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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 2.1900-1901

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Nr. 4
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Siefert, Alfred: Die rechtsrheinische Nachbarin der Hohkönigsburg im Elsaß: Burg Hohengeroldseck in der Ortenau
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https://doi.org/10.11588/diglit.31729#0034

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Z0

Z,2O X2,8O m im Lichten und konnce, was aus den etwa l m unterm oberen Rand eingemeiselten vier-
eckigen Löchern zu schließen ist, durch zwei gewaltige Fallthüren geschlossen werden. In dem Brunnen
liefen vermuthlich zwei Eimer, der eine auf-, der andere abwarts, von denen jeder 8O LLter gefaßt
ßaben nrag. von dem Brunnen q, der übrigens in einem starken mit Gchießscharten (für Handfeuer-
waffen und für ein Geschütz) versehenen gewölbten Hause sich befand, gelangce man auf einer Wendel-
treppe (r), die unter einem podest der Haupttreppe vollstandig verdeckt lag, zu einem unterirdischen
Gang, der die Mauer des „newen Husses" durchbricht und rnit Treppen versehen, schrag aufwarts auf
einen ^)odest stieß, von welchem rechts eine Treppe nach dem Reller, links eine Treppe nach dem Hofe k
führte. Damit nun der Velagercr, sofern er sich bereits im Besitz des Zwingers befand, troydem dem
Belagerten das Wasser nicht abschneiden konnte, war auf der Haupttreppe p zwischen dem Brunncn-
haus c> und dem Reller m ein jtarkes Thor mit Lallgatter, welches jedoch auch als „Falle" benutzt werden
konnte, wie wir spater sehen werden. Zum Schutze des geheimen Treppenthurmeö r war direct vor dem
Gewölbe desselben und vor dem dasselbe deckenden Podest der Haupttreppe ein zweites Thor mic Fall-
gatter. Wurde nun das erste Fallgatter aufgezogen, so stürmten die Belagerer offenbar HLnein bis vor das
zweice Lallgatter, worauf das erste Fallgatter wieder herabgelassen wurde, wodurch die dazwischen gefangenen
Belagerer leicht von der ZLnne des Brunnenhauses herab, die mit dem „newen Huss" durch einen über
das zweite Lallgatterthor führenden Gang, der selbst wieder Gchießschartelt hatte, durch welche die Haupt-
treppe der Lange nach bestrichen werden konnce, verbunden war, unschadlich gemacht werden konnten.
Ein weiceres HLllderniß stellte sich dem Belagerer in der Zugbrücke o, die gegen das obere Thor n auf-
gezogen wurde, entgegen. Der ^)lan des Genie-Gfsiciers Voulaincourt (Abb. Z) aus dem Iahre lö9Z
weist einen Fehler auf, der die Rühnheit dieser ganzen Anlage sehr abschwacht, indem der geheime,
uncer der Haupttreppe liegende Wendeltreppenthurm als selbstandiger Treppenthurm links an die
Haupttreppe angelehnt ist, was nicht der Lall ist. Boulaincourt mag dieser Fehler aus dem Grunde
nnterlaufen sein, weil er im Iahre lööZ diese ganze Anlage vermuthlich schon zertrümmert und ver-
schüttet fand, und darum keine Ahnung von der Großartigkeit dieser Wasserversorgungsanlage
haben konnce. u u (Abb. Z) sind die Treppenchürlne, die einerseics in den ^)alas, andererseits in das
„newe Huss" bezw. auf den Wehrgang zwischen den Thürmen u u führten. Ein zweiter Wehrgang
ging von dem oberen Thore n auf die Mauer gegen den ^)alas (i) zu; ein dritter vom Thurme Z aus
beiderseitö der Mauer entlang. ^ei v befand sich ein im Iahre I69Z geöffneter Durchgang, durch
welchen man nach den von dem österreichischen Genie-Gfficier Boulaincourt uncer General Würz im
Iahre 169Z angelegten Schanzen xxx gelangte. Bei ^v >v xv sind Gpuren von im Iahre lööZ auf-
geworfenen Wallen zu erkennen, und bei 2 mündec schließlich der in den 70 er Iahren des vorigen Iahr-
hundercs vom Schwarzwaldverein angelegte Fußpfad. Geltsamerweise weist die von einem bedeucenden
Grimmelshausenforscher uncer den „ZOjahrigen Rriegsacten" in München entdeckte Handzeichnung
Grimmelshausens (Abb. s-) denselben Thurm (links neben dem Brunnenhaus) auf, den auch Boulaincourt
als vorhanden in seinem Grundriß eingezeichnet hac, von dem sich aber nach Wegraumung der 8 m
hohen Trümmerschicht und nach dem Aufgraben des Bodens auf eine Tiefe von Z m auch
nicht die geringste Gpur vorfand, wie denn auch eine Eingangschüre nach Gsten zu im Brunnen-
haus niemals epistirte! Auf der Handzeichnung Grimmelshausens lag bei der außerste vorhoff; bei
6 der zweite Dorhoff zwischen den pforcen; bei L dass Brunhauss; bei I) der Innerst und leste Vor-
hoff so mit einer hohen Maur umgeben; bei L ein Türnlin dardurch man über ein Fallbrückhlin in
dass innerst Höfflin, zwischen beide Gebew (Gebaude), und gar Ln dass Gchloss kompt; bei ? schliesstich
ist ein Fels warauff dass Gchloss mit beiden Gebewen stehet." Mit diesen Zeilen hoffe ich das Inceresse
für diese herrliche Ruine zu wecken, für deren Instandhaltung so Dolk wie Gtaat bereits gegen
Z-OO00 M. aufgewandt haben, eine Summe, die eben hingereicht hac, um sie von ganzlichem Derfall
zu schützen, die aber nicht gereicht hat, sie zu dem zu machen, was sie einst war: eine ebenbürtige
^iachbarin der Hohkönigsburg.
 
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