Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 2.1900-1901

DOI Heft:
Nr. 6
DOI Artikel:
Braunschweig, Max: Kirchenburgen in Siebenbürgen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31729#0050

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

Mitte sich bald das Gotteshaus erhob, fi^irce zugleich die Größe der Burg- und der Dorfanlage. Da
der magere Geldbeucel verbot, die ganze ^liederlassung zu uinburgen, das Gesey aber Gemeindeburgen
der Sachsen mit mancherlei Belastigungen bedachte, so kam man zu den Rirchenburgen, die jenes nach
Möglichkeit wett machten, dieses dazu ausschlossen.

Die Rirchenburgen sind Zufluchts-

orte. Die damalige Befestigungskunst er-
strebte, die Belagerung in die ^ange zu
ziehen. Der Leind mußte ein »Zittderniß-
werk nach dem andern erobern; das er-
forderce vornehmlich Zeit und ließ den
Belagerten Aussicht auf Entsatz. DLe
Unterkunftsfrage
und die Lebens-
mittelsorge fielen
somit zuerst Lns
Gewicht. Die for-
tificatorischenVer-
starkungen hatcen
sich nach der Lage
des Grtes, seinen
Zugangsstraßen
und Angriffsseicen


Abb. Rirchenbury zu Tartlau.

zu richten. Dadurch zusammen wurde
die innere Ausgestalcung, die Ausdehnung
und die Widerstandsfahigkeit der Rirchen-
burgen bedingt. vom kriegscechnischen
Gtandpunkt aus nrag darin, daß die
Dorfinsassen, letzen Endes auf sich allein
angewiesen, durch die 2lnlage einer Rirchen-

burg viel nachhal-
tigergegenallevor
falle gerüstec wa
ren, eine größere,
weil concencrirte
Widerstandskrafc
gefunden werden,
wie sie die Befesti
gungderganzenGe
meinde jedenfalls
nicht erlaubt hatte.

Auf kreisförmiger oder langrunder Basiö erhebt sich die Haupcringmauer, etwa 15 bis 2O m
von der Rirche. Ecken sind nach Thunlichkeic vermieden worden. Die Mauerhöhe dürfte in der
Anfangszeit nur 6 m becragen. In Zeiden, in Nußbach und in ^leustadr sind an dieser Scelle
Aufsätze jüngeren Datums wahrnehmbar. Möglich, daß mit der Mauererhöhung stellenweise die Anlage
eines hölzernen Verbindungsgangs durchgeführc wurde. Golche Nmlaufe liegen dagegen Ln Neustadc
und Ln Tartlau vollstandig Lnnerhalb der Z bis 5 m dicken ^auptringmauer, deren Widerstands-
kraft zudem noch durch die Höhe von 12 m und darüber wie durch die forclaufende Derkragung
mit Wurflöchern und Schießscharcen gesteigert wurde. Das Material der Aingmauern, die gemeinhin
2 m dick waren, entbehrc fast ganzlich der Hausreine; Ralk, Sandstein, fiaches Geschiebe, ZLegel
und grober Sandmörtel gelangten zur verwendung, auch bei den Thürmen. Durchschnittlich führce
man sie bis zu 12 bis 20 m auf. DLe Zahl der Thürme und Basteien hing von den ge-
fahrdeten ^punkren, der Ziffer der Einwohnerschaft und der Menge des Baumaterials
ab. Nur der ^lußbacher Rirchenthurm cragt uncer dem Dach Pechscharten; möglich, daß
früher über den spitzbogigen Doppelfenstern der ^onigberger Rirche Dertheidigungsgange
sich hinzogen. Sonst fehlen überall an den Rirchen direct strategischen Zwecken dienende
Zuthacen. Die Zahl der Thürme ist verschieden. Zeiden hatte einst
zehn, Weidenbach hat wie Pecersberg fünf, Honigberg sieben, ^leu-
stadt noch neun, Tarclau nur vier Thürme. Dafür besitzt Pecersberg
drei Umfassungsmauern, und Tarrlau zwei und einen Wassergraben.

Die Mauerchürme in ^leustadt weisen zudem noch die denkbarste
Derschiedenartigkeit auf. Der viereckige, mit ZLnnen be-
kranzte Thurm, dessen ^)ultdach nach innen abfallc,
wechselt mit dem, dessen Dach pyramidisch Lst. Der
Rundthurm mit kegelischem Dach ist vertrecen und der
achceckige Thurm fehlt auch nichr.

Das Rirchencastell zu Tarrlau ist gewiß das
mächtigste. Es vermochte nicht allein die meisten Flücht-
linge aufzunehmen irebst deren Hab und Gut, es war auch
für damalige Zeit schier uneinnehmbar. In den Rammern,
die sich in drci Gcockwerken an die Innenwand der ^Zaupt-

Abb. 2. Rirchenburg zu wolkendorf.
 
Annotationen