und zwar vor dem Hintergrund der organisatorischen Entwick-
lung des Bildungswesens, der pädagogischen Konzeptionen und
des schulinternen Lebens. Neben Artikeln zur Geschichte des Schul-
wesens und der Entwicklung der Architektur von Schulbauten fin-
den sich Texte zu hervorragenden Pädagogen und Schülern, zu ihren
Portraits auf Graphiken, Münzen und Ehrenmedaillen, Beschrei-
bungen von schulischen Feierlichkeiten und Theateraufführungen
an Gymnasien. Wir stellen auch das jüdische Schulwesen und
die Musikschulen im alten Breslau dar, die Geschichte des
Schulmuseums und das Schicksal der polnischen Schule („Szkölka
Polska") in den Jahren 1918-1939. Zwei Artikel wurden von Absol-
venten des Zwinger-Gymnasiums und der Schule zum Hl. Geist
aus der Nachkriegszeit verfasst. Die Autoren stellen die historische
Entwicklung ihrer Schulen dar, geben aber auch persönliche
Erinnerungen aus ihrer Schulzeit wieder und berichten von ihren
Erfahrungen aus schweren Zeiten.
Zum Abschluß möchten wir uns bei allen bedanken, die zum
Entstehen der Ausstellung und des Buches beigetragen haben.
gen an die Schulgebäude waren pädagogische, erzieherische und
hygienische Fragestellungen besonders wichtig. Die Schulen waren
in der Regel durch einen langen Korridor gegliedert, zu dessen bei-
den Seiten die Unterrichtsräume lagen, seltener nur auf einer Seite
des Flures. Im Laufe der Zeit wurden in den Schulgebäude auch
Aulen errichet, Säle zum Zeichnen und plastischen Gestalten, Physik-
und Chemielaboratorien und weitere Fachräume eingerichtet. Ende
des 19. Jahrhunderts entstanden dann auch eigene Gebäude mit
Gymnastiksälen, neben denen sich Sportplätze und Schulgärten
befanden.
Aufgrund der dynamischen Entwicklung Breslaus und der damit
verbundenen ständig wachsenden Schülerzahl waren die Schulen
bald schon überfüllt. Überlegungen an den beiden ältesten städ-
tischen Gymnasien zu einem Umbau der bestehenden Gebäude
wurden fallen gelassen, letztendlich verlegten beide Schulen ihren
Sitz in neuerrichtete Gebäude außerhalb des historischen Stadt-
zentrums. Das Elisabethgymnasium erhielt in den Jahren 1901-1903
einen neuen Bau in der Arletius-Straße (heute ulica Jana Dawida),
der nach einem Entwurf von Karl Klimm neoromanische und Jugend-
stildekorationen erhalten hat. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahr-
hunderts wurden Stil und Funktionalität der in Breslau erbauten
Schulen den neuen pädagogischen und gesellschaftlichen Ansichten
angepasst. Viele Schulneubauten berücksichtigten die kindliche
Psyche, die Jugendlichen sollten entsprechend ihrer Natur ausge-
bildet und erzogen werden, und zwar durch Kunst, Arbeit und
Sport. Dieses Programm ergänzten neue architektonische Konzepte
für den Schulbau. Die meisten Schulen entstanden nun außerhalb
des eigentlichen Stadtzentrums, sehr oft im Grünen, wo der
Schulkomplex das „geistige Zentrum der Siedlung" darstellte und
einen architektonischen Akzent bildete. Diese Änderungen im
Breslauer Schulbauwesen fielen mit der Ernennung Max Bergs, des
Schöpfers der berühmten Jahrhunderthalle, zum Stadtbaurat im
Jahre 1909 zusammen. Der Architekt hatte während seiner Tätigkeit
in Frankfurt am Main in den Jahren zuvor viele Schulen geplant.
In Breslau entwarf er lediglich die Fassade der Schule in der
Brockauer Straße (jetzt ulica Stacha Swistackiego; eine Darstellung
derselben befindet sich auf dem Einband dieses Buches). Aufgrund
seiner Stellung und Autorität als Architekt hatte er dennoch einen
wichtigen Einfluß auf viele junge Architekten, die mit ihm zusam-
menarbeiteten. Er repräsentierte in Breslau, neben Hans Poelzig,
die neuen Strömungen der sozialreformerischen Architektur, die
unter anderem mit der Gartenstadtbewegung verbunden waren.
Kurz vor dem 1. Weltkrieg entwarfen Fritz Behrendt und Gustav
Oelsner nach Bergs Anweisungen die ersten modernen Schulbauten
in Breslau. Max Berg initiierte den Umbau und Umzug des Zwinger-
und des Magdalenen-Gymnasiums. Letzteres wurde im Stil der
Moderne von zwei Architekten der jüngeren Generation entwor-
fen, von Max Schirmer und Berhard Rüling, und 1929 in der
Parkstraße (heute ulica Parkowa) errichtet, nah am Scheitniger Park.
Umgeben von weitläufigen Sportplätzen, repräsentierte das Gebäude
ein neues Bauen, das auf einer rationalen und funktionalen
Gestaltung des Innern und sparsamer Dekoration beruht. Nach ähn-
lichen Prinzipien entstand ein Jahr später die Volkschule in der
Siedlung Zimpel (osiedle S^polno). Sie wurde von Bergs Nachfolger
Hugo Althoff unter Mitarbeit von Max Schirmer, Bruno Buschmann
und Wilhelm Anders entworfen. Glücklicherweise blieben 1945 viele
Schulgebäude unzerstört, sie können größtenteils auch heute noch
für den Unterricht genutzt werden. In den 50er Jahren des 20. Jahr-
hunderts wurden in Breslau einige Schulen im Stil des sozialisti-
schen Realismus errichtet, wenig später begann die Aktion „Bau
von tausend Schulen zum tausendjährigen Jubiläum Polens", an
der sich die Architekten Ryszard Natusiewicz, Jadwiga Grabowska-
Hawrylak, Zenon Pr^tczynski, Anna und Jerzy Tarnawski, Marek
Dziekonski beteiligten.
Das vorliegende Buch begleitet bereits die zweite Ausstellung,
die das Architekturmuseum in Breslau dem niederschlesischen
Schulwesen gewidmet hat. Die erste Ausstellung - „Die Architektur
von Universitätsgebäuden. Entwürfe aus den Sammlungen des
Architekturmuseums in Breslau" - wurde vor zwei Jahren anläßlich
des 300-jährigen Jubiläums der Gründung der Breslauer Universität
gezeigt. Wir haben uns für diese Themen entschieden, weil das
Breslauer Bauarchiv, das seit einigen Jahren zum Architekturmuseum
gehört, über eine reichhaltige Sammlung architektonischer Entwürfe
von Schul- und Universitätsgebäuden verfügt. Diese Sammlung zeigt
sehr unterschiedliche künstlerische Fähigkeiten und gestalterische
Techniken. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Werke von
Heinrich Ferdinand Tschech, Robert Mende, Max Berg und Fritz
Behrendt. Ihre Entwürfe bestechen duch eine ungewöhnlich aus-
drucksvolle Zeichnung, oft auf farbigem Aquarell, perspektivische
Ansichten, die sorgfältige Wiedergabe der Umgebung des Schul-
gebäudes, der Grünanlagen, der Umzäunung und sogar der Staffage,
also Figuren von Erwachsenen und Kindern, Bäumen und Büschen.
Zur Zusammenarbeit bei der großen und vielseitigen Aufgabe
einer Darstellung des Breslauer Schulwesens haben wir wissen-
schaftliche Mitarbeiter der Breslauer Lehreinrichtungen und Museen
imd deutsche Wissenschaftler eingeladen.
Wir möchten mit dieser Ausstellung, insbesondere mit dem vor-
liegenden Buch, die geschichtliche Entwicklung der Breslauer
Schulen von ihren Anfängen bis in die Gegenwart hinein darstel-
len, und zwar vor dem Hintergrund der organisatorischen Entwick-
lung des Bildungswesens, der pädagogischen Konzeptionen und
des schulinternen Lebens. Neben Artikeln zur Geschichte des Schul-
wesens und der Entwicklung der Architektur von Schulbauten fin-
den sich Texte zu hervorragenden Pädagogen und Schülern, zu ihren
Portraits auf Graphiken, Münzen und Ehrenmedaillen, Beschrei-
bungen von schulischen Feierlichkeiten und Theateraufführungen
an Gymnasien. Wir stellen auch das jüdische Schulwesen und
die Musikschulen im alten Breslau dar, die Geschichte des
Schulmuseums und das Schicksal der polnischen Schule („Szkölka
Polska") in den Jahren 1918-1939. Zwei Artikel wurden von Absol-
venten des Zwinger-Gymnasiums und der Schule zum Hl. Geist
aus der Nachkriegszeit verfasst. Die Autoren stellen die historische
Entwicklung ihrer Schulen dar, geben aber auch persönliche
Erinnerungen aus ihrer Schulzeit wieder und berichten von ihren
Erfahrungen aus schweren Zeiten.
Zum Abschluß möchten wir uns bei allen bedanken, die zum
Entstehen der Ausstellung und des Buches beigetragen haben.