laufen, nicht aber in einen Guß zusammenfließen sollen. Harmonie muß hier vor-
handen sein, [...]
Herr Friedrich hat nun allen jenen Grundsätzen in seinem Altarblatt geradezu und
recht absichtlich entgegengehandelt. Er hat den ganzen Grund seines Bildes mit
einer einzigen Felsenspitze, ohne merkliche Andeutung von verschiedenen Flächen,
wie mit einem Kegel ausgeflillt. Er hat alle Luftperspektive verbannt, ja, was das
Schlimmste ist, er hat sogar eine Finsternis auf der Erde verbreitet und sich dadurch
alle die günstigen Wirkungen entzogen, welche der Zufluß des Lichtes darbieten
kann. [...]
Die Ausführung des Bildes zeigt alle Folgen, die von der Vernachlässigung der von
mir aufgestellten Grundsätze unzertrennlich sind. Der Maler hat gar keinen Stand-
punkt angenommen oder auch annehmen können, um dasjenige auszudrücken, was
er ausdrücken wollte. Um den Berg zugleich mit dem Himmel in dieser Ausdehnung
zu sehen, hätte Herr Friedrich um mehrere tausend Schritte in gleicher Höhe mit
dem Berge und so stehen müssen, daß die Horizontallinie mit dem Berge gleichlief.
Aus dieser Distanz konnte er gerade gar kein Detail innerhalb der Umrisse des
Berges sehen. Keine Felsblöcke, kein Moos, keine Bäume, welche die vordere Seite
des Berges umschlossen. Das alles mußte verschwinden, die ganze Masse mußte
sich wie eine schwarze Silhouette scharf von dem Himmel abscheiden. Nicht das
allein! Angenommen, welches nicht geleugnet werden kann, die Horizontallinie läuft
mit der Spitze des Berges parallel, so ist die Beleuchtung des Kruzifixes völlig gegen
die ersten Regeln der Optik. Denn zieht man das Prisma der Sonnenstrahlen, welche
den Himmel durchschneiden, bis zu dem Punkt zusammen, von dem sie ausgehen,
nämlich bis zur Sonne, so kommt ihr Stand so niedrig zu stehen, daß es unmöglich
wird, daß Herr Friedrich, der hinter dem Berge stand, auch nur den geringsten
Abglanz des Gestirns an der Christusfigur, am wenigsten von unten auf, habe bemer-
ken können. [...]
Ein anderer Fehler des Bildes ist der, daß die Tageszeit zweifelhaft bleibt, vermöge
des Abgangs aller Flächen. Für den Morgen spricht die Kälte der Luft, gegen ihn
der Mangel an Nebel. [...]
Die Erdmasse hat einen blaubraunen, höchst einförmigen Ton. Ganz des Lichtes
beraubt, ist sie platt und ohne alle Rundung. Sie steht im schreiendsten Kontrast zu
dem lichten Himmel, ohne Übergang und Harmonie; bloß für denjenigen von Effekt,
der die Abteilung in eine große lichte und eine große dunkle Masse für Helldunkel
annehmen will.
Alle diese Fehler fallen größtenteils der unglücklichen Wahl des Sujets und des Stand-
punkts zur Last. Andere aber kommen auf Rechnung der Ausführung.
Zuerst ist der Himmel ohne Harmonie und Wahrheit. [...]
Bei der Landschaftsmalerei ist das ängstliche Kopieren des Details der Formen nun
vollends ganz zweckwidrig. Alles in der Landschaft bietet sich dem Auge als Masse
dar und leidet durchaus kein weiteres Detail als gerade dazu nötig ist, die Masse zu
charakterisieren; der Unmöglichkeit, größere Gegenstände in der Natur an Ort und
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handen sein, [...]
Herr Friedrich hat nun allen jenen Grundsätzen in seinem Altarblatt geradezu und
recht absichtlich entgegengehandelt. Er hat den ganzen Grund seines Bildes mit
einer einzigen Felsenspitze, ohne merkliche Andeutung von verschiedenen Flächen,
wie mit einem Kegel ausgeflillt. Er hat alle Luftperspektive verbannt, ja, was das
Schlimmste ist, er hat sogar eine Finsternis auf der Erde verbreitet und sich dadurch
alle die günstigen Wirkungen entzogen, welche der Zufluß des Lichtes darbieten
kann. [...]
Die Ausführung des Bildes zeigt alle Folgen, die von der Vernachlässigung der von
mir aufgestellten Grundsätze unzertrennlich sind. Der Maler hat gar keinen Stand-
punkt angenommen oder auch annehmen können, um dasjenige auszudrücken, was
er ausdrücken wollte. Um den Berg zugleich mit dem Himmel in dieser Ausdehnung
zu sehen, hätte Herr Friedrich um mehrere tausend Schritte in gleicher Höhe mit
dem Berge und so stehen müssen, daß die Horizontallinie mit dem Berge gleichlief.
Aus dieser Distanz konnte er gerade gar kein Detail innerhalb der Umrisse des
Berges sehen. Keine Felsblöcke, kein Moos, keine Bäume, welche die vordere Seite
des Berges umschlossen. Das alles mußte verschwinden, die ganze Masse mußte
sich wie eine schwarze Silhouette scharf von dem Himmel abscheiden. Nicht das
allein! Angenommen, welches nicht geleugnet werden kann, die Horizontallinie läuft
mit der Spitze des Berges parallel, so ist die Beleuchtung des Kruzifixes völlig gegen
die ersten Regeln der Optik. Denn zieht man das Prisma der Sonnenstrahlen, welche
den Himmel durchschneiden, bis zu dem Punkt zusammen, von dem sie ausgehen,
nämlich bis zur Sonne, so kommt ihr Stand so niedrig zu stehen, daß es unmöglich
wird, daß Herr Friedrich, der hinter dem Berge stand, auch nur den geringsten
Abglanz des Gestirns an der Christusfigur, am wenigsten von unten auf, habe bemer-
ken können. [...]
Ein anderer Fehler des Bildes ist der, daß die Tageszeit zweifelhaft bleibt, vermöge
des Abgangs aller Flächen. Für den Morgen spricht die Kälte der Luft, gegen ihn
der Mangel an Nebel. [...]
Die Erdmasse hat einen blaubraunen, höchst einförmigen Ton. Ganz des Lichtes
beraubt, ist sie platt und ohne alle Rundung. Sie steht im schreiendsten Kontrast zu
dem lichten Himmel, ohne Übergang und Harmonie; bloß für denjenigen von Effekt,
der die Abteilung in eine große lichte und eine große dunkle Masse für Helldunkel
annehmen will.
Alle diese Fehler fallen größtenteils der unglücklichen Wahl des Sujets und des Stand-
punkts zur Last. Andere aber kommen auf Rechnung der Ausführung.
Zuerst ist der Himmel ohne Harmonie und Wahrheit. [...]
Bei der Landschaftsmalerei ist das ängstliche Kopieren des Details der Formen nun
vollends ganz zweckwidrig. Alles in der Landschaft bietet sich dem Auge als Masse
dar und leidet durchaus kein weiteres Detail als gerade dazu nötig ist, die Masse zu
charakterisieren; der Unmöglichkeit, größere Gegenstände in der Natur an Ort und
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