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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 2.1900-1901

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Nr. 1
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Schaumberg, Oskar: Ruine am Rauenstein in Thüringen, I
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https://doi.org/10.11588/diglit.31729#0006

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2

Ruine Rauenstein in Thüringen.

i.

',n Meminger Oberlande, dicht am Rennfteig, an der alten völker- und wafserscheide zwischen
^ranken und Thuringen einerseits, zwischen Weser, Rhein und Elbe andererseics, auf den
rauhen vorbergen des Thüringer Waldes, inmitten einer großen, dicht bewaldeten Bergkette
liegen Dorf und Ruine Rauenftein; eine Gtunde Weges nordöftlich des Städtchens Schalkau
und der Gtammburg Gchaumberg, welcher beide ihre Entftehung verdanken, unmittelbar an
der alren Gteinheider Hochftraße Gchalkau—Rennfteig und dicht an der alten ^eerftraße Gonneberg—Eis-
feldt. In das hier nach Süden geöffnete Gebirgsthal springt der mit dunklen Tannen und Lichten be-
waldece „Burgberg" zwischen machtigen, überhöhenden, finfteren Bergkammen und eilenden Gebirgsbachen
vor, und wieder auf einem felsigen, hügelartigen vorsprunge dieses liegen die Trümmer der Burg. (Grund-
riß siehe Abb. l.) An die Hange des Burgberges schmiegen sich von drei Seiten die freundlichen
Hauser und Garten des Dorfes, welches durch jene Burg entftanden und dessen nach dem Dorfe Theuern
zu gelegener Theil noch heuce „die Burggarten" heißt.

Die zum alten Banzgau (Theil des Grabfeldgaues) und zum frankischen volks- und Gprach-
ftamme des einftigen Derwaltungsamces Sonneberg, jetzt des Amtögerichtsbezirkes Gchalkau gehörende
Gegend ift als Lult- und Lulcurftätte uralt.

Zur Geire der Burg das vorgeschichtliche Dorf Götzenberg, jeyt Wüftung, am Ausgange des
Thales das uralce Dorf Grümpen, rundum die alcen Rlöfter Gaalfeld, Veilsdorf, Sonnefeld, Banz,
an den Gebirgsbachen noch heute überall die Spuren einftiger Goldwasche, an den Berghangen des
Thales vor hunderten von Iahren schon Weinbau, tiefer im Gebirge drin uralte Bergwerkftatten und
Sceinbrüche, deren Ertrag an edelen Mecallen und Gteinarcen den Bewohnern einft Glück und Reich-
thum verlieh, und sagenreiche, noch vielbesuchte Tropffteinhöhlen.

Dem Wanderer auf dem Thüringer Walde wird das Bild von Dorf und Burg Rauenftein
als eigenarcig schön im Gedachcniß haften.

Inmiccen der wilden, großarcigen Gebirgs-
natur in lieblichem Thale über dem freundlichen
Dorfe hoch auf vorspringcnder Felswand das schmucke
Gchloßkirchlein und über diesem die finfteren, durch-
wuchercen Trümmer der Burg, letztere für das Rirch-
lein und der schwarze Tannenwald des
Burgberges für jene Burgtrümmer
einen malerischen HLntergrund bildend.

In seltsamer Berührung mit dem ftillen
Rirchlein ragen trotztg und zerklüftet
die Trümmer der Burg in die -Luft,
vor allem die abenteuerliche Geftalt
des hohen, gespaltenen Bergfrieds. Die
ganze -Lage der Burg: romancisch und
doch lieblich, verfteckt und trotzig wie
zum Raubnefte geschaffen, und doch
anziehend und freundlich.

Steil führt der Burgweg vom Dorfe empor. N)ir kommen zunachft an die auf einsamem
Felsvorsprunge des nach Weften abfallenden Burgplaceaus liegende einftige Burg- oder Schloßcapelle,
die jetzige Dorfkirche, und genießen zuerft von dem schmucken Rasenplatze mit schöner alter Linde vor
der Rirche die herrliche Fernsicht nach Güdweften, weit ins blühende Frankenland hinein. Wir
erblicken ftaunend die ftolze vefte Loburg, scheinbar so nahe, daß man die einzelnen Abtheilungen der
Dächer unterscheiden kann, dann südlicher die beiden schlanken Thürme des herrlichen Bergschlosses
Banz und dann das sangbekannce Staffelftein in „ftromdurchglänzter Aue". Gonft rundunr hohe,

Abb. Grundrißfklzze der Ruine Rauenstein (S.-M.).
 
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