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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 3.1969

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Nr. 2
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Andrä, Erwin: Die Auswirkungen des Bauhauses in der DDR
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https://doi.org/10.11588/diglit.31181#0336

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Erwin Andrä

Die Auswirkungen des Bauhauses in der DDR

Ich bin zur Diskussion durch die Referate und
Beiträge des ersten Tages angeregt worden. Diese
beschäftigten sich zum großen Teil mit den Aus-
wirkungen des Bauhauses in der ganzen Welt.
Ich glaube, daß es zu wenig Kenntnis davon gibt,
wie in den sozialistischen Ländern die Auswirkun-
gen des Bauhauses zur Geltung kommen und dessen
Erfahrungen. Erkenntnisse und Methoden aus-
gewertet werden. Ich möchte versuchen, Ihnen
an Band der Entwicklung und der Neukonzi-
pierung unserer Hochschule, der Hochschule für
Industrielle Formgestaltung in Habe, einige Aus-
wirkungen darzulegen.
Unsere Hochschule, deren Bildung, wenn auch
in anderer Form, noch in die Vorbauhausperiode
fällt, ist in unmittelbarer räumlicher Nähe vom
Bauhaus Dessau angesiedelt. Es ist daher ver-
ständlich ,daß bereits in den zwanziger Jahren
progressive Ideen des Bauhauses, Formen und
Methoden des Unterrichts zu einer lebendigen
Verbindung beider Institutionen, nicht zuletzt
durch die Übernahme von Lehrkräften an unsere
Schule, geführt haben. Diese gesunde Grund-
substanz und Erfahrungen beider Lehreinrich-
tungen aus der 2. Hälfte der 20.-Jahre, bildete
beim Wiederaufbau unserer Schule nach 1945
die Grundlage für den Neubeginn des Unterrichtes.
Bei allen Erfolgen, auf die unsere Schule in den
ersten 15 Jahren nach dem Neuaufbau 1945
zurückblicken kann und die internationale Aner-
kennung fanden, konnte sie den gestellten neuen
Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Wir
bekamen daher vor mehreren Jahren von der
Gesellschaft den Auftrag, eine Schule zu konzi-
pieren, die ihren Beitrag zum Aufbau einer neuen
höheren Gesellschaftsform dem Sozialismus leis-
tete, die junge Menschen bildet und erzieht, die
io. der Lage und Willens sind, die geistige und
gegenständliche Umwelt im Sinne dieser Gesell-
schaftsordnung mitzuformen, allen Menschen eine
dem Menschen gemäße Umwelt zu schaffen, und
wenn sie so wollen einen Wohlstandsstaat — das
Wort wurde hier des öfteren gebraucht. Denn So-
zialismus und Wohlstandsstaat, beides in ihrer
echten Form bedingen sicknach unserer Auffassung.

Die ersten Überlegungen führten dazu den
ganzen bisherigen Ausbildungsbetrieb einer und
nüchternen gründlichen Wertung zu unterziehen
und nochmals alle progressiven Erscheinungen
an anderen Bildungseinrichtungen auf ihre mög-
liche Anwendung bzw. weitere Entwicklung zu
überprüfen. Es war daher bei uns selbstverständ-
lich die Ideen und Lehrformen sowie Inhalt und
Methoden des Bauhauses einer gründlichen Prü-
fung zu unterziehen. Dabei haben wir uns vor
allem mit der Bauhausidee, seiner geistigen weltan-
schaulichen Konzeption befaßt. Denn Lehrmetho-
den und Praktiken sind Erscheinungsformen um
der Idee zu dienen und um sie mit Leben zu er-
füllen. Wir sind der Auffassung, daß Lehrmethoden
und Praktiken losgelöst von der geistigen Kon-
zeption Stückwerk bleiben gleichsam Reliquien
einer großen Idee von denen man Wunder er-
wartet und enttäuscht ist, wenn diese Wunder
ausbleiben. Weil die Gesamtkonzeption eben die
Idee, die geistige Konzeption fehlt und weil man
bei der einseitigen Betrachtung, der Lehrmethoden
und Praktiken am eigentlichen Kern der Sache
vorbeigeht. Das trifft auch im vollen Umfang
auf die Auswertung und Erfahrungen des Bauhau-
ses zu.
So messen wir die schöpferische Anwendung der
Erfahrungen des Bauhauses nicht nur an der
Pflege eines Denkmals oder an der Übernahme
einzelner Lehrmethoden, sondern an der Verwirk-
lichung des humanistischen Anliegens der besten
Kräfte des Bauhauses.
Was waren nun wichtige, dem Fortschritt
dienende Merkmale der Bauhausidee und was
macht die Schöpfer, Künstler und Meister des Bau-
hauses zu Avantgardisten? Wir schätzen sehr
hoch ein, das echte humanistische Anliegen,
die kulturellen Bedürfnisse großer Bevölkerungs-
kreise zu befriedigen, die Ausbildung im Sinne
der sich entwickelnden Produktivkräfte durch-
zuführen in dem systematisch das Serienprodukt
und die industriemäßige Fertigung in Forschung,
Lehre und Entwicklung bearbeitet wurde. Wir
schätzen die Bemühungen, enge Verbindungen
zu dem Produzenten und Konsumenten zu halten

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