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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 28.1927

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Nr. 5/6
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Heil, Albrecht; Krauß, Carl: Burg Rodenstein im Odenwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.35078#0116

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Abb. 84. Burg Rodenstein i. O. Federzeichnung von Valentin Wagner vom Jahre 1634.

Die oberen Stockwerke erhielten nach dem Wagnerscheit Bilde ihr Licht durch gruppierte größere Fenster. Sie
bildeten die Wohnränme der Herrschaft.
Die ganze Bauart dieses Pallas war derart, daß er für sich allein verteidigt werden konnte. Er ersetzte also
auch den Bergfrit, der niemals auf dem Rodenstein vorhanden war.
Mit eitlem Fachwerkgeschoß und steil abgewalmten Dach schließt der rechts auf der Zeichnung ins Auge sprin-
gende Westturm ab. Der Schornstein auf dem Dach deutet auf die Wohnung eines Turmwächters hin.
An den mehrstöckigen massigen Pallas mit dem steilen Walmdach schlossen sich östlich eine Reihe niedrigere
Bauten an, die Küche, Wirtschaftsräume nsw. enthalten haben müssen.
Wir sehen weiter verschiedene in den nördlichen Zwinger hinausgeschobene Vorbauten, die Erker, Treppen-
häuser und Aborte gewesen sind.
An der engsten Zwingerstelle (nordöstlich) sehen wir zwei Erkerüberbauten auf Strebehölzern und Mauer-
pfeilern bis in den Graben hinausgekragt; es sind Aborte.
In einem großen Bogen umgab auf dem Wall des Burggrabens ein Palisadenzaun nördlich und östlich die Burg
(s. Abb. 77, 84 u. 87). Wir erblicken im Burggraben Bäume und Sträucher und östlich von der Burg einen Garten,
um den der Palisadenzaun herumläuft, bis zu dem von dem Standort des Zeichners aus nicht sichtbaren Ostturm.
Über diesen Garten hinwegschauend, gewahren wir den heute noch so benannten „Wingertsberg". Ein Zaun und
Pfähle bezeichnen die Stelle des Rodensteiner Weinbergs, gewissenhaft von dem Zeichner festgehalten.
Auch Zehfuß erwähnt in seinem Büchlein „Die Herren vom Rodenstein" nsw., 1825, S. 23, diesen Wingerts-
berg, ohne natürlich Kenntnis von dem genau 100 Jahre später entdeckten Bilde Wagners zu haben:
„In der Hälfte des 16. Jahrhunderts theilten die Gebrüder Rodenstein bei Gelegenheit ihren Wein, wobei
bemerkt wird, daß es zur Hälfte Umstädter und zur Hälfte Rodensteiner Gewächs seyZ."
Die hinter dem Wingertsberg sichtbare Höhe ist heute noch so wie damals, vor fast 300 Jahren, bewaldet.
Das nördliche Vorgelände der Burg ist kahl. Ein stark abfallender Rain vor dem Palisadenzaun bildet mit
dem wieder ansteigenden Gelände eine langgestreckte Mulde.
Der Weg zur Einfahrt in die Burg führt hinter dem großen Eichbaum, rechts im Bilde, über die deutlich ge-
zeichnete hölzerne gedeckte Brücke zur Zugbrücke vor dem Eiugangstor, durch den nordwestlichen Eckturm. Bäume
und Sträucher verdecken auf der alten Zeichnung die Ringmauer und Manerpfeiler, welche die beiden langgestreckten
Vorbauten stützen.
Links neben der Zugbrücke sehen wir einen größeren Bau, in der Hauptsache nur das Dach von demselben,
fast an den Palisadenzauu heranreichend. Wir nehmen eine Scheuer an. Die Rodensteiner betrieben nämlich Land-
wirtschaft, wie Urkunden bezeugen, in welchen von Feld, Weide und Vieh die Rede ist.
Zwischen dem niedrigen Nordwestturm und dem hohen Westturm erblicken wir eine Reihe niedriger Gebäude,
die kleine Stallungen oder auch Schuppen gewesen sein mögen. Im Hintergrund sieht man zwischen den Pallas
und den Westturm hindurchschauend einen langgestreckten Bau mit einer Fensterreihe. Dieses Gebäude (größere
Stallung) stand in der Südwestecke der geräumigen Vorburg.
0 Zehfuß, S. 23.
 
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