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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0079
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Altisthore und Altismauer (Tafel XLV).

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gründlichen Umbau, der vielfache Veränderungen des
Planes im Gefolge hatte. Eine genauere Angabe über
den Zeitpunkt desselben können wir nicht machen; wir
wissen nicht einmal, ob er vor oder nach Pausanias
stattgefunden hat. Für eine sehr späte Zeit spricht
einerseits die schlechte Bauart aller römischen Mauern
und andererseits die Thatsache, dass in der Vorder-
wand ein grosses Stück von einem der korinthischen
Kapitelle des Gymnasionthores verbaut gefunden wurde.
Freilich sind im Gegensatz hierzu die Mosaikfussböden
ziemlich gut gearbeitet; doch hat man ja selbst in

byzantinischer Zeit ganz vorzügliche musivische Arbeiten
herzustellen verstanden.
Als die Byzantiner ihre grosse Festung beim Zeus-
tempel bauten und noch später ihr Dorf in der Altis
einrichteten, brachen sie die Mauern des Prytaneion
nicht ab, sondern benutzten die Ruinen, soweit sie noch
aufrecht standen, zur Herstellung ihrer ärmlichen Woh-
nungen. Diese Hütten traten bei den Ausgrabungen
zuerst zu Tage, nachdem die Sandmassen, mit welchen
der Kladeos den ganzen Bau zugeschüttet hatte, ent-
fernt waren.

XL Altisthore und Altismauer.
Tafel XLV.
Erläutert von W. Dörpfeld.

Auf Tafel XLV sind die sämtlichen Thore der Altis,
deren Reste aufgedeckt sind, und ausserdem einige Stücke
der UmfaiTungsmauer der Altis abgebildet. Sie sollen
hier nur als Bauwerke besprochen werden; ihre Be-
deutung für die Topographie Olympias kann erst im
Anschluss an den Text zum Situationsplane dargelegt
werden.
Die vier auf unserer Tafel in Grundrissen und
Durchschnitten gezeichneten Thore stellen drei ver-
schiedene Typen dar. Das unter No. i abgebildete Ge-
bäude ist der Rest eines grossen Triumphthores mit
drei Durchgängen. Die Bauten No. 2 und 3 vertreten
eine ganz andere Art von Thorgebäuden, sie beliehen
aus drei nebeneinander liegenden Thüren mit einer vier-
säuligen Vorhalle im Äusseren und einem Vorplatz im
Inneren. No. 4 ist ein einfaches Thor mit einem Vor-
platz ohne Säulenschmuck.
Alle vier Thore haben Fundamente aus Kalkmauer-
werk (opus incertum) und Unterbauten aus Quadern,
die schon vorher anderweitig verwendet waren. Von
den Oberbauten ist bei allen nur sehr wenig erhalten.
Diese Übereinstimmung in der Bauart und ihre Lage
im Zuge derselben Umfassungsmauer der Altis sind sichere
Kennzeichen dafür, dass wir trotz der abweichenden
Form Bauwerke derselben Zeit vor uns haben. Die ver-
schiedene Gestaltung erklärt lieh aus den verschiedenen
Zwecken, denen sie dienten: Das grösste Thor war ein
Triumphthor, vielleicht zu einem bestimmten festlichen
Einzüge errichtet und dann als Haupteingang des Fest-
platzes beibehalten; die beiden mittleren waren Thore
für die Besucher des heiligen Bezirks; die kleine Pforte
endlich war wohl nur zu Verwaltungszwecken, also zum
Gebrauch der Beamten bestimmt.
Von dem grossen Thore, welches im Südosten
der Altis zwischen Buleuterion und Südostbau liegt, ist
ausser dem Fundament nur noch ein Theil der Fuss-

bodensehicht der Zerstörung entgangen. Dieselbe bildet
im Grundriss ein Rechteck von 4,43 m Tiefe und
16,65 m Länge und besteht aus Quadern von Porös
und hartem Kalkstein verschiedener Art. Die beiden
Steinsorten sind so verteilt, dass der Porös vier auf
unserer Tafel erkennbare Vierecke, der harte Kalkstein
dagegen einen breiten und zwei schmale Durchgänge
und einen ringsherum laufenden Streifen bildet. Da
die mit Porös gepssasterten Stellen offenbar überbaut, die
anderen dagegen stets sichtbar waren, lässt sich aus ihrer
Verteilung die Form des Grundrisses ablesen: Vier starke
Pfeiler fassten einen breiten Thorweg und zwei schmalere
Seitendurchgänge ein. In allen drei Thorösfnungen sind
die Löcher für die Drehzapfen der Thorflügel noch vor-
handen. Wir haben also die Überreste eines grossen,
dreithorigen Triumphbogens der gewöhnlichen Form
vor uns.
Der ganze Oberbau ist verschwunden; nur einige
Bruchstücke marmorner Verkleidungsplatten haben sich
gefunden, welche vielleicht zur oberen Architektur ge-
hören.
Es ist besonders bemerkenswert, dass die sämtlichen
Kalksteinplatten des Fussbodens zerstörten Basen von
Weihgeschenken der verschiedensten Form entnommen
sind. Schon in unserem Grundriss erkennt man die
vielen Standspuren dieser Weihgeschenke in Gestalt von
Löchern auf den weissgelassenen Platten; an Ort und
Stelle lässt sich an der Form dieser Löcher weiter fest-
stellen, dass viele Quadern aus schwarz'em eleusinischem
Stein einst ein grosses Viergespann getragen haben. Dass
wir hier wahrscheinlich die Basen derjenigen Kunstwerke
vor uns haben, welche auf Befehl des Kaisers Nero nach
Rom geschleppt wurden, habe ich an anderer Stelle
(Athen. Mitteil. XIII S. 332) nachzuweisen versucht.
Die beiden Thorgebäude, welche unter No. 2
und 3 gezeichnet sind, liegen im Zuge der jüngeren
 
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