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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0045
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Das Heraion (Tafel XVIII—XXIII).

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Zeit zu mindestens drei Malen wiederaufgenommenen
Ausbesserungen scheint, wenn man aus den Zahlen der
uns zufällig erhaltenen Stücke überhaupt etwas schliessen
darf, ziemlich gleich gewesen zu sein.
Auch in der byzantinischen Epoche sind es die
Löwenköpfe gewesen, welche nach Zerstörung des Daches
am frühesten herabstürzten, und zwar zu einer Zeit, als
die Giebelgruppen noch in ihrer Höhe standen. Es
geht dies daraus hervor, dass einige der Wasserspeier
bereits in die byzantinische Festungsmauer verbaut wur-
den, in der sich dagegen auch nicht ein einziges Giebel-

bruchstück vorgefunden hat.1) Schliesslich wurden die
Trümmer der Traufrinne dann auch mit zur Herstelllung
jener ärmlichen Hütten verwandt, welche sich im 6. Jahr-
hundert auf dem olympischen Gebiet ansiedelten, und
zu diesem Zweck vielfach bis an dessen äusserste Grenzen
verschleppt.

') Vergl. hierüber ausser den S. 23 Anm. 4 angeführten
Belegstellen die auf den Fund eines Löwenkopfes vom Typus d
in den Fundamenten der byzantinischen Nordmauer bezügliche
Skizze im Tagebuch vom 15. Dezember 1877.

III. Das Heraion.
Tafel XVIII—XXIII.
Erläutert von W. Dörpseld.

a. Erklärung der Tafeln.
Tafel XVIII giebt einen Grundriss des Heratempels
in seinem jetzigen Zustande im Massstabe 1: 100. Die
noch aufrechtslehenden Teile sind dunkel, die ergänzten
hell schrasfiert. Eine Ausnahme hiervon in bei dem
Bathron des Cultbildes gemacht. Obwohl dasselbe noch
eine Schicht hoch erhalten ist, habe ich es doch hell
gezeichnet, weil es möglicherweise nicht mehr an seiner
alten Stelle sleht. Da der Bau noch verhältnismässig
wenig zerstört ist, schien es überflüssig, neben diesem
Grundrisse noch einen besonderen ergänzten Grundriss
zu zeichnen, wie es beim Zeustempel geschehen ist. Auf
die Einzelheiten des Planes werde ich bei der späteren
Baubeschreibung näher eingehen, hier sei indes bereits
auf die Verschiedenheit der Säulen in Bezug auf Durch-
messer, Axweite und Abstand von der Stylobatkante
aufmerksam gemacht; diese Abweichungen sind so gross,
dass sie Jedem beim Betrachten des Grundrisses sofort
auffallen.
Auf Tafel XIX sind Längen- und Querschnitte
des Tempels abgebildet. Die unten aus kleinen Steinen
und oben aus grossen Quadern erbauten Fundamente
reichen im Westen und Süden tiefer hinab als an den
übrigen Seiten. Im Osfen und Norden fehlen sogar
die Fundamente aus kleinen Steinen ganz. Die ein-
geschriebenen Nivellementszahlen geben die Höhe der
betrefsenden Punkte über ( + ) resp. unter (—) dem Sty-
lobat des Zeustempels an. Die Säulen sind nur so weit
gezeichnet, als sie erhalten sind; der fehlende Teil ist mit
punktierten Linien ergänzt, wenn nichts von denselben
gefunden ist, mit vollen Linien aber, wenn die einzelnen
Steine zwar verschleppt, aber noch vorhanden sind.
Dass die oberen Teile der Wände aus Luftziegeln be-
standen, ist durch Angabe der Horizontalfugen angedeutet.
Gebälk und Dach des Tempels sind gänzlich fort-

gelassen, weil auch nicht der geringste Anhaltspunkt zu
ihrer Rekonstruktion vorhanden ist. Die Ziegel und das
grosse Akroter des Giebels sollen im II. Bande ab-
gebildet werden.
Tafel XX zeigt die Aufrisse der Aussensäulen aller
vier Seiten. Die noch in situ befindlichen Trommeln
sind mit Schattierung gezeichnet, die herunterge-
fallenen Trommeln und Kapitelle, soweit sie bestimmten
Säulen zugeteilt werden können, in der Zeichnung
ohne Schattierung hinzugefügt. Die ausserordentliche
Verschiedenheit der Durchmesser und der Kapitell-
formen ist gerade auf diesem Blatte besonders gut zu
erkennen.
Als charakteristische Beispiele dieser verschiedenen
Säulen sind auf Tafel XXI vier Säulen der Ringhalle
in grösserem Massstabe nebeneinander gestellt. Die beiden
ersten, welche in ihrer vollen Höhe erhalten sind, sind
besonders wichtig, weil allein an ihnen die Höhe der
Säulen ermittelt werden konnte. Bei den beiden anderen
haben Stücke des Schaftes ergänzt werden mussen.
Welche Stellen die einzelnen Säulen am Tempel ein-
nehmen, ist unter jeder derselben angegeben. Säule
No. 1 weicht von allen übrigen darin ab, dass sie nur
16 Furchen, eine Hohlkehle unterhalb des Kapitells und
eine starke Schwellung (Entasis) hat; sie macht einen
sehr altertümlichen Eindruck. No. 2 besitzt dagegen die
gewöhnliche Zahl von 20 Furchen, hat einen ganz
geradlinigen Echinus und einen kleinen Rundstab unter-
halb des Kapitells. No. 3 besteht aus höheren Trommeln
als die beiden ersten und hat einen stark gekrümmten,
kuchenförmigen Echinus. No. 4 scheint einen monolithen
Schaft gehabt zu haben; ihr Durchmesser ist bedeutend
kleiner als diejenigen der übrigen Säulen (1,02 gegen 1,21,
1,25 und 1,29 m). Das Kapitell ist kuchenförmig, der
Abakus merkwürdigerweise nicht quadratisch, sondern
bildet ein Rechteck von 1,31 zu 1,40 m.
 
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