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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 3.1933/​1935(1936)

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Heft 9 (Juli 1935)
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Kraft, Georg: Murg (A. Säckingen), eine neue altpaläolithische Station
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https://doi.org/10.11588/diglit.27454#0350

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Kulturen mit Abschlägen im Levalloisien ausgekommen unö geht von hier in
das Mousterien nber. Diese Zubearbeitung der Schlagfläche — Fassettierung^
dann feine Ausgleichung des dem Schlagpunkt entgegengesetzten Randes —
kommt in klassischer Ausprägung bei allen hier besprochenen Stücken vor.
soweit sie überhaupt möglich war; die Spitze Abb. 139, 4 ist zu öünn; bei
Abb. 139, 1 ist sie vorhanden, nur infolge des schlechten Materials wenig aus-
geprägt. Eindeutig sind ferner die scheibenförmigen Reststücke (äi8gue-nac:lell8)
Abb. 139, 8, 9, das letztere zuöem mit Rubearbeitung der linken Kante als
Schlagfläche. Eigentliche Levalloisienklingen wie z. B. in Markkleeberg sehlen,
obwvhl ein Material und eine so beherrschte Technik, wie sie Abb. 139, 2
zeigen, sie sicher, wenn auch in kleinem Ausmahe, hätten zuwege bringrn
können.

Danach handelt es sich bei Abb. 139 um eine altpaläolithische Abschlags-
kultur, deren Schlagtechnik zwar noch öie des Levalloisien ist, deren Haupt-
gerätform aber, die Handspitzen, an das Mousterien anschließt. Da Murg
mindestens in die Zwischeneiszeit zwischen Würm- und Riheiszeit fällt (wrnn
nicht noch älter ist), das thpische Höhlenmousterien aber in öie Würmeiszeit,
so wundert es nicht, öah desfen Formen im übrigen abweichen.

Don benachbarten Stationen seien hier nur Münchenstein und der Schal-
berg bei Dafel genannt^. Münchenstein hat eine ähnliche Lagerung im Ge-
lände; beim Schalberg handelt es sich um eine Höhle. Jn beiden Fällen ist die
Jndustrie Mousterien, aber an Güte des Materials unö öer Typen nicht zu
vergleichen mit Murg. Deide Stationen lieferten Fauna. Schalberg z. B.
Lilepba8 pl-imi§enill8, Kbinocero8 ricborbinu^.

Der Oelquarzit von Abb. 139, 1 verbindet Murg mit öem alpinen Pa-
läolithikum der Sch'weiz (Wildkirchli, Drachenloch, Wildenmannlisloch), wo er
und andere quarzitische Gesteine als Rohstoff eine Rolle spielen^. 2n Murg
wird sich nun nachprüfen lafsen, inwieweit öas Material die Typologie be-
einfluht«. Ein Vergleich von Abb. 139, 1 und 139, 2 zeigt, dah gröberes Ma-
terial gröbere Formen entstehen läht, dah aber die Grundsorm davon unab-
hängig ist. Zunächst gilt das nur für öiefen Fall unö nur für öie Qualitäts-
spanne zwischen Oelquarzit unö Hornstein. Mit gröhtem Jnteresse wird man
ferner Knochengeräten entgegensehen, wird doch das alpine Paläolithikum der
„Knochenkultur" (Menghin) zugerechnet.

'Ehe man die Stücke von Abb. 138 öem Acheuleen zuweist, möchte man
gerne noch den Fund von einwandfreien Faustkeilen abwarten, auch sichere
stratigraphische Deobachtungen als Grundlage für öie Abtrennung Von der
Kultur der Abb. 139. Auher an Acheuleen wäre auch an ein reines Leval-
loisien zu denken, das nach öen Abbildungen zu schließen? ebenfalls form-
vollendete Randretusche übt. Dvch geben öie Parallelen vom Vogelherö (und
von der Heidenschmiede) Hoffnung auf Faustkeile b.

^ 19. Iahresbericht Schw. Ges. f. Ülrgesch. 1927 S. 27 fs.

° z. D. E. Dächler, Die prähistor. Kulturstätte in der Wildenkirchli-Eben-
alphöhle. St. Gallen, 1906. Ders., Das Drachlenloch ob Dättis in St. Gallen
1921, S. 122. Ders., Das Wildenmannlisloch am Selun (Churfirst), 1933.

^ Nach R. Daufrey (L.Anthrop. 41, 1931, S 539) ist im alpinen Paläolithi-
kum Zurichtung der Schlagfläche häufig.

^ L'Anthrop. 42, 1932, S. 33. 35; 44. 1934, S. 272, Fig. 10,5 (Breuil).

s Ob Faustkeil oder nicht, ist eine rein typologische Frage. Funktionell kam
es z. D. in der entsprechenöen Schicht öes Dogelherds auf die Herstellung von
Schabern an> die teils an Faustkeilen, vor allem aber an Abschlägen ange-
bracht wurden.

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