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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 4.1907/​1908

DOI Artikel:
Rohe, Maximilian Karl: Eine Kreuzigungsgruppe der Frührenaissance in Grossostheim bei Aschaffenburg
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286

KREUZIGUNGSGRUPPE IN GROSSOSTHEIM ^3

nügt. Wenn trotzdem eine einheitliche Wir-
kung zustande kommt, so spricht dies sehr
für das kompositionelle Geschick unseres Bild-
ners. Eine andere Frage jedoch ist die: wieso
und woher kommen all diese Stilverschieden-
heiten in ein und dasselbe Werk? — Hier
rühren wir an die Frage nach der Abstam-
mung unseres Werkes.
Die Diözesangrenze ist es, innerhalb der man
während des Mittelalters und auch lange nach-
her noch größtenteils Aufschluß erhält über
Provenienz und Art eines Kunstwerkes. Für
unsere Gruppe werden wir, als der kirchen-
politischen Zentrale Großostheims sowohl, wie
seiner weiteren Umgebung, des Bachgaus, auf
Mainz gewiesen. Seit alters her stand der
Bachgau unter Mainzer Regime und die kirch-
liche Hauptstadt ist ja, wie gesagt, meist auch
die künstlerische. Am Bischofssitz Mainz also
müssen wir dem Wesen unserer Kreuzesgruppe
nachforschen. Und in der Tat sehen wir dort-
selbst in der plastischen Kunst der Wende des
15. Jahrhunderts und der ersten beiden De-
zennien des nachfolgenden Wandlungen sich
vollziehen, deren deutliches Spiegelbild wir
in den Stilmerkwürdigkeiten unserer Gruppe
vor uns haben. Mainz erlebt in jener Zeit
einen starken Aufschwung der plastischen
Kunst. Vergleicht man beispielsweise die

stattliche Reihe der Grabmäler von Mainzer
Bischöfen im Dom dortselbst mit jener des
Würzburger Domes, der ebenfalls ein reiches
Material liefert, so bekommt man ein deut-
liches Bild von der unterschiedlichen Ent
wicklung der Skulptur in den beiden angren-
zenden Sprengeln. Währendim 14. Jahrhundert
die Würzburger Denkmäler den Mainzischen
an Qualität entschieden über sind, ändert sich
die Situation schon wesentlich im 15., ganz
besonders an dessen Wende. Tillmann
Riemenschneider bedeutet für die pla-
stische Kunst des östlichen Landes einen
Höhepunkt, in gewissem Sinn zugleich aber
auch einen Schlußpunkt. In ihm vollendet
sich im höchsten Maße, wonach das 14. Jahr-
hundert strebte; seine Kunst zeigt die voll-
kommene Beherrschung der Ausdrucksmittel.
Aber selbst in ihrem reifsten Stadium haftet
seinen Figuren immer noch etwas vom Ge-
halt und Wesen der Gotik an und die Würz-
burger Kunst läßt es auch nach des Meisters
Tod zunächst bei dem von ihm Erreichten
bewenden. Der Schatten des großen Meisters
hält seine Nachfolger nieder. Anders in Mainz.
Dort rührt und regt es sich vom Ende des
Jahrhunderts ab an allen Ecken und Enden,
man drängt mit Macht aus dem Bürgerlichen
der Gotik heraus nach Größe und Vornehm-


W. STEINHAUSEN (FRANKFURT a. M.)
Münchener Jahresausstellung im Glaspalast 1908

CHRISTUS
 
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