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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 28.1927

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Nr. 3/4
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Koch, Konrad Albert: Burgruine Wartstein, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.35078#0089

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Burgruine Wartstein.
Bon K. 2l. Koch.
ns Aiüaß der Ji:stal:dsetznngsarbeitei: an der Burgruine Wartstein i>:i großeil Lautertal (Württemberg)
durch den Schwäbische-Älb-Verein sind auch gleichzeitig einige Nachgrabungen vorgenommeu worden,
zu deren Leitung ich beigezogen wurde. Innerhalb 4 Tagen mit nur wenig Arbeitskräften ist es ge-
lungen, den Gesamtplan festzustellen. Außer dem Hochschloß (IHN hinter der tnrmartigen Schildmaner (K)
wurde ein großes Wohngebäude rechts vom Haupteingang (4P festgestellt. Die noch in beträchtlicher
Hohe erhaltene Schildmauer, ans einem freistehenden Felsen errichtet, hat eine ungewöhnliche Dicke (5,50 m): die
beiden Schmalseiten sind abgeschrägt und bilden somit mit dem daran anstoßenden Herrenhaus eine unregelmäßige
Grundform. Oben auf der Schildmaner fand man beim Abräumen noch Überreste einer Kammer, darüber war
wohl noch ein Stockwerk zur Verteidigung von oben herab. Man fand noch verbrannte Holzreste. Vielleicht bestand
der obere Stock aus Fachwerk. Nun wieder zur unteren Burg. Vorbei an dem großen Torgebüude (V) fand man
die inneren Umfassungswände des Stalles (8). Linker Hand kamen wieder Mauern zum Vorschein von einem
schmäleren Wirtschaftsgebäude (.1). Vom unteren Hof (Ick 1) gelangt man ziemlich ansteigend in den mittleren
Hof (ll 2). Von diesem ging es durch einen (erst aufgedeckten) Torturm und von diesem immer weiter ansteigend
iil den oberen drittel: Hof (Ick Z). Zwischen Torbau und Hochschloß ist anscheinend noch ein leerer Zwischenraum als
Felsplatte geblieben (U 4). Die sehr hohe und schroffe Felsenwand gegen: Norden war am Rande auch noch um-
mauert, man sieht noch, weit hinausgerückt, spärliche Mauerreste.
Der einstige Halsgraben ist jetzt zun: größten Teil mit Schutt angefüllt. Die glatt behauenen Mauersteine
bestehe:: aus weißem Jura gemengt mit Tuffsteinen, namentlich an den Ecken. Kleinfunde wurden wenig geinacht,
ein Teil eines Pferdezaums und die üblichen Gefäßscherben war alles; nur der untere Teil einer Handmühle von
35 om Durchmesser von runder Form wäre noch zu erwähnen.
Diese Burg bestand anscheinend einmal ans zwei Teilen, denn am Berghang gegen das Tal vor, ra. 50 m
von der Hanptbnrg entfernt, sieht man noch auf einen: spitzigen hohen Felsen spärliche Mauerreste von eine::: Turn:
oder sonstigen Gebäude. Dahinter, an den Felsen angelehnt, aber viel tiefer, sind Spuren eines größere:: Wohn-
gebäudes. Auch Spuren eines in den Felsen gehauenen Kellers sind wahrzunehmen. Gefunden wurde hierin
nichts außer einigen Gefäßscherben.
Dieses Felsennest war eines der eindrucksvollste:: Höhenburgen im Lautertal und stand der Burg „Hohengnndel-
fingen", die nicht weit davon stand, an Umfang und Festigkeit nur wenig nach. Bis jetzt war allgemein die Ansicht
verbreitet, daß die hohe starke, nach der Angriffsseite zngekehrte Mauer ein (Wart-) Turm wäre. Nu:: ist aber dieses Werk
nicht hohl, sondern massiv. Die Bezeichnung „Schildmaner" halte ich in diesem Fall für richtiger. Sämtliche in
die Höhe ragenden Mauern sind sachgemäß konserviert worden und auf längere Zeit vor weiterem Verfall gesichert.
Eine Beschreibung der Burg ans dem Jahre 1855 (von August Ankelin), tie ich erst später vorfand, deckt sich
ziemlich mit meiner Beschreibung und Deutung der einzelnen Bauteile. Sie lautet: An die auf steilen Felsen empor-
ragenden Reste des Wartturmes schloß sich das doppelgieblige Herrenhaus an, welches durch eine den Berg herab--
ziehende Ringmauer mit einem Gebäude verbunden war, worin sich das mit einer Zugbrücke wohl verteidigte Schloß-
tor befand. Ein tiefer, noch wohl kenntlicher Graben zog sich der Mauer entlang bis etwas über das Tor hinaus herab.
Eine hohe, bogenförmige Mauer verband mit dem Torgebüude ei:: westlich gelegenes größeres Gebäude, welches
wahrscheinlich die Stallungen und Vorratskammern enthielt und wieder durch eine Mauer mit dem Herrenhause
zusammenhing und den großen unebenen Hofraum umschloß. In dem Raume des letztgenannten Gebäudes be-
fänden sich noch Kellerspuren? (Der Keller kann nie im Hochschloß gewesen sein, sondern nur in einen: der tiefer-
liegenden Gebäude, vermutlich im großen Torbau. Der Vers.)
Die Burg gehörte einst dem mächtigen, uralten welfischen Geschlecht, aber schon im 13. Jahrhundert finden
sich Grafen von Wartstein, von denen 1283 Graf Eberhard dem Kloster Zwiefalten Güter schenkte. Graf Heinrich
von Wartstein übergab 1375 den Wildbann um seine Stammburg herum dem Grafen Ulrich von Württemberg,
und Herzog Ulrich nennt sich aus Anlaß von Grenzstreitigkeiten Inhaber der Grafschaften Urach und Wartstein. Aus
welchen Teilen sich die Grafschaft zusammensetzte, kann nicht mit Sicherheit angegeben inerden; nur soviel ist bekannt,
daß die genannten Grafen in Wilzingen und Naßgenstadt begütert waren. Noch im 15. Jahrhundert saß ein Bnrg-
vogt auf dem Wartstein. Die Burg soll bald darauf verbrannt worden sein und verfiel nachher immer mehr. Die
umliegenden Ortschaften haben auch hier wie anderswo die besten Bausteine weggeführt. <Schluß folgt.)



) Der Plan folgt tin nächsten Heft.
 
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