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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 20.1923/​1924

DOI Artikel:
Staudhamer, Sebastian: Neue Werke von Heinrich Wadere
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.55679#0037

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HEINRICH WADERE KREUZIGUNGSGRUPPE
Holz. — Am Triumphbogen einer Klosterkirche. Kgl, Sonderbeil, u, Abb. S. 26. — Text S. 27

NEUE WERKE VON HEINRICH WADERE
(Zu den Abbildungen dieses Heftes)

A /"ersucht man den Begriff »Kunst« mit
* Worten zu umschreiben und legt dann
den auf theoretischem Wege zurechtgerich-
teten Maßstab an die Werke verschiedener
Zeiten und Meister, so wird man bald inne,
ein Prokrustesbett gezimmert zu haben, in
das sich viele der Besten nicht fügen. Nicht
bloß Theoretiker, sondern auch alle wahr-
haft selbständig fühlenden Künstler grübeln
über die Probleme der Kunst, die letzteren
mehr, als man gemeiniglich annimmt. Der
tiefe Künstler rückt den Fragen zu Leibe,
nicht auf Grund angelesener Gedanken, son-
dern auf der Grundlage eigenen Erlebens;
es treibt ihn, sich über das eigene Schaffen
Rechenschaft abzulegen. Infolgedessen dek-
ken sich Theorie und Praxis. Der gute
Künstler nimmt auch zu den Werken der
Vergangenheit und der Zeitgenossen kritisch
Stellung, hält fern, was ihm wesensfremd,
und stärkt sich an dem, was ihm geistes-
verwandt ist.
Aber der bedeutende Künstler pflegt sich
ohne besondere Veranlassung über sein

künstlerisches Glaubensbekenntnis, wenig-
stens vor Fernerstehenden, nicht zu äußern;
ganz wenige greifen zu diesem Zweck zur
Feder. Es ist auch nicht nötig, denn die
Werke sprechen zuverlässiger, als es Worte
vermöchten. Steht jä auch der Kunstgenie-
ßende am liebsten schweigend vor Meister-
werken und empfindet Redensarten darüber
als Störung.
Waderes Kunst bekennt sich zur Schön-
heit in der Wahrheit, zu einer geläuterten
Erfassung der Wirklichkeit, zu einer geho-
benen Lebensanschauung und deshalb zu
edler Beseelung aller Form, zu einem in
Anmut und Kraft, in Ruhe und Bewegung,
in der körperlichen Erscheinung wie im
Geistigen stets vornehmen und zugleich
warmfühlenden Gebaren. Seine Kunst läßt
das Alltägliche, Nüchterne, Triviale, Ge-
waltsame, das Gemachte wie das Bildungs-
lose beiseite und haßt das Niedrige. Seine
religiösen Werke atmen den Geist überirdi-
scher Würde und erlebter Glaubensinnig-
keit. Die Grenzen, welche der Bildhauer-

Die christliche Kunst. XX. 8

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