Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 28.1927

DOI Heft:
Nr. 3/4
DOI Artikel:
Kempen, Wilhelm van: Schloß Zerbst in Anhalt
DOI Artikel:
Sieghardt, August: Die Höhlenburg Stein a. Traun: eine der merkwürdigsten Burganlagen Deutschlands
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35078#0068

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

Ganz anderen Geistes ist der linke,
östliche Flügel. Während sein Äußeres, ab-
gesehen von ornamentalen Kleinigkeiten, sich
seinem Gegenüber durchaus anschließt, lebt
in seinem Innern leichtes, köstliches Rokoko.
Zumal die Stuckdecken sind teilweise von
wundersam feiner, duftiger Arbeit. Auch hier
ist von verschiedenen Meistern gearbeitet wor-
den, infolgedessen sind die Stukkaturen von
verschiedenster Art und auch von verschie-
denster Qualität. Das Treppenhaus schon
zeigt im Vergleich mit den ganz einfachen
Treppenhäusern im Mittelbau lind West-
flügel größere Ausmaße und reichere Aus-
stattung, das Gefühl für Repräsentation ist
hier weit stärker ausgeprägt. Air sich zwar
und iiii Hiiiblick auf alldereSchloßtreppeithäuser der Zeit ist auch dieses hlerschttcht liild eülfach, aber die geschickteTreppell-
führnng — symmetrische Verdoppelung der Haupttreppe ü elisval eines mittleren Durchganges — ermöglicht sehr
gute Blicke und die sorgfältigen schmiedeeisernen Geländer legen von der Qualität des Zerbster Kuilsthandwerkes im
18. Jahrhundert beredtes Zeugnis ab.
Im Mittelgeschoß ist eine Reihe voll Zimmern im wesentlichen im alteil Zustand erhalteil, oder richtiger: wieder
einigermaßen in die ursprüngliche Gestaltung versetzt worden. Unter diesen Räumen zeichnet sich das 'sogenannte
Gobelinzimmer durch seine Gobelins wie die entzückend Zarte Stuckdecke aus, ein ungemein reizvoller, köstlich intimer
Raum ist das Zedernzimmer, voll seiner Wandtäfelung her benannt. Abb. 35 zeigt den sogenannten „Falplensaal".
Das Obergeschoß war bis 1921 unvollendet im Innenausbau geblieben, das Zerbster Fürstenhaus war 1793
ausgestorben, der letzte Fürst hatte jahrzehntelang im Ausland gelebt. Dieses Unvollendetsein hatte den
großeil Reiz, hier nach ungefähr 175 Jahren die Künstler noch gewissermaßen bei der Arbeit belauschen
zu können, denn die Decken- wie Kaminstukkatnren sind Zum Teil unfertig geblieben, und vor allem waren sie noch
völlig rein, noch ungeschlämmt. Bei der Einrichtung zum Museum mußten auch diese Räume benutzt werden, wobei
jedoch mit großer Vorsicht vorgegangen worden ist, der Verfasser hat mit dem damaligen anhaltischen Lalldeskonser-
vator, Prof. vr. Ostermayer, zusammen darüber gewacht. —
Das Zerbster Schloß ist nach der Revolution in den Besitz der Jnachim-Ermst-Süftung gekommen, einer vom
Herzoglichen Hause gemachten und vom Staate mannigfach privilegierten Stiftung, der die Pflege bildender Künste
in Anhalt obliegt. Diese hat den weitaus größten Teil des Schlosses zu einem Museum unigestaltet, das in über
50 Räumen Kunst- und Kulturgeschichte wie Naturwissenschaften und Prähistorie ausstellt, eure recht sehenswerte
Sammlung. Es hat bei dieser Neuordnung der Dinge naturgemäß manches verändert werden müssen. Indessen
ist nach Möglichkeit auf Schonung des Alten und Rücksichtnahme auf Stukkaturen durch Wandanstrich wie Aufstellungs-
ort geseheil worden, und der Verfasser, der in 2H? Jahren die kunst- und kulturgeschichtliche Abteilung eingerichtet
und betreut hat, glaubt, daß der Absicht auch der Erfolg entspricht.
So ist das Zerbster Schloß in mannigfacher Hillsicht interessant und sein Besuch lohnend. Daß es als Bauwerk
nicht mit deil großen Leistungen seiner Zeit verglichen werden darf, ist selbstverständlich Als eine recht gute Mittel-
leistung jedoch hat es ehrlichen Anspruch auf Beachtung zu erheben.


Abb. 34. Schloß Zerbst, Zustand 1927.

Die Höhlenburg Stein a. Traun.
Eine der merkwürdigsten Burg an lagen Deutschlands.
Von August Sieghardt, Nürnberg.

sllter den Burgen unterscheidet man hinsichtlich ihrer Lage und Bauart drei Arten: die Höhenburgen,
die auf einem Berge oder Felsen liegen, die Wasserburgen, die im Tal erbaut werden und mit einem
Wassergraben versehen sind, und die Höhlenburgell, die unterirdisch bzw. im Felsen angelegt wurden.
Letztere trifft man äußerst selten an. In Bayern gibt es davoll nur zwei: die Höhlenburg Loch bei
Eichhofen in der Oberpfalz, unweit Regensburg, und die Höhlenburg Stein a. Traun im Chiemgau,
nördlich voll Traunstein. Letztere erreicht man, wenn man mit der Trostberger Lokalbahn voll Traunstein bis zur
Station Stein a. Traun fährt, einem stattlichen Dorfe mit einem alten, durch eine mißglückte Erneuerung leider
verunstaltetem Schloß des Grafen v. Arco-Zinneberg, in dein vor etlichen Jahrzehnteil die Kaiserinwitwe Donna
Amalia von Brasilien Schloßherrin wurde und das später der Wohnsitz des Herzogs von Lenchtenberg wurde. Unmittelbar
 
Annotationen