Vorraum
Hausmodelle der Jungsteinzeit aus
Unterfranken (5.-4. Jahrtausend v. Chr.)
Haus der ältesten Linearbandkeramik
aus Schwanfeld, Lkr. Schweinfurt
(Altneolithikum, 5. Jahrtausend v. Chr.)
Man kennt bereits viele Grundrisse der bandkeramischen
Bauernhäuser. Es handelt sich um etwa 30 m lange, recht-
eckige Gebäude mit drei verschiedenen Räumen für Wohn-,
Arbeits- und Speicherzwecke (sogenannte Wohnspeicher-
häuser). Die Entstehung dieses ausgereiften und stark
standardisierten Haupttyps war bisher jedoch unbekannt,
weil ergrabene Grundrisse aus der Frühstufe der Bandkera-
mik noch fehlten. Aus diesem Grund werden seit 1979 bei
Schwanfeld Ausgrabungen zur Lösung dieses Problems
unternommen. Sie erbrachten indes nicht, wie erwartet,
eine einfache Frühform, sondern einen noch komplizierte-
ren Grundriß (Abb. 5). Das hier im Modell gezeigte Gebäude
aus Schwanfeld besaß zwar im Innern, wie auch die späte-
ren Häuser der Linearbandkeramik, drei Pfostenreihen, die
das Dach trugen. Zusätzlich standen aber außerhalb der
5 Schwanfeld. Grundriß und Rekonstruktionsvorschlag
des ältesten Hauses aus der Mitte des 5. vorchristli-
chen Jahrtausends. Maßstab 1:200.
Hauswände noch zwei weitere Wände; sie stützten das tief
herabgezogene Dach dicht über dem Boden ab und ver-
steiften zugleich die Innenseite der das Haus begleitenden
Drainagegruben. Auf diese Weise besaß das Haus sechs
„Schiffe", während später nur vier vorhanden waren (Abb.
6). In Längsrichtung war den üblichen drei Räumen im Süd-
osten ein vierter vorgeschaltet; er ist hier als offene Stelle
rekonstruiert, kann aber auch an der Giebelseite geschlos-
sen gewesen sein. Die besonderen Vorkehrungen, die in je-
ner ältesten Entwicklungsphase gegen das Regenwasser
getroffen wurden, entsprechen dem feuchteren Klima, das
während der Einwanderung der bandkeramischen Bauern
herrschte. Möglicherweise hat die Menschen auch der Ge-
gensatz zu ihrem trockeneren, südosteuropäischen Her-
kunftsgebiet zu diesen aufwendigen Schutzmaßnahmen
gegen die höheren Niederschläge Mitteleuropas — und da-
mit zur Entwicklung eines neuartigen Haustyps — veran-
laßt. (lü)
Haus der Stichbandkeramik
aus Schwanfeld, Lkr. Schweinfurt
(Mittelneolithikum, um 4000/3900 v. Chr.)
Nachdem das linearbandkeramische Wohnspeicherhaus
über etwa 800 Jahre im wesentlichen unverändert geblie-
ben war, begann man am Ende dieser Periode mit der Er-
probung neuer Grundrißformen. Als Ergebnis entstanden
zwei Varianten eines trapezförmigen oder auch symme-
trisch-schiffsförmigen Hauses mit konvex nach außen ge-
bogenen Längswänden und offener Vorhalle im Südosten.
Die dachtragenden Dreipfostenreihen im Innern haben jetzt
größere Abstände und stehen mit den Seitenpfosten näher
an der Außenwand. Die Dachlast ruht daher vornehmlich
auf den Wänden, weshalb diese zur Verstärkung Außenpfo-
sten erhalten haben. Der größte Unterschied zum älteren li-
nearbandkeramischen Wohnspeicherhaus für jeweils eine
Familie bestand aber wohl darin, daß es sich jetzt um reine
Wohnhäuser mit hintereinander geschalteten „Zimmern"
für mehrere Familien gehandelt haben dürfte, worauf aus-
wärtige Befunde verweisen. (lü)
Haus der Spätrössener Gruppe Bischheim
aus Schernau, Stadt Dettelbach, Lkr. Kitzingen
(spätes Mittelneolithikum, um 3800/3500 v. Chr.)
Häuser dieses Zeithorizontes sind leider nur sehr wenige
bekannt. Nach etwa 400-jähriger Blütezeit finden die trapez-
förmigen Grundrisse des Mittelneolithikums ihr Ende und
werden erneut durch Rechteckhäuser abgelöst. So existier-
ten in Schernau, wo 1971 Teile einer Siedlung jener Zeit aus-
gegraben wurden, beide Grundrißformen bereits gleichzei-
tig. Von ihnen ist hier im Modell Haus 2, ein im altertüm-
lichen Stil gebautes Haus mit schiffsförmigem Grundriß,
dargestellt. Es besaß zwei Räume, die zu einer Wohn- und
Wirtschaftseinheit gehörten. Im vorderen Raum lag der
Backofen, im hinteren die offene Herdstelle (Eß-Kochplatz).
Außerdem ließen sich verschiedene handwerkliche Arbeits-
plätze im Haus nachweisen. Dieses ist durch eine auch an-
dernorts beobachtete Eigenart der Bischheimer Bauweise
möglich: Man ging nämlich für kurze Zeit dazu über, die
Häuser in die Erde einzugraben. Hierbei hob man eine bis
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Hausmodelle der Jungsteinzeit aus
Unterfranken (5.-4. Jahrtausend v. Chr.)
Haus der ältesten Linearbandkeramik
aus Schwanfeld, Lkr. Schweinfurt
(Altneolithikum, 5. Jahrtausend v. Chr.)
Man kennt bereits viele Grundrisse der bandkeramischen
Bauernhäuser. Es handelt sich um etwa 30 m lange, recht-
eckige Gebäude mit drei verschiedenen Räumen für Wohn-,
Arbeits- und Speicherzwecke (sogenannte Wohnspeicher-
häuser). Die Entstehung dieses ausgereiften und stark
standardisierten Haupttyps war bisher jedoch unbekannt,
weil ergrabene Grundrisse aus der Frühstufe der Bandkera-
mik noch fehlten. Aus diesem Grund werden seit 1979 bei
Schwanfeld Ausgrabungen zur Lösung dieses Problems
unternommen. Sie erbrachten indes nicht, wie erwartet,
eine einfache Frühform, sondern einen noch komplizierte-
ren Grundriß (Abb. 5). Das hier im Modell gezeigte Gebäude
aus Schwanfeld besaß zwar im Innern, wie auch die späte-
ren Häuser der Linearbandkeramik, drei Pfostenreihen, die
das Dach trugen. Zusätzlich standen aber außerhalb der
5 Schwanfeld. Grundriß und Rekonstruktionsvorschlag
des ältesten Hauses aus der Mitte des 5. vorchristli-
chen Jahrtausends. Maßstab 1:200.
Hauswände noch zwei weitere Wände; sie stützten das tief
herabgezogene Dach dicht über dem Boden ab und ver-
steiften zugleich die Innenseite der das Haus begleitenden
Drainagegruben. Auf diese Weise besaß das Haus sechs
„Schiffe", während später nur vier vorhanden waren (Abb.
6). In Längsrichtung war den üblichen drei Räumen im Süd-
osten ein vierter vorgeschaltet; er ist hier als offene Stelle
rekonstruiert, kann aber auch an der Giebelseite geschlos-
sen gewesen sein. Die besonderen Vorkehrungen, die in je-
ner ältesten Entwicklungsphase gegen das Regenwasser
getroffen wurden, entsprechen dem feuchteren Klima, das
während der Einwanderung der bandkeramischen Bauern
herrschte. Möglicherweise hat die Menschen auch der Ge-
gensatz zu ihrem trockeneren, südosteuropäischen Her-
kunftsgebiet zu diesen aufwendigen Schutzmaßnahmen
gegen die höheren Niederschläge Mitteleuropas — und da-
mit zur Entwicklung eines neuartigen Haustyps — veran-
laßt. (lü)
Haus der Stichbandkeramik
aus Schwanfeld, Lkr. Schweinfurt
(Mittelneolithikum, um 4000/3900 v. Chr.)
Nachdem das linearbandkeramische Wohnspeicherhaus
über etwa 800 Jahre im wesentlichen unverändert geblie-
ben war, begann man am Ende dieser Periode mit der Er-
probung neuer Grundrißformen. Als Ergebnis entstanden
zwei Varianten eines trapezförmigen oder auch symme-
trisch-schiffsförmigen Hauses mit konvex nach außen ge-
bogenen Längswänden und offener Vorhalle im Südosten.
Die dachtragenden Dreipfostenreihen im Innern haben jetzt
größere Abstände und stehen mit den Seitenpfosten näher
an der Außenwand. Die Dachlast ruht daher vornehmlich
auf den Wänden, weshalb diese zur Verstärkung Außenpfo-
sten erhalten haben. Der größte Unterschied zum älteren li-
nearbandkeramischen Wohnspeicherhaus für jeweils eine
Familie bestand aber wohl darin, daß es sich jetzt um reine
Wohnhäuser mit hintereinander geschalteten „Zimmern"
für mehrere Familien gehandelt haben dürfte, worauf aus-
wärtige Befunde verweisen. (lü)
Haus der Spätrössener Gruppe Bischheim
aus Schernau, Stadt Dettelbach, Lkr. Kitzingen
(spätes Mittelneolithikum, um 3800/3500 v. Chr.)
Häuser dieses Zeithorizontes sind leider nur sehr wenige
bekannt. Nach etwa 400-jähriger Blütezeit finden die trapez-
förmigen Grundrisse des Mittelneolithikums ihr Ende und
werden erneut durch Rechteckhäuser abgelöst. So existier-
ten in Schernau, wo 1971 Teile einer Siedlung jener Zeit aus-
gegraben wurden, beide Grundrißformen bereits gleichzei-
tig. Von ihnen ist hier im Modell Haus 2, ein im altertüm-
lichen Stil gebautes Haus mit schiffsförmigem Grundriß,
dargestellt. Es besaß zwei Räume, die zu einer Wohn- und
Wirtschaftseinheit gehörten. Im vorderen Raum lag der
Backofen, im hinteren die offene Herdstelle (Eß-Kochplatz).
Außerdem ließen sich verschiedene handwerkliche Arbeits-
plätze im Haus nachweisen. Dieses ist durch eine auch an-
dernorts beobachtete Eigenart der Bischheimer Bauweise
möglich: Man ging nämlich für kurze Zeit dazu über, die
Häuser in die Erde einzugraben. Hierbei hob man eine bis
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