Vitrine 25
Hängestöcke eines römischen Reisewagens von
Nordheim, Stadt Donauwörth, Lkr. Donau-Ries, Schwaben
Das wohldurchdachte Verkehrsnetz mit seinen befestigten
Straßen und Brücken, mit Wechselstationen für Pferd und
Reiter, mit Rasthäusern und Straßenmeistereien war eine
der organisatorischen Voraussetzungen für den Zusam-
menhalt des römischen Weltreiches. Haben holprige Stein-
straßen stets die Reiselust zu dämpfen vermocht, so mil-
derte die Erfindung der federnden, vom Achsgestell unab-
hängigen Kabine die Tortur langer Wagenreisen gewiß er-
heblich. Bemerkenswerte Fundstücke antiker Konstruk-
tionstechnik und römischen Reisekomforts stellen die bei-
den eisernen Hängestöcke einer Kutsche dar.
Der eine, heute noch vollständig erhaltene Hängestock
wurde 1977 von einem Landwirt beim Eggen an einer Stelle
gefunden, an der schon fast ein Jahrzehnt zuvor ein form-
gleiches Exemplar zum Vorschein kam. Dieses galt zu-
nächst als verloren und tauchte 1980 nach abenteuerlicher
Fundgeschichte wieder auf, nun allerdings der Eisenmon-
tur verlustig, die kurzerhand abgesägt und ihres hohen Ei-
sengehaltes wegen in die Hände eines Schrotthändlers ge-
riet.
Die über 5 kg schweren Hängestöcke sind aus einem Stück
geschmiedet und waren jeweils seitlich neben den Rädern
im Rahmen des Fahrgestelles eingelassen und mit Hilfe
von schweren Bolzen starr mit dem Achsschemel verbun-
den; die stark ausgeschlagenen Splint- bzw. Bolzenlöcher
zeigen die enorme Belastung durch das Zuggewicht des
Fahrgastraumes an, der in erster Linie der senkrechte Dorn
des Eisenträgers ausgesetzt war. Erhebliche Schleif- und
Scheuerspuren weist aber auch der in Überfangguß herge-
stellte Bronzeaufsatz mit seinem massiven Vierkanthaken
auf, in den die unter der Fahrgastkabine durchgezogenen
Ledergurte oder Seile eingehängt waren. Den bronzenen
Gurthalter bekrönt ein kräftig modellierter, aus einem der-
ben Blätterkelch wachsender Löwenkopf mit hechelnd her-
aushängender Zunge, während der Haken in einen Vogel-,
wahrscheinlich einen Schwanenkopf endet.
Die Rekonstruktionszeichnung (Abb. 45) veranschaulicht
den Einbau der Hängestöcke im Fahrgestell und macht die
stoßdämpfende Wirkung der zweiseitigen Vierpunktaufhän-
gung deutlich; gegen das Schaukeln in Längsachse der
Kutsche mußte die Kabine an den Schmalseiten wohl zu-
sätzlich mit dem Fahrgestell verspannt worden sein.
Es liegt auf der Hand, daß es sich bei den beiden vollstän-
dig erhaltenen Konstruktionsteilen kaum um „Verlust-
funde" handeln kann. Vielmehr dürfte ihr ursprünglicher
Fundzusammenhang in einem Depot- oder Hortfund zu ver-
muten sein, der im 2. oder 3. nachchristlichen Jahrhundert
unweit der Via Claudia verborgen und von seinem Besitzer
nicht mehr gehoben wurde. (cz)
45 Die Verwendung von Hängestöcken als Element der
Federung römischer Reisewagen.
88
Hängestöcke eines römischen Reisewagens von
Nordheim, Stadt Donauwörth, Lkr. Donau-Ries, Schwaben
Das wohldurchdachte Verkehrsnetz mit seinen befestigten
Straßen und Brücken, mit Wechselstationen für Pferd und
Reiter, mit Rasthäusern und Straßenmeistereien war eine
der organisatorischen Voraussetzungen für den Zusam-
menhalt des römischen Weltreiches. Haben holprige Stein-
straßen stets die Reiselust zu dämpfen vermocht, so mil-
derte die Erfindung der federnden, vom Achsgestell unab-
hängigen Kabine die Tortur langer Wagenreisen gewiß er-
heblich. Bemerkenswerte Fundstücke antiker Konstruk-
tionstechnik und römischen Reisekomforts stellen die bei-
den eisernen Hängestöcke einer Kutsche dar.
Der eine, heute noch vollständig erhaltene Hängestock
wurde 1977 von einem Landwirt beim Eggen an einer Stelle
gefunden, an der schon fast ein Jahrzehnt zuvor ein form-
gleiches Exemplar zum Vorschein kam. Dieses galt zu-
nächst als verloren und tauchte 1980 nach abenteuerlicher
Fundgeschichte wieder auf, nun allerdings der Eisenmon-
tur verlustig, die kurzerhand abgesägt und ihres hohen Ei-
sengehaltes wegen in die Hände eines Schrotthändlers ge-
riet.
Die über 5 kg schweren Hängestöcke sind aus einem Stück
geschmiedet und waren jeweils seitlich neben den Rädern
im Rahmen des Fahrgestelles eingelassen und mit Hilfe
von schweren Bolzen starr mit dem Achsschemel verbun-
den; die stark ausgeschlagenen Splint- bzw. Bolzenlöcher
zeigen die enorme Belastung durch das Zuggewicht des
Fahrgastraumes an, der in erster Linie der senkrechte Dorn
des Eisenträgers ausgesetzt war. Erhebliche Schleif- und
Scheuerspuren weist aber auch der in Überfangguß herge-
stellte Bronzeaufsatz mit seinem massiven Vierkanthaken
auf, in den die unter der Fahrgastkabine durchgezogenen
Ledergurte oder Seile eingehängt waren. Den bronzenen
Gurthalter bekrönt ein kräftig modellierter, aus einem der-
ben Blätterkelch wachsender Löwenkopf mit hechelnd her-
aushängender Zunge, während der Haken in einen Vogel-,
wahrscheinlich einen Schwanenkopf endet.
Die Rekonstruktionszeichnung (Abb. 45) veranschaulicht
den Einbau der Hängestöcke im Fahrgestell und macht die
stoßdämpfende Wirkung der zweiseitigen Vierpunktaufhän-
gung deutlich; gegen das Schaukeln in Längsachse der
Kutsche mußte die Kabine an den Schmalseiten wohl zu-
sätzlich mit dem Fahrgestell verspannt worden sein.
Es liegt auf der Hand, daß es sich bei den beiden vollstän-
dig erhaltenen Konstruktionsteilen kaum um „Verlust-
funde" handeln kann. Vielmehr dürfte ihr ursprünglicher
Fundzusammenhang in einem Depot- oder Hortfund zu ver-
muten sein, der im 2. oder 3. nachchristlichen Jahrhundert
unweit der Via Claudia verborgen und von seinem Besitzer
nicht mehr gehoben wurde. (cz)
45 Die Verwendung von Hängestöcken als Element der
Federung römischer Reisewagen.
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