VALENTIN KRAUS GRABDENKMAL FÜR ERZBISCHOF DR. JOSEPH VON SCHORK
Untersberger Marmor igoö. — Dom in Bamberg. — Text S. 144.
VALENTIN KRAUS ZU SEINEM 51. GEBURTSTAG
AM 23. AUGUST 1924
Von GEORG LILL
(Abb. S. 137 bis 152 und Beibl. S. 53—57)
Te weniger in der Kunst unserer Tage ein
J gemeinsamer Stilwille Neuschöpfungen zu
einer einheitlichen gemeinsamen Form zu-
sammenschließt, um so mehr drängen die Tem-
peramentsunterschiede der einzelnen Künst-
lerindividualitäten in ihren Werken zutage.
Deshalb der ungeheuere, in den stärksten
Gegensätzen sich zeigendeReichtum an künst-
lerischer Grundanschauung, der der Produk-
tion der letzten hundert Jahre ihren im guten
wie im bösen Sinne eigentümlichen Stempel
aufdrückt.
Keiner kann sich solchen Grundbedingungen
seiner Zeit entziehen. Auch bei unserem
Künstler, dessen wir heute in dankbarer
Gesinnung gedenken, wo ein halbes Jahr-
hundert, davon eine erfolgreiche Schaffens-
zeit eines ganzen Generationsalters, an ihm
vorübergegangen, werden wir dieses im-
manente Gesetz eingeschrieben finden. Seine
stille, ruhige, sanfte Naturanlage hat nie nach
äußeren, künstlich überspitzten und reklame-
Die christliche Kunst. XX. n. August 1924
haften Erfolgen gegeizt. Die innere Besee-
lung war ihm immer das Wesentliche, die Ab-
gewogenheit der Formen und Kompositionen
und die Sehnsucht nach einer lauteren Schön-
heit, die mehr in lyrischem Gefühl als im
dramatischen Pathos ihre Sprache findet. Aus
dieser Veranlagung heraus erklärt sich auch
seine künstlerische Grundeinstellung, die
ebenso im antiken Relief wie an dem klaren
musikalischen Rhythmus einer spätgotischen
Holzfigur ihr eigentliches Ideal sieht, dem der
Künstler nach seinem besten Können folgen
muß.
Was der Künstler aus seinem Heimatboden
an altem Erbblute mitbrachte, ist nicht so
leicht zu sagen; denn dort in Unterfranken,
in dessen Herzen er in dem kleinen Dörfchen
Mühlhausen bei Bergtheim, nordöstlich von
Würzburg, am 23. August 1873 als schlichter
LeuteKindgeboren wurde,mischen sicheben-
sowohl laute, umtrieblerische Elemente, von
denen mehr wie einmal die deutsche Ge-
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