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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 3.1969

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Ida, F. Mihály: Die Beziehungen der ungarischen Kunst zum Bauhaus
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F. Mihálylda
Die Beziehungen der ungarischen Kunst zum Bauhaus

Kein Fachbuch über moderne Kunst und Baukunst,
dass nicht dem Wirken des Bauhauses ein beson-
deres Kapital widmet, nicht mit dessen grundle-
genden Ideen bekannt macht: die Verbindung
von Kunst und Technik, die Einheit von Bau-
werk und bildendem Kunstwerk, der Zusammen-
hang von handwerklichem mit industriellem
Schallen und — nicht in letzter Hinsicht — die
Kunstpädagogik der Bauhaus-Schule. Doch er-
schwerte die Zerstreutheit der Angaben und des
Materials nach dem Zweiten Weltkrieg eine
gründlichere Kenntnis und Beurteilung der Bedeu-
tung des Bauhauses. Anfang der sechziger Jahre
begann man in beiden Teilen Deutschlands mit
der Publikation von Schrift — und Bilddokumen-
ten, und das Entstehen und grossartige Wirken
des Bauhaus-Archivs in Darmstadt gab der
Forschung starken Antrieb.
Wie bekannt, hatte das Bauhaus auch verschie-
dene ungarische Mitglieder, von denen einige
eine führende Rolle spielten. So ist, durch diese,
die Bauhaus-Bewegung auch zu einem Teile der
ungarischen Kunstgeschichte geworden. Für eine
Sammlung der auf Ungarn bezüglichen Dokumente
gab die Aufarbeitung und Veröffentlichung des
brieflichen Nachlasses von Emo Kállai, des aus
Ungarn stamenden Kunsthistorikers, den ent-
scheidenden Anstoss. Kállai, der begeisterte Ver-
künder der Ziele der Avantgarde, lebte von 1920
bis 1935 im Deutschland und war Mitarbeiter
zahlreicher deutscher Zeitschriften und Tages-
zeitungen und Redakteur der Bauhaus Zeit-
schrift.
In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen
sandte Ungarn viele seiner Künstler ins Ausland.
Ungarische Architekten waren erfolgreiche und
tätige Teilnehmer an der Entstehung der moder-
nen Architektur. Um von den Bestrebungen der
ungarischen Kunst in den der Räterepublik
unmittelbar vorangehenden und folgenden Perio-
den ein lebendigeres Bild zu geben, muss man die
Beziehungen der Emigration zu der heimischen
Kunst untersuchen. Zum ersten Mal geschach
es in der ungarischen Kunst, dass bedeutende
schöpferische Kräfte in so grosser Zahl, fern von

der Heimat lebten; dabei bedeutete ihr Fernsein
keineswegs einen Bruch mit der Heimat: im
Gegenteil, sie blieben in fester Verbindung mit
allen auf dem Gebiet der ehemaligen österreich-
ungarischen Monarchie Lebenden, auch noch in
den dreissiger Jahren. Wir verweisen hier z. B.
auf die Vorträge von Moholy Nagy in Bratislava
und auf die Aufsätze von Ernö Kállai, Farkas
Mokrár und Lajos Kassák, die in den tschechoslo-
wakischen Zeitschriften ,,Forum" und ,,DAV"
erschienen. Die Ebengenannten waren aber auch
mit Jugoslawien und Rumänien in Kontakt. In
dieser Zeit wuchs nicht nur in Mittel- sondern
auch in Westeuropa die Zahl der Schriftsteller
und Künstler, die für verschiedene Länder wirkten
und nicht nur in ihrer Muttersprache schrieben.
Die neue künstlerische Gesinnung hatte ihren
Ursprung in den programmatisch internationalen
Bestrebungen der Avantgarde.
Die ungarischen Mitglieder des Weimarer Bau-
hauses entstammten fast ausnahmslos der Gruppe
junger Talente um Kassák-Moholy Nagy, der
,,MA". Kassák war der Pionier der internationalen
Avantgarde. ,,Durch seine Arbeiten als Maler,
Graphiker, Dichter, Romanschriftsteller, Kritiker
und Herausgeber nahm er seit den zwanziger
Jahren unbestreitbar einen Platz unter den
Vätern der modernen Kultur ein" schreibt Michel
Seuphor über ihn. Seine ,,Bildarchitekturen"
sind konstruktivistisch, aus seinen exakten geo-
metrichen Formen strömt eine kosmische Be-
wegtheit und Lyrik. Seine Gemälde schuf er als
Äusserungen einer kollektiven Zivilisation.
Das Bauhaus wurde ausser von deutscher
Jugend besonders von mittel- und osteuropäischen
Künstlern aufgesucht; unter diesen waren solche,
die sich von Gropius oder von Itten angezogen
fühlten — die späteren zog aber eher der experi-
mentierende Geist des Bauhauses an. Unter ihnen
sind hervorragende und international anerkannte
ungarische Künstler, wie z. B. Moholy-Nagy, der
Propagandist des Konstruktivismus, der junge
Mitherausgeber des ,,MA". Wer immer sich mit
konstruktivistischer Malerei, Skulptur, mit dem
Photo des 20. Jahrhunderts, der Technik von

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