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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 3.1969

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Nr. 1
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Luxová, Viera; Pötzl-Malikova, Maria: K životu a tvorbe Jána Messerschmidta
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https://doi.org/10.11588/diglit.31181#0072

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Zum Leben und Werk Johann Messerschmidts

Johann Messerschmidt, der jüngere Bruder des bekannten
Wiener Bildhauers Franz Xaver Messerschmidt, wurde
am 23. XII. 1738 in Wiesensteig in Württemberg ge-
boren. Seine erste bildhauerische Schulung bekam er
wahrscheinlich in der Werkstatt seines Onkels J. B.
Straub in München. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er
auch in Graz, bei einem anderen Onkel, dem Bildhauer
F. J. Straub, gearbeitet hat. Als junger Mann kam er
nach Wien, wo er bei J. O. Haid studierte und sich im
Jahre 1761 in die Akademie der bildenden Künste
einschrieb. Nach Pressburg, wo er sich endgültig nieder -
liess, kam er wahrscheinlich Anfang des Jahres 1767.
In diesem Jahr heiratete er hier und liess sich nach fünf
Jahren auf dem sogenannten Grünen Platz ein Haus
bauen. Im Jahre 1776 war er ein rechtsgültiger Bürger
der Stadt geworden. Nach siebenundzwanzig-jährigem,
ständigen Aufenthalt starb er in Pressburg am 25. IX.
1794.
Die menschliche und künstlerische Gestalt Johann
Messerschmidts erweckte bis jetzt kein grösseres Interesse.
In der bisherigen Literatur steht er im Schatten seines
berühmten Bruders, er stellt in ihr den unbegabten,
,.normalen" Gegenpol dar. Eine objektivere Wertung
des Schaffens von Johann Messerschmidt erschwerten
allerdings mehrere unrichtige Zuschreibungen. So hat
man z. B. auf Grund lokaler Tradition Johann Messer-
schmidt die Plastiken auf der Fassade des Primatial-
gebäudes in Pressburg zugeschrieben, die aber nach
neugefundenem Archivmaterial die Wiener Bildhauer
Matthäus Kögler und Philipp Jakob Prokop schufen.
Aus dem Oeuvre Johann Messerschmidts sollte man nach
unserer Meinung auch jene Werke, die ihm G. Leweke-
Weyde in ihrem Aufsatz: Weniger bekannte Pressburger

Bildhauer, zugeschrieben hatte, streichen. Sie stammen
sicherlich vom Pressburger Bildhauer Anton Marsch all.
Analog dazu ist auch der Hauptaltar der Rosalienkapelle
in Lamač nach unserer Meinung kein Werk Johann
Messerschmidts, sondern eher eine Arbeit des Bildhauers
Stephan Steinmässler.
Ohne Zweifel aber sind die Statuen an der Fassade der
Pfarrkirche in Papa Arbeiten von Johann Messerschmidt.
Weitere durch Archivmaterial belegte Werke in Ungarn
— in Gran und Ofen — sind bis jetzt verloren oder in den
Akten nicht genauer ausgewiesen.
In der Slowakei ist Johann Messerschmidt sicherlich
der Autor mehrerer dekorativer Arbeiten. Bis jetzt
kennen wir aus Archivdokumenten nur seinen Anteil
an der Dekoration des Primatialpalastes in Pressburg,
für den Messerschmidt die Kapitale, Schmuckvasen und
ähnliches geschaffen hat. Seine bedeutendste, bisher
unbekannte Arbeit unweit von Pressburg sind die
Statuen des Hauptaltares in Šenkvice aus dem Jahre
1783.
Auf Grund der bisher identifizierten Werke ist Johann
Messerschmidt einer der führenden Künstler des früh-
klassizistischen Presssburgs. Auch wenn sein Bemühen
abseits des hiesigen Schaffens nach Georg Raphael
Donner steht, so schöpft er doch aus dessen Nachwirkung
seine Sensibilität, die schon einen sentimentalen Akzent
hat. Seine Arbeiten stehen nicht unter dem direkten
Einfluss seines künstlerisch überlegenen Bruders, er
reagiert eher im allgemeinen auf die neuen klassizistischen
Anschauungen, die aus Wien vermittelt wurden und die
er auf persönliche, im lokalenkünstlerischen Milieu
verankerte Weise modifizierte.

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