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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 28.1927

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Nr. 2
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Wonisch, Othmar: Ulrich von Liechtenstein und die Frauenburg: (Vortrag, gesprochen auf der Frauenburg anläßlich der Burgenfahrt der Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen, am 24. Juni 1927)
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https://doi.org/10.11588/diglit.35078#0057

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kaufte sie aber zwei Jahre nachher wieder zurück. Nach der zwangsweisen Emigration Georgs erwarb sein Vetter Wolf von
Stnbenberg 1629 den Besitz. Auch dieser dachte daran, zur Deckung seiner Schulden die Burg zu verkaufen, aber erst 1656
ging das Gut an Wolfs Nichte, Elisabeth Renata Gräfin Kolonitsch, über, die es ihrem Gemahl zubrachte. Dieser verkaufte
die Burg samt dem Besitze bereits 1662 an die Grafen später Fürsten von Schwarzenberg, die sie noch heute besitzen.
(Beschreibung der Ruine.)
Das Tor — hier in doppelter Anlage — mit Schießscharten und Pechnasen bewehrt, befindet sich im Norden
der ganzen Anlage. Der östlichen Umfassungsmauer entlang gelangt man zum zweiten Tor, das in den Zwinger
führt, der auffällig lang und eng gestaltet ist. Ebenso merkwürdig ist ein drittes Tor, das vom Zwinger in die eigent-
liche Burg führt. Der Teil, den man zuerst betritt, ist der jüngste und dürfte nach dem Stiche von Merian in: 16.
oder 17. Jahrhundert erbaut worden sein. Davon sind fast nur mehr die Grundmauern erhalten. Nicht viel mehr ist
von dem südlich anstoßenden Gebäude vorhanden, das wohl im 14. Jahrhundert erbaut wurde und die Kapelle ent-
hielt, von der geringe Reste zu sehen sind. Das entsprechend im Westen angefügte Gebäude, in das ein viertes Tor
führte, ist erst vor wenigen Jahren abgesprengt worden. Hier öffnet sich nun der Burghof, von dem man im Osten
in ebenfalls spätere Wohnbauten und gegen Süden in den Palas gelangt. Die hohe Westwand diente zur Verteidi-
gung gegen die Angriffsseite. Der Palas wurde, wohl um einen Zugang zu den jüngeren Bauten und eine Art Ar-
kaden zum Überschauen des Burghofes zu gewinnen, mit sonst nicht gebräuchlichen Vorbauten versehen. Der Palas
stammt noch aus dem 13. Jahrhundert. Sein Grundriß ist dem Gelände entsprechend trapezförmig. Seine Länge beträgt
16 m, die größte Breite 10 m und seine geringste 6 m. Wegen seiner Höhe wird er vielfach als Bergfried angesprochen, was
er jedoch nicht ist. Die Burg entbehrt eines solchen, da sie seiner auch wegen der exponierten Lage entbehren konnte. Der
Palas ist verhältnismäßig am besten erhalten. Er ist unterkellert, außerdem vier Stockwerke hoch, von denen die zwei mitt-
leren zur herrschaftlichen Wohnung dienten. Diese zeichnet sich durch je zwei in zwei Stockwerken befindliche romanische
Doppelfenster mit gekuppelten Säulchen aus. Zwei dieser Fenster sind heute vermauert. Von der alten Einrichtung
sind nur mehr Kaminreste erhalten. Nach oben beschlossen rechteckige Zinnen den Bau. Die Umfassungsmauer ist
mit verschiedenartigen Wehranlagen versehen, von denen eine nach Osten vorgeschobene Bastion noch gut erhalten ist.
Das geistige Erbe Ulrichs sind seine Dichtungen, der „Frauendienst" und das „Frauenbuch". Erstere ist eine Art
Memoiren, in welcher Ulrich in Poetischer Form seinen Minnedienst schildert und in die er die von ihm im Laufe der
Zeit verfaßten Minnelieder, Tanzweisen nsw. einreiht. Ulrich dichtete bereits mit 12 Jahren, als er seinen Minnedienst
begann, den „Frauendienst" verfaßte er jedoch erst im Aufträge seiner zweiten Herrin im Jahre 1255. Der dich-
terische Wert des „Frauendienstes" ist groß, besonders der der Lieder. Ulrich gehörte schon zu seiner Zeit zu den
geschätztesten Dichtern. Seine Weisen wurden viel gesungen und nachgeahmt. Bechstein nennt Ulrich ein „Form-
talent ersten Ranges" und einen „sehr gewandten Dichter". Der „Frauendienst" hat neben seinem poetischen auch
historischen Wert. Weniger hoch steht das „Frauenbuch". Doch ist es eine hervorragende kulturhistorische Quelle, die
ungeschminkt die Sitten bzw. Unsitten des verfallenden Rittertums aufdeckt und beklagt. Die Jugend Ulrichs gehörte
eben noch der besten Zeit an und mit Bedauern sieht er, wie alte höfische Zucht schwindet. Wir befinden uns heilte
in einer ähnlichen Zeit des Niederganges und manches im „Franenbuch" ist uns wie aus der Seele geschrieben.
In manchem ähnelt auch unsere politische Lage der zur Zeit Ulrichs. Er stak noch in den glänzenden Verhält-
nissen Herzog Leopold des Glorreichen, war Zeitgenosse des merkwürdigen, letzten Sprößlings der Babenberger,
Herzog Friedrichs des Streitbaren, und damit auch des Kaisers Friedrichs II. Er erlebte den Verfall des Reiches,
„die kaiserlose, die schreckliche Zeit", er hatte aber auch das Glück, die Auferstehung unter Rudolf von Habsburg —
freilich nur wenige Jahre — zu überleben. All das spielte natürlich im Leben Ulrichs eine bedeutende Rolle. Er
war ja nicht nur Dichter, sondern auch Staatsmann. Was wir über seine Tätigkeit als solchen wissen, erregt unsere
Sympathie. Er war in erster Linie Steirer und einer der Führer des steirischen Adels, der infolge seiner Geschichte
und Stellung eine eigenartige politische Rolle spielte, die aber keineswegs engherzig steirisch war. Er verehrte seinen
Landesfürsten, auch Friedrich den Streitbaren und bedauert tiefpoetisch seinen frühen, unerwarteten Tod in der
Schlacht an der Leitha. Aber er hatte auch den Mut gehabt, gegen ihn an die Seite des Kaisers zu treten, als er
eine unvernünftige Politik zum Schaden des eigenen Landes und des Reiches trieb. Dazumal erfolgte auch unter
besonderer Teilnahme Ulrichs im gewissen Sinne der erste Anschluß Steiermarks an das Reich: Steiermark wurde
reichsunmittelbar und erhielt einen Statthalter. Stand Ulrich auch nicht stets und unentwegt zum Kaiser, so waren
eben die Verhältnisse stärker. Die Fremdherrschaft des Böhmenkönigs Premisl Ottokar und zeitweilig auch der Un-
garn ertrug er nur zähneknirschend. Mit ersterem zertrug er sich vollkommen, die Brechung der Frauenburg und der
anderen Burgen Ulrichs war die Folge davon. Außerdem hielt ihn der König längere Zeit gefangen. Nachdem
Rudolf zum König gewählt worden war, wandte sich der steirische Adel früher als die Klöster und Städte ihm zu.
Den Tag von Renn, an welchem sich der Adel für Rudolf aussprach, erlebte Ulrich nicht mehr, aber sein Sohn befand
sich dabei und der Schluß ist vollberechtigt, daß auch der greise Vater als Gegner des Böhmenkönigs dem neuen deut-
schen König und der neuen deutschen Einheit zujubelte.
Wenn uns nun hier der Geist eines der interessantesten Deutschen im Südosten des Reiches umweht und die
leider immer mehr zerbröckelnden Mauern uns an ihn erinnern, so möchte ich meinen Vortrag vor Ihnen, deutsche
Volksgenossen ans dem Norden des Reiches, beschließen mit dem innigen Wunsche: Möge diese Burg gerettet und
erhalten werden als ein Denkmal deutschen Geistes, deutscher Einigkeit und Einheit.
 
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