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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0074
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56

Das Pelopion-Thor (Tafel XLII).

Verkleidungstechnik könnte man geneigt sein, dem
älteren Teile des Baues, der Cella, ein sehr hohes
Alter zuzuschreiben. Die vorzügliche Ausführung der
Terrakotten und namentlich die Formen ihrer Orna-
mente gestatten aber meines Erachtens nicht, sie über
das 6. Jahrhundert hinaus anzusetzen. Man darf nicht
vergelten, dass die Verkleidungstechnik in ihrem Heimat-
lande Italien noch in hellenistischer Zeit im Gebrauch
war, wie uns z. ß. der jüngst in Alatri ausgegrabene Tem-
pel zeigt. Die Verwendungsart der Terrakotten ist daher
allein noch kein Kennzeichen eines sehr hohen Alters. An-
dererseits muss das Gebäude nach seiner Lage allerdings
älter sein als das Schatzhaus der Megareer, wie es über-
haupt nach dem Schatzhause No. VIII wohl der alterte Bau
auf der Thesaurenterrasse ist. Da wir nun das Megareer-
Schatzhaus in die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts
gesetzt haben, dürfte sich für den älteren Bau der Geloer
die erste Hälfte desselben Jahrhunderts empfehlen.
Die Vorhalle flammt aus einer jüngeren Periode.
Sie kann erst gebaut sein, als die übrigen Thesauren
schon meifl errichtet waren. Nach ihren Bauformen
und technischen Merkmalen sind wir berechtigt, sie etwa

der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts zuzuschreiben. Man
darf vermuten, dass damals zugleich auch eine Ver-
änderung des Stadionwalles und des Stadioneinganges
stattgefunden hat, weil ohne eine solche für die Vorhalle
kaum genügend Raum vorhanden war. Wie jener Ein-
gang damals gestaltet wurde, entzieht sich freilich unserer
Kenntnis. Zugleich mit der Vorhalle wurden ferner
wahrscheinlich die drei späteren Stufen der Cella und
die kleine Futtermauer, welche nördlich vom Schatz-
hause aufgedeckt ist, erbaut.
Wesentliche Veränderungen, welche das Gebäude
später durchgemacht hat, sind uns nicht bekannt. Wir
erfahren nur durch Pausanias, dass die Bildwerke, welche
ursprünglich im Innern desselben standen, zu seiner Zeit
nicht mehr vorhanden waren. Beim Bau der byzantini-
schen Festung wurde das ganze Gebäude abgebrochen
und sein Baumaterial zur Errichtung der südlichen Teile
der beiden grossen Verteidigungsmauern verwendet.
Dort fanden wir im dritten Jahre der Ausgrabung die
Bausteine und Terrakotten beim Abbruch jener Mauern;
erstere liegen noch jetzt daselbst, letztere werden im
Museum aufbewahrt.

IX. Das Pelopion-Thor.
Tafel XLII.
Erläutert von W. Dörpfeld.

a. Erklärung der Tafel.
Die Tafel zeigt unten zwei Grundrisse des Thores
im Massstabe 1 : 100 und zwar links denjenigen der er-
haltenen Ruine, rechts einen ergänzten Grundplan.
Darüber ist ein Durchschnitt durch die noch vorhandenen
Mauern gezeichnet mit Angabe ihrer Höhenlage im Ver-
hältnis zu dem Stylobat des Zeustempels. Zu oberst
sind diejenigen Gebälkstücke zusammengestellt, welche
dem Thore mit Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden
dürfen, nämlich ein Architrav, ein Geison und ein zu-
sammengesetztes Halbsäulen- und Pfeilerkapitell. Der
Triglyphenfries, von dem nichts gefunden ist, konnte
nur mit punktierten Linien ergänzt werden.

b. Baubeschreibung.
Obwohl das Gebäude eine so starke Zerstörung
erlitten hat, dass nur ein Teil seiner Fundamente übrig
geblieben ist, lässt sich doch seine ursprüngliche Plan-
bildung erkennen und im Wesentlichen ergänzen. Die
erhaltenen Reste bilden ein Viereck mit einem nach Süd-
westen (im Plane nach unten) vorgelegten starken Mauer-
stück. Die Umfassungsmauern des Vierecks sind von ver-

schiedener Breite, der eine Teil hat die gewöhnliche
Wandstärke, der andere ist bedeutend dicker, osfenbar
weil er Säulen und Stufen getragen hat. Da diese Stufen
nicht nur an der einen Seite des Gebäudes angeordnet
waren, sondern noch ein Stück der beiden anderen
Seiten einnahmen, so war der Bau sicher als Prostylos,
nicht als Antentempel ausgebildet. Eine überschlägige
Berechnung ergiebt nun auch, dass die Vorderseite nur
vier Säulen gehabt haben kann. Hat man das festgestellt,
so erkennt man alsbald die Bedeutung der breiten, nach
Südwesten vorgebauten Mauer (H im Plane): sie ist der
Rest einer Rampe, welche zu der mittleren Säulen-
öfsnung hinaufführte. In der That ist die Oberfläche
der Rampe auch jetzt noch ansteigend, wie aus dem
Durchschnitt zu ersehen ist..
Nach dem Mass, um welches das Fundament des
Stylobats über dasjenige der Wand vortritt, darf man
dem Bau drei Stufen mit zwei Auftritten geben. Die
genauen Abstände der Säulen lassen sich sodann in
folgender Weise bestimmen: Die Breite des Baues, in der
aufgehenden Wand gemessen, beträgt etwa 7,75 m;
ziehen wir hiervon eine Triglyphenbreite mit etwa
0,40 m ab, so bleibt als Axenabstand der Ecktriglyphen
etwa 7,35 m. Betrug nun die Zahl der Metopen, wie
wir zunächst annehmen mussen, sechs, so ergiebt sich
 
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