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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 28.1927

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Nr. 2
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Wenzel, Ernst: Der Abbruch der Zitadelle in Magdeburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.35078#0058

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Der Abbruch der Zitadelle in Magdeburg.
^m 2. April 1927 nahm die Stadt Magdeburg feierlich durch ihre Oberhäupter Besitz von der Zitadelle,
nachdem in 35jühriger Verhandlungsführung endlich der Vertrag zwischen dem Staat und der Stadt
geschlossen worden ist. Damit gelangt die Stadt wieder in Besitz des Geländes zwischen zwei Elb-
armen, das ihr vor 250 Jahren ohne Entschädigung genommen worden war, um durch Anlage der
Zitadelle das Elbgelände vor feindlichen Angriffen von Osten her zu schützen.
Der Kaufpreis beträgt 1 370 000 Mark, die nur zum Teil in bar bezahlt werden, während für die Haupt-
summe von der Stadt einige Gebäudegrundstücke in Kauf gegeben werden.
Nun sollen die Wälle fallen, die Festungswerke geschleift werden, nachdem schon infolge des Versailler Diktats
einige Bastionen gesprengt und sonnt das Bollwerk seine militärische Bedeutung verloren hatte. Damit füllt auch
auf der Ostseite der Stadt die letzte größere Festungsanlage, nachdem man schon vor Jahren die Süd- und Nord-
front entfestigt hatte und neuerdings auch auf der Westseite an den schönen Glacis durch Anlage neuer Verkehrs-
wege bemüht ist, den Festungscharakter der Gräben und Wälle, Kasematten, Kavaliere, Ravelins, Batterien und
Kasernen zu verwischen.
Auch neue Straßen sollen den Festungsgürtel durchschneiden, um die wenigen alten Wege durch das Wil-
helms- oder Nlrichstor und das Sudenburger Tor zu entlasten. Der Festungsgürtel, der 1871 in erweiterter Form
vollendet worden war, und das diesem angepaßte Eisenbahngelände haben nach Süden, Westen und Norden die
Entwicklung der Stadt schwer gehemmt.
Nach Abbruch der Maueru und Wälle soll auf dem Zitadellengelände im nächsten Jahre mit dem Bau eines
neuen Rathauses begonnen werden, dem sich gegebenenfalls noch ein Geschäftsgebüude für die nach Magdeburg
zu verlegende Landesverwaltung und eine Markthalle und Schule anschließen sollen, die wieder eine Verbindung
mit dem Zollhafen, dem Rotehorngelände mit dem Ausstellungspnrk, der Elbhalle und den: leuchtenden Turm
des Ausstellungsparkes in Verbindung stehen.
Eine wichtige Bedingung war die, daß das Zitadellengelände nur öffentliche Gebäude aufnehmen und eine
Veräußerung nur mit staatlicher Genehmigung erfolgen darf. Eine weitere Bedingung ist die Erhaltung einzelner
Teile der Zitadelle, wie der beiden Torgebäude. Sollte das sog. Wassertor an der alten Stelle nicht erhalten
werden können, so ist die Stadt verpflichtet, die Werksteinfront an geeigneter Stelle wieder aufzubauen. Die Stadt
soll wieder bemüht sein, das sog. Stadttor und ein
Teilstück der äußeren Befestigung nach Möglichkeit in
die städtische Planung mit einzubeziehen. — So
verschwindet wieder ein Stück Alt-Magdeburg, die
altehrwürdige Zitadelle mit ihren im Klosterformat
verkleideten Ziegelfronten, den inneren Bogen-
stellungen und Kasemattenfenstern, die noch an die
Zeit des alten Dessauers erinnern. Magdeburgs
Bewohner waren der Zitadelle nie hold, den Eingriff
in ihre alten Rechte an den Grund und Boden
konnten sie nicht vergessen. In den Revolntions-
tagen richtete sich auch ein Angriff des Pöbels gegen
ihre Mauern, der aber abgeschlagen wurde. Daß bei
dem Erwerb der Zitadelle von einigen Parteien
Bezeichnungen wie Bollwerk des Militarismus oder
Zwingburg fielen, braucht nicht weiter wunder-
zunehmen.
Die Abbildung zeigt das Tor nach der Stadt
zu, durch das der Weg von der ehemals davor lie-
genden Strombrücke hindurchführte. Daß der letzte
Teil der Brücke vor dem Tor aufklappbar war, be-
weisen noch die beiden Räder seitlich des Tores,
über die Zugketten liefen. Die Architektur besteht
aus einem Rundbogen mit seitlichen Pilastern und
Eckpilastern, dorischem Gebälkuud einem Flachbogen
über dem Mittelteil, hinter dem das zweite Stock-
werk mit seinem Zeltdach liegt. Schlußstein des Tor-
bogens, Flachbogenfeld und die Flächen über dem-
selben sind mit einem Kriegerkopf, kriegerischen
Emblemen und zwei gefesselten Kriegern, seitlich
Abb. 27. Das Wassertor der Zitadelle in Magdeburg. einer Kriegerbüste geschmückt. Du Wenzel.


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