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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,1.1927-1928

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Heft 1 (Oktoberheft 1927)
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Popp, Joseph: Böcklin zum Gedächtnis: (geb. 16. Oktober 1827)
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Mell, Max: Der Besitz der Bühne
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https://doi.org/10.11588/diglit.8883#0026

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Gewiß is! das alles nicht der ganze Böcklin. Man müßte manches symboli-
schen Werkes wie sciner „Apokalyptischen Reiter" und ihrer Dopyelfassung
mancher Bildnisse, sciner hervorragenden dekorativen Begabung und nicht zuleht
seiner köstlichen Plastiken gedenken, die das Kun>tbanausentum in dröhnendem
Humor verulken. Aber mir kam es darauf an, vor allem das zu betonen, was
Böcklin an Lebensfülle und Lebensübermnt einem Geschlechte zu bieten hat,
das vielsach unter dem Leben leidet, das allzusehr dem Geschmäcklertum sich
ergibt, andererseits mit Malerei Weltanschauungsfragen lösen will nnd nicht
einmal eine Lebensanschauung aufbringt, aus der ihre Kunst Kraft und Frei-
heit gewinnt. Ich wollte den deutschen Italienfahrern in Böcklin einen Weg-
weiser und Reisegenossen geben, der sie nicht nur Kirchen, Paläße und Musecn
bädekermäßig abklopfen läßt, sondern sie auch dieser Natur sich ergeben lehrt,
— im Sinn ihres eigentlichsten Wesens: um dadurch von allem Musfigen und
zweideukig Unklaren sreizuwerden, aber auch, um ein Gegengewicht gegen den
italienischen Formalismus und das klassische Bollkommenheitsideal zu haben,
das zu uns nordischen Menschen allzuwenig paßt, den deukschen Menschen
von der ihm möglichen Einheik abdrängt.

Der Besitz der Bühne

Von Max Mell

ODD'an ist da und dort über den Besland der Schaubühne in Sorge. Ver-
^ ^schiedene unerfreuliche Erscheinungen wirtschastlicher Natur haben Anlaß
dazu gegeben; gesellschastliche Borausjetzungen, die dem Theater einen Bor-
rang vor allen anderen Unterhaltungsstäkten gaben, sind brüchig geworden, und
die Wirkung davon wird jeHL sühlvar. Die Häuser angesehener Kunstßätten
lassen sich nicht mehr so süllen wie ehedem, die mechanisch übertragenen Schau-
und Kunstdarbietungen dagegen, deren Zahl sich yhantastisch mehrt, sindm
Zulauf und Anhänger, und nun hat man gelegentlich schon Leichenreden aus
das Theaker hören können: es ist allerdings geradezu eine Ark nervöser Ge-
wohnheik geworden, Institukioncn, die aus früheren Zeiten in die unsrc über-
konnncn sind, wanken zu sehen und als sragwürdig zu empfinden. Man hört
also, als wäre die Schaubühne die künstlerische Anstalt nichk mehr, die das
ganz bestimmte Unterhaltungsbedürfnis unserer Zeit besriedigte, und als wären
die verminderken wirtschastlichen Ersolge das Anzeichen, daß sich ihm allmählich
auch die geistigen Grundlagen entzögen. Nun hat das Theaker immer wieder
bedenkliche Zeiten durchlebt und überdauert, und ob sich die Lebenskraft geistiger
Angelegenheiten dann von vornherein und dauernd wirtschaftlich manifestieren
müßke, bleibt dahingestellt. Es besteht auch kein zwingender Grund zur An-
nahme, daß die Vcränderungen in der Gesellschaft und im Bolksganzen sich
nicht durchaus wieder mehr aus das Theater stimmen können. Es wird nur
daraus ankommcn, was die Bühne Latsächlich zu bieten hak. lWas nun heute
als Besih der Bühne angesprochen werden kann, und zwar als solchcr, welcher
ihr ganz allcin cigen ist, und mit welchem sie außer allem Wettkamyf mit
andern Ilnterhaltungsstätten steht — eine solche Überlegung wollen diese Zei-
len anstellen. Bei solcher Prüsung der gegenwärkigen geistigen Grundlagen der
Schaubühne wird es jich sreilich nicht um unsern Augenblick, sondern um ein

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