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Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Keller, Erwin [Oth.]
Kulturgeschichtlicher Führer durch die Jubiläumsausstellung im Mainfränkischen Museum Würzburg, Festung Marienberg, vom 11. Juni bis 6. November 1983 — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 17: München: Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, 1983

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74348#0084

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Vitrine 21
Römische Brunnenmasken (1./2. Jahrhundert n. Chr.)

1. Brunnenmaske mit Okeanosdarstellung von
Treuchtlingen-Schambach, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen,
Mittelfranken (Abb. 40)
Durch Zufall wurde 1981 ca. 1000 m südwestlich von
Schambach im Bereich eines römischen Villenbezirkes
eine massiv gegossene und fein nachbehandelte Brunnen-
maske aufgefunden, die in ihrer Erscheinungsform hierzu-
lande vorläufig einzigartig dasteht. Sie zeigt in Ausführung
und Ausdruck klare Merkmale klassischer Arbeit und be-
steht aus Bronze mit Silber- und Kupfereinlagen.
Aus einer massiven runden Platte ist das Antlitz des grie-
chischen Gottes Okeanos, des Vaters aller Flüsse, Seen
und Brunnen, plastisch herausgearbeitet. Der Bronzekünst-
ler, ein Meisters seines Fachs, hat aus dem plumpen Roh-
guß ein bewegtes Relief geschaffen, das mit seinen starken
Hinterschneidungen und den vorspringenden, frei ver-
schlungenen Figurendetails die geringe Tiefe des vorgege-
benen Raumes vergessen läßt. Okeanos ist mit furios ge-

locktem Haupt- und Barthaar dargestellt, die furchterregen-
de Wirkung der vielfach geschuppten Partien von Stirn, Na-
se, Spitzohren, Wangen und Kinn wird verstärkt durch den
weit aufgerissenen Mund und die zornig zusammengezoge-
nen Augenbrauen. Verloren sind heute die Silbereinlagen
der Augäpfel und die Füllung der Pupillen. Allerlei Seegetier
tummelt sich im rahmenden Lockenwerk. In der verwirren-
den Bewegung der Locken und Strähnen vermag man am
oberen Rand der Maske die Köpfe zweier Seedrachen zu er-
kennen. Die Leiber der Ungeheuer schlingen sich durch die
Haarfülle und enden in Fischschwänzen seitlich der Ohren
des Gottes. Über dessen Schläfe springen zwei Delphine
aus dem Gelock, und auf den Wangen haften kleine Mu-
scheln mit Silber- und Kupfertauschierung. Aus Okeanos'
Mund, dem Strahl des Brunnens folgend, winden sich in
den Winkeln zwei Fische. Beidseits des Kinns suchen Tin-
tenfische mit schlängelnden Fangarmen die Mündung zu
erreichen. Nach oben drängen auch zwei Krebse, die gera-
de den unteren Rand der Szenerie erklommen haben.


40 Treuchtlingen-Schambach, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen. Römische Brunnenmaske aus Bronze in Gestalt des
Gottes Okeanos. Höhe 17,3 cm.

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