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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Mannheim und Heidelberg. Eine Skizze
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0163

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Abstcrben in Mannheim erblikte, nur immer habe in Stand sczcn können,
da sich viele Leute noch wohl erinnerten, daß an demjenigen Orte, wo die
neuen Häuser und das neue Schloß stehen, Feldhühner gelaufen. Das
Schloß wurde mit ungemeinem Aufwande in grandiosem Style aufgeführt,
und sollte mit seinem modernen Glanz die mittelalterliche Pracht des heidel-
bergischen gleichsam verdunkeln; die Stadt wurde regelmäßig angelegt und
mit Festungswerken nach dem neuesten Systeme umgeben; zwei Schiffbrük-
ken verbanden sie mit dem jenseitigen Rhein- und Nekarufer; sie erhielt ein
großes Kauf- und Lagerhaus, erhielt Freiheiten für aller Art Manufakturen
und Fabriken, erhielt hierauf solche selbst in wachsender Anzahl und wurde
im Jahr siebzehnhundert sechs und dreißig zu einer freien Handelsstadt
erklärt.
Was aber Karl Philipp schon so großartig begonnen, vollendete sein
Nachfolger, Herzog Karl Theodor von Sulzbach, in einem noch größern
Style. Dieser Fürst war geboren ein Vater seiner Unterthanen, ein Be-
schüzcr der Wissenschaft und Kunst, ein Stern erster Größe am deutschen
Fürstenhimmcl zu werden, aber die Jesuiten verpfuschten ihn. In seiner
Liebe für Kunst und Wissenschaft jedoch ließen sie ihn gewähren, daher die
prachtvollen Bauten, die gelehrte, die Bildhauer- und Maler-Akademie, die
deutsche Gesellschaft, das physikalische, das naturhistorische und das Kupfer-
stich-Kabinet, der botanische Garten, das anatomische Theater, die Kriegs-
schule und das Nationaltheater zu Mannheim. So wurde die Stadt in
kurzer Zeit eine der blüyendsten und glänzendsten am Nheinstrom — und
dieses ist die Lichtseite von Karl Theodors Regierung ; Glaubenstyrannei,
Beamtenfeilhcit und Volksverarmung bilden die Schattenseite.
Während nun Mannheim als neue kurpfälzische Residenz an Bevöl-
kerung , an materiellem und geistigem Reichthum zu einer blühenden, wie
in kirchlicher Beziehung zu einer mehr und mehr katholischen Hauptstadt
heranwuchs, sehen wir das reformirte Heidelberg mit seiner gemischten
Hochschule immer tiefer herabsinken. Der dreißigjährige und französische
Krieg hatten ihm Wunden geschlagen, welche kaum vernarben wollten; als-
dann war es durch den Verlust des Hofes und der Regierungsstellen allein
auf sciue Hochschule angewiesen, und diese — wie konnte sie ihren alten
Ruhm, ihre frühere Frequenz behalten, seit jener alle wahre Wissenschaft-
lichkeit verkümmernde und tödtende Geist der Jünger Lojola's an ihr vor-
herrschte? Die alt ehrwürdige Rupcrtina, gleich andern ehedem blühenden
Hochschulen Süddeutschlands, sank durch ihn zu einer traurigen Abnahme
und Bedeutungslosigkeit herab.
Das denkwürdige Jahr sicbzehnhundcrt drei und siebzig stürzte zwar die
Herrschaft der Jesuiten; allein, anstatt die theologischen Kollegien und
 
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