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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0157
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Therme am Kladeos (Tafel LXXXVII).

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sind. Die Exedra war sicher 161 p. Chr. vollendet, weil
Mark Aurel in seiner Inschrift noch nicht Caesar genannt
wird, wahrscheinlich aber schon früher, weil Annia Re-
gula noch als Weihende genannt wird und 160 gestorben
ist. Für die Verwaltung ihres Ehrenamtes als Priesterin
der Demeter Chamyne werden die beiden Olympiaden-
Jahre 157 und 153 in Betracht zu ziehen sein. Weil aber
Antonia Baebia aus hochadligem elischem Geschlechte
im Jahre 157 als Priesterin genannt wird, kann nur 153
in Frage kommen und dann wird sich die Vermutung
kaum abweisen lassen, dass Herodes Atticus aus Dank
für die ihm und seinem ganzen Hause widerfahrene Aus-
zeichnung von seiten der elischen Staatsbehörden den
Bau der ganzen Hochquellleitung einschliesslich der
Exedra von 154—157 p. Chr. hat ausführen lassen. Dies
ift eine kurz bemessene Zeitfrist bei der Fülle von statua-
rischem Schmucke, aber dieser selbst sowie auch einzelne
Bauteile (besonders die zum Teil nur notdürftig voll-
endeten Marmortempel) tragen deutlich sichtbare Spuren
der Eile und Hast, mit der die Bauanlage betrieben und
abgeschlossen worden ist. Um so mehr dürfte aber auch
die schlichte hier gewählte Durchbildung der stuckierten
Halbkuppel sich rechtfertigen lassen und die seltsame
Mischung von Marmorbau mit Putzbau verständlich
werden.
Nicht zu übersehen ist schliesslich die Stellung der
Exedra innerhalb des Lageplans, besonders zu ihrer
näheren Umgebung. Die stattliche Zahl von lebens-
grossen, ja überlebensgrossen Standbildern und ihre
Aufstellung in einer Reihe, führte von selbst zu der
imposanten Spannung der Halbkuppel, und da ein brei-
terer Vor- und Unterbau künstlerisch notwendig war
so erhielt man die seltene Frontlänge von 31,40 m. Im

Westen durfte man, um die Totalwirkung nicht zu
schädigen, den linken Flügelbau nicht von dem Heraion
verdecken lassen und im Osfen stand ein sehr alter hoch-
angesehener Altar — der des thebanischen Herakles —
im Wege. Ein böses Dilemma, was nur auf Kosten der
Sichtbarkeit des Altars gelöst werden konnte, indem man
ihn umging, richtiger gesagt hinter der örtlichen Flügel-
ecke verschwinden liess. Noch schlimmer erging es
einem Schatzhause, vielleicht sogar zweien derselben
welche im Wege standen; man brach sie ab und ver-
wendete das Material für den Unterbau der Exedra.
Die noch vorhandenen Fundamentreste sowie die An-
ordnung der Nachbarbauten sind auf Tafel LXXXIII an-
gedeutet worden.
Nachschrist.
Auf der Tafel LXXXIV ist links von dem Längs-
schnitte durch die Exedra ein Wiederherstellungsversuch
des dicht anstossenden Heraion aufgetragen worden. Ich
habe zu demselben das vorhandene Material, bestehend
aus dem Stufenbau mit seinen sechs teilweis erhaltenen
dorischen Frontsäulen und den sehr wichtigen Cellaresten,
einem sehr alten bemalten Terracotta-Geison, dessen
Formen und Abmessungen vortresflich passten und den
Bruchstücken des kolossalen backsteinernen Akroterion
soweit es möglich war, zu verwerten gesucht. Dass ich
dabei zu dem uralten Schema des opus monotriglyphum
zurückgegrifsen und als Holzbau mit Terracottaverklei-
dung nach dem Muster des Schatzhauses von Gela durch-
zuführen gesucht habe, wird, wie ich hofse, keiner
Rechtfertigung bedürfen. Eine nähere Darlegung und
Begründung dieses Versuches im einzelnen muss einer
anderen Stelle vorbehalten bleiben.

XXVI. Therme am Kladeos.
Tafel LXXXVII.
Erläutert von Fr. Graeber.

Die Therme am Kladeos wurde im ersten Jahre der
Ausgrabungen bei der Anlage eines Grabens vom Zeus-
tempel nach dem Kladeos hin aufgefunden, indessen ge-
stattete der Betrieb es nicht, diesen als römisch er-
kannten Backsteinbau sofort näher zu untersuchen. Ersl
am Schlurse der Arbeiten wurde es möglich, einen Teil
des kleinen Bauwerkes freizulegen. Dargestellt sind die
Ergebnisse der Aufmessung auf Tafel LXXXVII und CXI
Band II.
Am Grundriss Tafel LXXXVII Figur 3 erkennt man,
dass die Süd- und Westseite nach aussen hin begrenzt
ist, dass der Bau aber nach Norden und Osfen hin sich
noch weiter fortsetzt. Der Saal a Figur 3 ist der Haupt-
raum, schon ersichtlich an dem reichen Mosaikfussboden;
er vermittelt den Zugang zu den Baderäumen. Durch
eine Thür in der Westwand betritt man das Zimmer b,

vielleicht den Auskleideraum, an welches sich in c das
etwas vertiefte Frigidarium anschliesst. Die Zimmer d,
e, f sind heizbare Räume, d vermutlich das Tepidarium,
e das Caldarium. Letzteres hat drei Wasserbecken, davon
zwei in halbrunden mit Fenstern versehenen Nischen.
Diese drei Zimmer waren anscheinend überwölbt, d und
s mit Tonnengewölben, erkennbar an der Dicke der
Scheidewände, welche das Zimmer d von e und/ trennen.
Die gezeichneten Mauerstärken sind die Vollmauern, hinzu
zur ganzen Wanddicke kommen noch die je 10cm ca.
starken Isolierschichten (Hohlwände) mit Marmorbeklei-
dung, welche sämtlich abgefallen waren, von welchen
aber noch Resse aufgefunden worden sind.
Tafel LXXXVII Figur4 giebt den Grundriss der Hypo-
kausten, deren Fussboden zum Teil mit Findlingssteinen,
zum Teil mitThonplatten gepssastert war. Die Hypokausten
 
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