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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 3.1969

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Nr. 2
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Bogdan, Radu J.: Die Avantgarde-Bewegung in Rumänien und ihr Verhältnis zur Weltkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.31181#0292

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(ton wahren Charakter und dem Wert neue)',
zeitgenössischer, wagenrütiger Werke keinen Ab-
bruch tut. Doch glaubte ich dies betonen zu müs-
sen, um unser heutiges Thema als Begriff und
zeitgemäss zu bestimmen.
Die oberen Ausführungen lassen auch erkennen,
warum ich Brâncu si - von der Avantgarde in
Rumänien begeistert gefeiert und popularisiert,
einer Avantgarde, der er ein grosse Interesse und
eine grosse Zuneigung entgegenbrachte — nicht
als einen zu ihr wirklich gehörenden Künstler
betrachte. Brancusi hat sich stets geweigert, zu
irgend einer gemeinsam tätigen Gruppe gezählt
zu werden. Zugleich nehme ich hier nicht in
Betracht, das Wirken der einstigen Avantgarde-
Mitglieder, nach dem zweiten Weltkrieg selbst
wenn dieses andere Erscheinungsformen angenom-
men, oder eine viel höhere Stufe erreicht hat.
Man könnte mir entgegnen, dass Maler wie Brau-
ner und Herold ihren Weltruf erst nach 1945 er-
langt haben. Das verringert aber keineswegs
ihre Rolle und Bedeutung bis zu diesem Zeitpunkt.
In Ermangelung von synthetisierenden Ver-
öffentlichungen in Massenauflagen, mit eingehender
Dokumentation, sind viele auch weiterhin der
Ansicht, dass die Avantgardetätigkeit der Künst-
ler wie Tzara, Iancu, Brauner und Herold aus-
schliesslich mit ihren Jahren im Ausland verknüpft
ist oder jedenfalls, dass diese Tatsache für ihre
Behauptung als Künstler sei.
Kur wenige Leute im Westen wissen, dass Tristan
Tzara — bevor er in der Zeitspanne 1916—1922
dem negativistischen Dadaismus anschloss — in
Zusammenarbeit mit dem rumänischen Lyriker
Ion Vinea in Bukarest die Zeitschrift ,,Simbolul"
(..Das Symbol") im Jahre 1912 — allerdings nur
kurze Zeit — herausgab.
Zum Unterschied von der Literatur und wenn
man aus den oben erwähnten Gründen von Brän-
cusi absieht, behauptete sich die Avantgarde im
Bereich der Kunst in Rumänien, erst nach dem
ersten Weltkrieg. Das, was in Zürich des Jahres
1916 im Kabarett ,,Voltaire" bei Marcel Iancu
eher eine spontane Äusserung war, em von der
Jugend bestimmter schwungvoller Protest gegen
den Konformismus im Leben und in der Kunst,
der in der Anfertigung bemalter Masken für
Tanzdarbietungen seinen Ausdruck fand, wird
nach der Rückkehr des Künstlers in die Heimat
zu einer konsequent durchgeführten Avantgarde-

Tätigkeit. Sie beruhte auf theoretischen Aufsätzen
und bildlichen Veranschaulichungen in den Spal-
ten der Zeitschrift ,,Contimporanul" (Der Zeit-
genosse"), die im Jahre 1922 erschien, und von
Marcel Iancu zusamen mit Ion Vinea, seinem
Mitarbeiter im ,,Simbolul", geleitet wurde. Auch
andere Künstler, mit dem Maler M. H. Maxy an
der Spitze, so Mattis Teutsch, Victor Brauner,
Miiitza Petrascu (eine Bildhauerin, die an der
Petersburger Kunstakademie studiert hatte und
dann vier Jahre lang Bräncusi's Schülerin gewesen
war), unterstützten die von dieser Zeitschrift
geförderten Gedanken und Richtung, in Bezug
auf die bildenden Künste. Im Dezember 1924 wird
die erste internationale Kunstausstellung der
Avantgarde in Rumänien — von der Künstler-
gruppe um ,,Contimporanul" organisiert — im
Saal der Gewerkschaft der Bildenden Künste in
Bukarest eröffnet. Unter vielen anderen sieht man
hier Werke von Hans Arp, Paul Klee, Kurt
Schwitters und Hans Richter (Deutschland),
Wikink EggeJing (Schweden), Victor Servranckx,
Lempereur Haut (Belgien), Karel Teige (Tschecho-
slowakei), M. Szczuka (Polen), sowie die der oben
erwähnten rumänischen Künstler, darunter diesmal
auch die von Constantin Brancusi. Mit der Orga-
nisation dieser Ausstellung ist M. H. Maxy beauft-
ragt. Man sieht hier auch zahlreiche Exponate
der dekorativen Kunst, Möbel, Vasen u. a., das
Werk rumänischer Künstler, vorwiegend von
Marcel Iancu und M. H. Maxy.
In der Zeitspanne 1922—1924 hat M. H. Maxy
zwei Jahre lang in Deutschland gelebt, wo Her-
warth Waiden auf ihn aufmerksam wurde und
ihm vorschlug, in seiner berühmten Galerie ,,Der
Sturm" eine Ausstellung zu machen. Maxy leistete
diesem Vorschlag Folge und schloss sich dann —
auf eine Einladung hin — der sogenannten und
gutbekannten ,,Novembergruppe" an. Im Jahre
1923 geht Maxy nach Weimar, um das Wirken
und das Lehrprogramm des Bauhauses näher
kennen zu lernen. Dort kommt er mit Gropius,
Itten und Klee zusammen. Ausserdem unterhält
er Beziehungen zu dem ebenfalls aus Rumänien
stammenden Mahler und Bühnenbildner Ernst
Stern, einem engen Mitarbeiter von Max Reinhardt,
Verfasser eines bekannten Buches über diesen
grossen Regisseur und Theaterfachmann. Hier
kann Maxy, sein schon früher überaus lebhaftes
Interesse für die moderne Bühnenausstattung,

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