geradezu notwendig, unentbehrlich. Gereiftere Talente, wie z. B. Schnorr u. and.,
waren von dieser Manier schon frei geworden, während andere, wie etwa Koch, aus
der antikisierenden Zeit Carstens’, Wächters, Schicks, in die romantische Periode
hineingewachsen, von diesen Äußerlichkeiten weniger bestimmt wurden. [...]
Was mich am meisten in meinen Arbeiten aufhielt, war der Mangel einer tüchtigen
Technik, welche nur in einer guten Schule gewonnen wird; allein diesen Mangel
teilte ich mit den meisten anderen, und es ist bekannt, daß dies die schwache Seite
selbst der großen Meister dieser Periode war und meistens auch geblieben ist.
(Ludwig Richter, Lebenserinnerungen eines deutschen Malers nebst Tagebuchaufzeichnungen und
Briefen. Mit Anmerkungen herausgegeben von Erich Marx, Leipzig 1950, S. 193 f., 279-281)
Kommentar
Ludwig Richter (1803-1884) ist der deutsche Holzschnittillustrator des 19. Jahrhunderts
schlechthin, zuständig für das Märchenhafte, Ländliche, Kleinbürgerliche von großer Nähe
und Enge, unter bewußter Ausschaltung der sozialen Realität. Zu verschiedenen Zeiten,
besonders nach den Weltkriegen, hatte seine heile Welt als deutscher Hausschatz - in den
verschiedensten Zusammenstellungen, in gewaltigen Auflagen vertrieben-offensichtlich
Trostfunktion. Richter hatte anders, als Landschaftsmaler, begonnen. Ausgebildet als
Vedutenzeichner und -Stecher in familiärer Tradition, gelang es ihm, von 1823 bis 1826
nach Italien zu kommen.1
Hier stand er unter dem Einfluß von Joseph Anton Koch und Julius Schnorr von
Carolsfeld, von Klassizismus und gemäßigter Nazarenerkunst, und unternahm erste Ver-
suche in der Landschaftsmalerei. Nach der Italienreise suchte er sich als Landschaftsmaler
einen Namen zu machen, wiederholte italienische Motive, wurde erst Zeichenlehrer in
Meissen, 1841 Professor für Landschaftsmalerei in Dresden. Dazu hatten ihm wohl die
Illustrationen zum großen zehnbändigen Werk »Das malerische und romantische Deutsch-
land« des Leipziger Verlegers Wigand von 1837-41 verhelfen, doch fand Richter keinen
hinreichenden Markt für Landschaftsmalerei und wurde mehr und mehr zum reinen Illu-
strator. Landschaft hatte es in Deutschland um 1830 nicht leicht.
Der Stellenwert der Gattung an der Akademie war gering. Cornelius in München
versuchte, die Landschaftsklasse gänzlich abzuschaffen. Für ideale Landschaft, das muß-
ten selbst Joseph Anton Koch und Reinhart realisieren, war der Abnehmerkreis klein.
Aber auch mit dem kleinen anspruchsloseren Landschaftsbild als Vedute war im Kunst-
verein nicht viel Geld zu verdienen, zumal die Konkurrenz groß war. Zudem waren auf
diesem Marktsegment auch die gewandteren Franzosen aktiv; Ausstellungen etwa in Ber-
lin mit heute nur noch wenig bekannten Künstlern wie Gudin, Roqueplan, Cogniet u. a.
hatten in den dreißiger und vierziger Jahren durchaus Erfolg.2 Sie lieferten in gemäßigter
Skizzenmanier Italienansichten, aber auch Szenisches. Richter strebte nach der idealen
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waren von dieser Manier schon frei geworden, während andere, wie etwa Koch, aus
der antikisierenden Zeit Carstens’, Wächters, Schicks, in die romantische Periode
hineingewachsen, von diesen Äußerlichkeiten weniger bestimmt wurden. [...]
Was mich am meisten in meinen Arbeiten aufhielt, war der Mangel einer tüchtigen
Technik, welche nur in einer guten Schule gewonnen wird; allein diesen Mangel
teilte ich mit den meisten anderen, und es ist bekannt, daß dies die schwache Seite
selbst der großen Meister dieser Periode war und meistens auch geblieben ist.
(Ludwig Richter, Lebenserinnerungen eines deutschen Malers nebst Tagebuchaufzeichnungen und
Briefen. Mit Anmerkungen herausgegeben von Erich Marx, Leipzig 1950, S. 193 f., 279-281)
Kommentar
Ludwig Richter (1803-1884) ist der deutsche Holzschnittillustrator des 19. Jahrhunderts
schlechthin, zuständig für das Märchenhafte, Ländliche, Kleinbürgerliche von großer Nähe
und Enge, unter bewußter Ausschaltung der sozialen Realität. Zu verschiedenen Zeiten,
besonders nach den Weltkriegen, hatte seine heile Welt als deutscher Hausschatz - in den
verschiedensten Zusammenstellungen, in gewaltigen Auflagen vertrieben-offensichtlich
Trostfunktion. Richter hatte anders, als Landschaftsmaler, begonnen. Ausgebildet als
Vedutenzeichner und -Stecher in familiärer Tradition, gelang es ihm, von 1823 bis 1826
nach Italien zu kommen.1
Hier stand er unter dem Einfluß von Joseph Anton Koch und Julius Schnorr von
Carolsfeld, von Klassizismus und gemäßigter Nazarenerkunst, und unternahm erste Ver-
suche in der Landschaftsmalerei. Nach der Italienreise suchte er sich als Landschaftsmaler
einen Namen zu machen, wiederholte italienische Motive, wurde erst Zeichenlehrer in
Meissen, 1841 Professor für Landschaftsmalerei in Dresden. Dazu hatten ihm wohl die
Illustrationen zum großen zehnbändigen Werk »Das malerische und romantische Deutsch-
land« des Leipziger Verlegers Wigand von 1837-41 verhelfen, doch fand Richter keinen
hinreichenden Markt für Landschaftsmalerei und wurde mehr und mehr zum reinen Illu-
strator. Landschaft hatte es in Deutschland um 1830 nicht leicht.
Der Stellenwert der Gattung an der Akademie war gering. Cornelius in München
versuchte, die Landschaftsklasse gänzlich abzuschaffen. Für ideale Landschaft, das muß-
ten selbst Joseph Anton Koch und Reinhart realisieren, war der Abnehmerkreis klein.
Aber auch mit dem kleinen anspruchsloseren Landschaftsbild als Vedute war im Kunst-
verein nicht viel Geld zu verdienen, zumal die Konkurrenz groß war. Zudem waren auf
diesem Marktsegment auch die gewandteren Franzosen aktiv; Ausstellungen etwa in Ber-
lin mit heute nur noch wenig bekannten Künstlern wie Gudin, Roqueplan, Cogniet u. a.
hatten in den dreißiger und vierziger Jahren durchaus Erfolg.2 Sie lieferten in gemäßigter
Skizzenmanier Italienansichten, aber auch Szenisches. Richter strebte nach der idealen
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