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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0111
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Die byzantinische Kirche (Tafel LXVII — LXX).

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wirklich schon in dem früheren römischen Umbau ver-
mauert gewesen wäre. Dies ist jedoch, wie wir gesehen
haben, nicht der Fall; es fleht somit nichts im Wege,
jenen Umbau noch in die Zeit vor die elische Reise
des Periegeten — wahrscheinlich aber nur wenige Jahre
vorher — zu setzen. Für diese Zeit spricht wenigflens
noch der folgende Umfland. Es leuchtet ein, dass für
die ausgedehnten Bassinanlagen im Peristyl des Leonidaion
ein verhältnismässig grosser Wasserbedarf erforderlich
war, der nur durch eine besonders ergiebige Zuleitung
bertritten werden konnte. Der Zussusskanal für diese
Bassins kommt aus einem neben dem Altisthore be-
legenen gemauerten Reservoir, welches wiederum von
einer Leitung gespeist wird, die höchst wahrscheinlich
mit den grossen Wasserzuleitungen des Herodes Atticus
zusammenhängt. Es irt bekannt, dass Herodes sseh um
die Wasserversorgung des vordem spärlich bewässerten
Olympia grosse Verdienste erworben und in dem Pracht-
bau der Exedra (ich selbst und diesem Unternehmen
ein Denkmal gesetzt hat. Der Bau der Exedra, der
aus geschichtlichen Gründen zwischen die Jahre 157—160
nach Christi Geburt zu setzen ist, würde somit die
obere Zeitgrenze für den Umbau des Leonidaion ab-
geben. Als untere Zeitgrenze möchte ich die Zeit, in
welcher Pausanias seine Eliaca schrieb, etwa 174 n. Chr.,
ansehen, in der Vermutung, dass der erwähnte Umbau
den Zweck gehabt habe, das Leonidaion zum Absteige-
quartier für den römischen Statthalter, als welches es
der Perieget kennt, herzurichten. Den späteren römischen
Umbau wird man wegen seiner viel geringeren und nach-
lässigen Technik in möglichst grosse zeitliche Entfernung
von dem ersten rücken, und etwa dem 3. nachchrist-
lichen Jahrhundert zuweisen.
Was endlich die Bestimmung dieses nächst den
Gymnasien umfangreichsten Gebäudes von Olympia.an-
langt, so sind darüber bisher nur zwei bestimmte Ver-

mutungen ausgesprochen —, die eine zuerst von Adler
(Ausgrab. z. Ol. V, S. 21) geäusserte und von Flasch
(Baumeister, Denkm. d. klass. Altert. Olympia S. 1104L)
unterstützte, welche in dem Gebäude ein Absteigequartier
für Ehrengäste der Eleer und die auswärtigen, die Spiele
besuchenden Festgesandtschaften erblickt, — und eine von
C. Lange (Haus und Halle, S. 336) vertretene, die im
Leonidaion das Amtslokal und die Wohnung der Hella-
nodiken, den Hellanodikeon, vermutet. Ohne dass diese
letztgenannte Vermutung schlechthin abzuweisen wäre, so
sprechen doch mehr Gründe für die andere. Zunächst
die schon erwähnte Angabe des Pausanias, dass das
Leonidaion den römischen Prokonsuln, die zu seiner Zeit
sicher unter die vornehmsten Ehrengäste gezählt wurden,
zur Wohnung diente. Thatsächlich erscheint auch die
Grossräumigkeit des Bauwerks, welches neben den präch-
tigen Schmuckanlagen des Peristyls stattliche Repräsen-
tations- und Versammlungssäle, daneben aber mehrere
abgesonderte und ruhig belegene, zu Wohnungen be-
stimmte Quartiere enthält, für kaum einen Zweck ge-
eigneter als diesen. Zudem will es scheinen, dass der
Naxier Leonides bei seiner Stiftung eher die fremde und
auswärtige Teilnehmerschaft der Festspiele im Auge
gehabt haben wird, als die elische Behörde der
Kampfrichter und Festordner. Auch die Wagengleise,
die sseh namentlich an der Nordostecke auf dem
Stylobat vorfinden, deuten auf eine vornehme und
bevorzugte Bewohnerschaft. Vermutlich hat auch Pau-
sanias den Bau eben deshalb nur nach dem Namen
seines Stifters genannt, weil er keine direkt mit den
Festspielen oder dem olympischen Götterkult zusammen-
hängende Bestimmung hatte. Nach dem Namen seines
Stifters wird er auch ferner in einer Geschichte der
hellenischen Architektur zu nennen und als eines der
hervorragendsten Denkmäler der griechischen Profan-
baukunst zu verzeichnen sein.

XIX. Die byzantinische Kirche.
Tafel LXVII —LXX.
Erläutert von F. Adler.

Dieser merkwürdige von den älteren Besuchern
Olympias nicht mehr gesehene und deshalb nie erwähnte
Bau wurde bei der französischen Expedition im Jahre
1829 von Dubois entdeckt. Die Fundergebnisse der
nicht zum Abschlusse gebrachten Ausgrabung verösfent-
lichte der Architekt Abel Blouet in der Expedition scien-
tißque etc. de Moree, Vol. I PI. 61. Was er gab, war
nicht viel aber lehrreich. Abgesehen von dem unvoll-
ständigen Grundrisse, liessen seine Zeichnungen neben
echten Formen altchristlicher Baukunst auch wohl-
erhaltene antike Bauglieder von Marmor erkennen, welche

man bei dem Kirchenbau wieder verwendet hatte. Auch
die in dem Lageplane mitgeteilte Stellung der Kirche
halbweges zwischen dem Kladeos und dem Zeustempel
und nahezu in der Axe des letzteren, blieb für die
topographische Forschung beachtenswert, weil die Ver-
mutung nahe lag, dass, wie so oft, auch diese Kirche
über einem antiken Gebäude flehen könne.
Leider war im Frühjahre 1874, da ich als Begleiter
von Curtius die ersten Nivellements für die beabsichtigten
Ausgrabungen machte, die Ruine wieder völlig ver-
schüttet. Dornenhecken bedeckten den Platz, wo sie
 
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