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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 2.1900-1901

DOI issue:
Nr. 13 u. 14
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Mehlis, Christian: "Walahstede", [3]
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.31729#0136

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von der griechischen Vorzeic schreibt: „Man isc für diese ganzc Zeit auf die Terracotten- und
Vasenfunde angewiesen, die darmn mic Rechc der Gegenstand eifrigster Lorschung sind."

„Was aber der verstand der Verstandigen nicht sieht, das sieht in Einfalt ein kindlich Gemüth."
Die pfalzer Bauern-Sage, die HLer auf Walahstede des Rönigs Dagobercs Residenz sucht, hat Recht
behalcen gegen den Gelehrten, der hierin bald einen Römerbau, bald eine Ritterburg des Micrelalters
gewirtert hac — und der Spacen hac als vollgültiger Zeuge das Urcheil der volkssage bescatigc.

Auf eine klassische Schilderung einer Walahstede ahnlichen Burganlage aus der Merowingerzeit
macht Baurath Ma^ Hasak im „Burgwart" IlTlr. 6, G. 55, aufmerksam. Auch Piper: „Burgen-
kunde", S. lZO—IZl ff. kennc die Darftellung, die der Rleriker Venantius Lortunatus im Iahre 5öö
von der Burg des Bischofs von Trier Vlicetius giebt in dem poem: „Oe L38tello blieetij, epi8eopi
1>everen8i8, 8uper Nu^ellam" * **))

Lharakteriftisch aus dieser Gchilderung der Anlage zwischen IVlu^ella (Mosel) und I^koä3uu8
(Ron oder Ren) sind folgende verse:

1furribu8 incinxit ter 6eni8 unclique Lollem,
praebuit bic fabricam, quo nemu8 ante fuit.

^ula camen nituit LON8tructa eaeumine rupi8,

Lt monti impo^ito mon8 ernt ip83 6omu8.

Lomplaeuit latum muro eoneluclere eampum,

Lr prope ea^tellum baee ea83 8ola faeit. —

Oräinibu8 terni8 exten^aque maebina ere^eit,

Ot, p08tquam 38eenda8, juZera teeta pute8.

Demnach gründete hier Vlicetius in der 2. ^älfte des 6. Iahrhundercs einen dreiscöckigen
Lenrralbau mit flachem Dache. Zwei Mauerarme reichten bis zur Mosel hinab. Den weiten, niederwarcs
gelegenen Hof umschließt eine eigene Hofmauer. Dreißig Thürme schützten den Mauerzug. Den
Mittelpunkt, faft ein Raftell, bildete der große, mit marmornen Gaulen geschmückte palas oder
Donjon, der jedenfalls aus Haufteinen, nicht aus Holzconftruction, beftand. ELner der Thürme enthielt
dre Rapelle und das Arsenal und ward von einer Ballifte vertheidigt.

Aus der zwar dichcerisch geschmückten, aber jedenfalls nach eigener Anschauung gegebenen
Beschreibung geht ^olgendes für unsere Zwecke hervor:

1. Gchon Lm ö. Iahrhunderc wurden von den Großen des Frankenreiches umfangreiche, mit
Thürmen und Mauerzingel versehene Burganlagen aus ^austeinen und Gußwerk aufgeführt.

2. Sie besaßen in der Mitte einen vertheidigungsfahigen f)alas ft38tellum, aula), der mehr-
ftöckig gebaut war.

Z. Von diesem Wohrithurm gelrennt waren Dorwerke, welche die verbindung mit dem Wasser
herstellten (Fluß, Guelle).

Den vorhof umschloß eine eigene, mic Thürmen versehene Umwallung.

5. Einzelne Thürme vertheidigcen die Eingänge, trugen Ballisten, dientcn als Rapelle und
als Waffendepot.

Die überraschende Analogie zwischen der Vlicetius-Burg und Walahscede springt in die Augen.

Was der DLchter dorc gesehen und frei beschrieben hat, das hac hier die deckende Erde in
greifbaren Lundamenten, in noch 7 m hohen Mauerzügen, in einzelnen Architekturscücken geschützt,
und der forschende Spaten nach langen Iahrhundercen wieder an das Tageslicht gebracht.

An Gtelle von Münzen und Inschriften reden hier Steine und Scherben. Uicd wenn man
früher, vor zwei Menschenalcern ^ °), das „WalftätterGchlößchen", diese „ alterthümlicheAnlage " als
„Raftell, -Lager und vorwerk der Römer" erklärt hac, so drängtuns die vergleichende Forschung
zum Gchlusse, daß wir es Ln Walahstede zu thun haben mit den Reften einer Villa reZia, einer
Merowinger-Pfalz aus dem 7. bis IS. Iahrhundert.

*) vergl. Text und Lommentar von Böcking in „Bonner Iahrbücher" VII, S. 1^8—12z.

**) vergl. Michael Frey: „Geschichte des Rheinkreises" ^836, Theil, S. ^86.
 
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