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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 28.1927

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Nr. 1
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Ebhardt, Bodo: Burg Heimhof in der Oberpfalz
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https://doi.org/10.11588/diglit.35078#0037

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15

Burg Heimhof in der Oberpfalz

Von Prof. Bodo Ebhardt,
Wer die schöne Staatsstraße, die das malerische Städtchen
Amberg mit Neumarkt verbindet, vor dem Dorse Urseusolleu nach
links abbiegend verläßt, erreicht aus viel gewundener Nebenstraße
das Dors Hausen. Der Weg zieht sich über die Wasserscheide zwischen
Naab und Lauterach immer mehr dem Tale zu und bietet dauernd
wechselnde Bilder von großem malerischen Reiz. Nach etwa ein-
stündiger Wanderung, eine letzte der dort zahlreich zutage tre-
tenden Felsengruppen umschreitend, wird der Wanderer das Dorf
Hausen erreichen. Jetzt fällt der Blick über die bescheidenen, aber
echt bodenständigen Dorfhäuser hinweg auf einen mächtigen, hoch
aufragenden massigen Pallasbau, die sogenannte „Alte Burg" Heim-
hof, die schon vorher von einzelnen hohen Punkten der Straße
gesichtet wurde. Mit seiner mächtigen Längsseite steht er uns jetzt
entgegen, die Aussicht in das fernere Tal versperrend und die hinter
ihm stehenden Gebäude verdeckend. Erst wenn wir das Dorf
Heimhof, das nur aus wenigen Häusern besteht, zu Füßen des Berg-
vorsprunges durchschreiten, der den Riesenbau trägt, wird ein
niedrigerer Bau, das sogenannte „Neue Schloß", sichtbar, das, nur
einen schmalen Raum lassend, mit seinem Nordgiebel fast den
großen Bau erreicht. Auch der Felsen wird sichtbar, der die Burg,
die ihren Charakter nunmehr deutlich offenbart, trägt.
Die Burg gab ihren Namen an das bescheidene, aber uralte,
schon im 9. Jahrhundert erwähnte Dorf Heimhos, das ihr zu Füßen
liegt, ab. Sie liegt auf einem Dolomitkalkfelsen, wie solche in reicher
Zahl der Landschaft der bayerischen Oberpfalz ihre höchst reizvolle
Eigenart verleihen. Trotzig stecken überall diese mächtigen Kalkstein-
felsen ihre gefurchten Stirnen weit vor, während die Urwasser da-
zwischen sanft geschwungene Mulden ausgewaschen haben. Auf
den Felsen, deren wild zerklüftete Formen immer wieder über-
raschen, wachsen mächtige Eichen mit knorrigen, moosbewachsenen
Ästen, und herrliche glatte Buchen mit vollendet schönen Laubkronen,
Haselnußsträucher in unendlicher Fülle und zarte Espen mit ihren
wirblig zitternden sauberen Laubblättern.
Schroff streckt hier und dort ein von der Verwitterung ver-
gessener Felskegel seine trotzige, malerische Spitze empor, und auf
den grünen Odlandfetzen, die sich dazwischenschieben, stehen aben-
teuerliche Wacholdersträuche, die vom Bergwinde bewegt lebende
Märchenwesen zu sein scheinen.
Der Heimhofer Burgfelsen springt weit von Westen
nach Osten vor und engt so das Quellgebiet des Hausener
Baches zu einem schmälen Engpaß ein. Von der Burg
bietet sich daher eine höchst reizvolle Aussicht talauf und
talab über die glitzernden Windungen des Baches und die
felsenreichen Abhänge an beiden Seiten.
Abwärts verbreitert sich das Tal, aufwärts dehnt es sich
zu einem vielgestaltigen Becken, das die Niederschläge und
das unterirdische Bergwasser aufsängt, so daß es auf
seiner Sohle in zahlreichen Quellen hervorbricht und den
vielarmigen, forellenreichen Hausener Bach speist.
Der Zufahrtsweg zur Burg Heimhof benutzt einen
kleinen Bergeinschnitt, und wir betreten, heute auf un-
unterbrochenem Pfade, früher über eine Zugbrücke, die
über eine tiefe Felsschlucht, „den Halsgraben", führte,
von Süden her die Burg. Hier ist das Torgebäude, das
früher den Eingang beherrschte, aber fast gänzlich ver-
schwunden war, in seiner Außenmauer wiedererstanden.
Durch eine etwa 3 m lange Mauer verbunden, schließt
sich daran rechts das Jägerhaus, heute das Haus des
Verwalters, an. Es ist im Kern uralt, aber oft umgebaut,
und zeigt im Innern noch einfache alte Holzstulpdeckeu.
Kärgliche Abmessungen dagegen weist der weiterhin
folgende sogenannte Hungerturm auf. Welcher Verwendung
er diente, läßt sich mit Sicherheit feststellen, er hat als
Verteidigungswerk eine Rolle gespielt. Seine verstärkten
Mauern und die winzigen schießschartenähnlichen Fenster-
ritzen lassen darauf schließen.
Eine etwa 15 m lange Quadermauer mit Wehrgang
führt zu der heutigen Scheune, die früher sicherlich einem
andern Zwecke diente.

Architekt und Geh. Hofbaurat.
Wie eine alte Handzeichnung beweist, lag der Stadel ehemals
links hinter dem Haupttor.
Den Giebel dieses Gebäudes überragt der anstoßende Giebel
des sogenannten Kapellbaues um mehrere Meter. In diesem Bau,
der noch mit der Scheune in gleicher Front liegt, lag die Gruft der
früheren Besitzer. Darüber lag die Burgkapelle, deren Spuren
noch an Gewölberesten deutlich nachweisbar sind. Jetzt ist der
Raum neu eingewölbt.
Der rechtwinklig anschließende, größere Teil des neuen Schlosses
war im Erdgeschoß ursprünglich ein langgestreckter gewölbter Raum
und diente als Pferdestall. Erst später wurden die verschiedenen
Wände eingezogen, seine Gewölbe sind jedoch noch fast unzerstört er-
halten. Die entstandenen Räume sind heute ein kleiner Vorraum, Küche
mit Vorratsraum, kleiner Speiseraum, eine offene Halle und ein
größerer dielenartiger Raum, der den breiten und bequemen
Treppenaufgang zum Obergeschoß birgt.
Der bei weitem schönste Raum des Obergeschosses ist der Saal.
Er weist eine alte Deckentäfeluug auf und ist durch seine künstlerische
Ausstattung bemerkenswert. Die schlichten Deckenbalken ent-
stammen noch der gotischen Zeit; jetzt sind reichgeschnitzte Balken
.dazwischengelegt, die aus einem alten Bau in Franken stammen.
Die alte Balken-Decke war seit 1610 durch eine daruntergehängte
sehr reiche Reuaissancestuckdecke völlig verborgen. Erst während
des Weltkrieges ist diese zerstört worden.
An das neue Schloß schließt sich der Pallas an, heute durch
eine kurze Mauer mit diesem verbunden, durch die ein Treppenpfad
steil herab zum Dorf führt, früher wahrscheinlich durch ein turm-
artiges Gebäude, wie Mauerspuren erkennen lassen, angeschlossen,
das erst vor einigen Jahrzehnten einstürzte.
Der Pallas der Burg Heimhof fällt, abgesehen von seiner weithin
überragenden Höhe, wegen seiner großen Ausdehnung im Grund-
riß von 14,65 : 27,25 m auf.
Das Erdgeschoß, in das zu ebener Erde eine frühgotische breite
Spitzbogeutür führt, in der noch das alte Bohlentor hängt, zeigt in
der Mitte eine mächtige Halle; noch stehen die alten Eichenholzpfo-
sten, die mit schlanken gotischen Sattelhölzern die Decke mit ihren
schweren Balken tragen. Links und rechts führen gotische Spitz-
bogentüren in zwei Räume, die durch schmäle Fensterscharteu mit
nach innen stark erweiterten rundbogigen Laibungen dämmerig
erleuchtet werden.


-n.


Abb. 15. Burg Heimhof, Lageplau. 1 :1000.
 
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