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Instytut Sztuki (Warschau) [Hrsg.]; Państwowy Instytut Sztuki (bis 1959) [Hrsg.]; Stowarzyszenie Historyków Sztuki [Hrsg.]
Biuletyn Historii Sztuki — 80.2018

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Nr. 4
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Jurkowlaniec, Tadeusz: Fryzy zoomorficzne w Malborku*
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Fryzy zoomorficzne w Malborku

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lag, das geistige Leben der bereits im Kampfe er-
fahrener Ritter zu vervollkommnen. Das Fehlen der
Befiederung am verbogenen (?) Pfeil hinter dem Hals
des Hippogryphs weist moglicherweise auf irgend-
welche Vergehen der Ritterbriider beim Erfullen ihrer
durch die Ordensregel bestimmten Aufgaben im zu
christianisierenden PreuBen hin. Weniger wahr-
scheinlich erscheint, dass darin eine Andeutung auf
gewisse, heute nicht mehr bekannte Schwierigkeiten
in der Tatigkeit des aus diesem Grunde von Zantir
nach Marienburg 1280 verlegten Deutschordens-
konvents enthalten ist (Anm. 117).
Sollte indessen der den Hals des Tierwesens
durchbohrende Pfeil tatsachlich fur die Keuschheit
stehen, so sei noch an eine andere Passage aus dem
Werk des Chronisten erinnert: „Das Fleisch des
keuschen Menschen kann also mit Job sagen: Die
Pfeile des Herren stecken in mir; ihr Zorn trinkt
meinen unkeuschen Geist aus (Job 6, 4). Wie groB
und welcher Art der Zorn der Keuschheit gegen die
Ausschweifung sei, weiB niemand, der ihn nicht
erfahren hat."11
Der im Hals des Greifen steckende, beschadigte
Pfeil, verweist moglicherweise auf ein schweres
Vergehen gegenuber der Ordensregel, dessen sich die
durch das Wesen symbolisch dargestellten Ordens-
ritter schuldig gemacht haben. Die Keuschheit - also
sexuelle Zuriickhaltung - zahlte namlich neben der
Besitzlosigkeit und des Gehorsams zu den wich-
tigsten Tugenden, welchen die Ordensmitglieder zu
genugen hatten. Zwecks Veranschaulichung bemuht
hier Peter von Dusburg das Beispiel des Konigs-
berger Komturs Bertold von Bruhaven (Amtszeit
1289-1301; Anm. 120).
Wegen der fehlenden Befiederung konnte das
Geschoss auch als ein kurzer Speer interpretiert
werden, doch scheint dies nicht uberzeugend, da
seine Lange in etwa der Hohe der von der Reiterei
genutzten Schilde entspricht (ca. 50 oder sogar ca.
70-80 cm; Anm. 93). Uber diese Waffe schrieb Peter
von Dusburg: „Der gute Speer bedeutet den rechten
Vorsatz nach der Lehre des Apostels: Alles, was ihr
tut mit Worten und Werken, das tut im Namen des
Herrn (Kol 3, 17) und Ob ihr esst, trinkt oder etwas
anderes tut, alles tut zur Ehre Gottes (1 Kor 10, 31).
Dieser Speer bestimmt Wert oder Unwert eines
jeden Werkes, well aus einem bosen Vorsatz niemals
ein gutes Werk hervorgeht und umgekehrt."111
Unabhangig davon, wie die Waffe und ihre
Position identifiziert werden (beschadigter Pfeil
oder Speer hinter dem Hals oder den Hals des
flugellosen Hippogryphs durchbohrend, des Fabel-
wesens, das symbolisch fur einen eine geistige
Wandlung durchmachenden Deutschordensritter

steht), zeigt sich, dass das Marienburger Relief
mehrere didaktisch-moralische Inhalte in sich birgt,
die heute - angesichts seiner GróBe, der Herstel-
lungstechnik sowie der unzureichenden Kenntnisse
uber die historische Situation in PreuBen gegen Ende
des 13. Jahrhunderts - nur schwer zu lesen sind. Das
Reliefbild war mutmaBlich als Belehrung gedacht
und hatte wohl kaum apotropaische Bedeutung. Um
den Sinn der tierischen Darstellungen in den
Marienburger Friesen zu deuten, mussen sie in einen
Bezug zueinander gebracht werden. Der Hirsch steht
u. a. Air eine zu Gott strebende Seele (Ps 42 [41],2),
aber auch fur die Taufe. Die Taufe wird bekanntlich
durch die Zahl 8 symbolisiert (Anm. 69) und so viele
Sprossen zahlt auch das sorgfaltig dargestellte
Prachtgeweih des Achtenders. Die fast gleichen
Lowenbilder der Friese der Marienburg und der
Komtursburg Brandenburg zeigen eine spezielle
Lowenart, deren symbolische Bedeutung mehrdeutig
ist (Anm. 82). So verstand sie auch Peter von Dusburg
(Anm. 83). Sollten wir indessen den mahnenlosen
Lowen als Leoparden identifizieren, so ruft er als
solcher ausschlieBlich negative Konnotationen
hervor. Der Drache steht in religioser Auslegung
eindeutig fur das Bose, genauso wie der Hirsch fur
das Gute. Die sich in entgegengesetzte Richtung
bewegenden Tierwesen deuten eine Konfrontation
des Guten und des Bosen an (der Hirsch und der
Hippogryph schreiten von rechts nach links, der
Drache und der Lowe von links nach rechts). Ihre
derartige Ausrichtung wurde dann auch im Einklang
mit den der jeweiligen Seite zugeschriebenen
Eigenschaften stehen: die rechte Seite sei die gute,
die linke Seite die schlechte (oder bose).
Die Anzahl der in der jeweiligen Schicht
eingesetzten, zuweilen gekurzten Backsteine [1 und
3; Abb. 4] wird von der GróBe und der Aufteilung
der Wande bestimmt. Deswegen ist nicht davon
auszugehen, dass diese Zahlenwerte eine symbo-
lische Bedeutung in sich bergen. Demgegenuber
nimmt der Fries [2] in der oberen Partie der auBeren
Portalarkade etwa zwei Drittel der Lange des
jeweiligen Arkadenbogens ein, von der Spitze an
gerechnet; auf der Westseite reicht er bis zur zweiten
Schicht (von oben; oder vierten von unten gerechnet)
der glatten, glasierten Backsteine, obwohl sich der
Abakus des Turpfostenkapitells auf der Hohe der
zweiten Backsteinschicht (von unten; oder der vierten
von oben gerechnet; Abb. 4). Ist das Aussehen der
Archivolte seit ihrer Erbauung unverandert, so ist die
Anordnung ihrer Teile entweder auf einen voruber-
gehenden Mangel an mit zoomorphen Darstellungen
verzierten Backsteinen wahrend der Errichtung der
Wand zwischen der zweiten unteren und der zweiten

11 Wie Anm. I, S. 78, 81.

111 Wie Anm. I, s. 76 .
 
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