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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0158
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Dorische Kapitelle (Tafel LXXXVIII)

standen selbstverständlich mit den Isolierschichten (Hohl-
wänden) der oberen Wände nicht in Verbindung. Die
Detailkonstruktion der Hypokausten zeigt Tafel LXXXVII
Figur 2 und 5; die Säulchen bestehen aus runden ßack-
steinen von 21cm Durchmesser. Gut erhalten sind die
Fussböden der Räume a, b und e, die der Zimmer d

und / sind teilweise eingestürzt. Das aufgehende Zie»el-
mauerwerk ist bis zur Höhe von ca. 3 m erhalten d. h.
annähernd soweit es die schützende Überschwemmun»s-
schicht verbarg. Die Mosaikfussböden werden im Zu-
sammenhange mit den übrigen Funden dieser Gattung
an anderer Stelle besprochen werden.

XXVII. Dorische Kapitelle.
Tafel LXXXVIII.
Erläutert von W. Dörpfeld.

Auf Tafel LXXXVIII sind 14 verschiedene dorische
Kapitelle von kleinen Abmessungen zusammengestellt,
welche zu keinem der auf besonderen Tafeln abgebil-
deten Bauwerke gehören oder wenigstens keinem mit
Sicherheit zugeschrieben werden können.
In der Mitte ist ihre geometrische Ansicht im Mass-
stabe 1:10 gezeichnet und unmittelbar daneben die Durch-
schnittslinie des Echinus in vierfacher Grösse (112,5) wie-
derholt. Das Material aller Stücke ist der einheimische
Muschelkalk, Porös genannt. Im Äusseren waren sie
alle mit Stuck überzogen, der aber nur an einigen gut
erhalten ist. Das Alter der Kapitelle ist sehr verschieden;
einige, wie No. 4 und 11, slammen aus altgriechischer Zeit,
andere, wie No. 2 und 8, sind etwa mit dem Zeustempel
gleichzeitig, noch andere, wie No. 5 und 9, können erst
in später Zeit hergestellt sein.
No. 1 ist mit anderen Kapitellen zusammen im Pry-
taneion gefunden; sie lagen unter dem römischen Fuss-
böden und waren zur Fundamentierung einer späten
Mauer benutzt. Vermutlich gehört daher unter Kapitell
zu einer der Säulen des älteren griechischen Prytaneion,
deren Fundamente erhalten sind (vergl. oben S. 60).
Der Echinus zeigt eine weitausladende, stark ge-
schwungene Kurve und ist vermittelst dreier Ringe an
den Schaft geknüpft. Dieser hatte keine Furchen. Der
obere Durchmesser (0,360m) verhält sich zur Abakusbreite
(0,604m) wie 1:1,68 oder wie 3:5.
Kapitell No. 2 ist ebenfalls im Prytaneion gefunden,
unterscheidet sich aber von No. 1 durch Form und Ab-
messungen. Der Echinus ist strasfer gezeichnet und steiler,
der Abakus ist wesentlich höher und der Schaft besitzt
20 Furchen. Wenn dieses Kapitell auch zu dem griechi-
schen Prytaneion gehörte, muss es einem Teile desselben
zugeschrieben werden, der aus derselben Zeit wie der
Zeustempel flammt. Denn mit den Kapitellen dieses
Tempels zeigt es eine auffallende Verwandtschaft. Wenn
man es vierfach vergrössert, erhält man fast genau das
Kapitell von der Ringhalle des Tempels und bei dop-
pelter Vergrösserung ergiebt sich das Kapitell vom Süd-
bau des Buleuterion. Der obere Durchmesser OD (0,400m)
verhält sich zur Abakus-Breite AB (0,643 m) wie 1:1,61,
oder fast wie 3 :5-

No. 3 ist ein ebenfalls im Prytaneion gefundenes
kleines Kapitell, welches der römischen Epoche zuge-
schrieben werden muss. Der niedrige und wenig aus-
ladende Echinus macht diese Datierung sicher. Drei sehr
zierlich gebildete Ringe verbinden den Echinus mit dem
zwanzigfurchigen Schaft.
No. 4, ein ebenso wie No. 1 unter dem römischen
Fussböden des Prytaneion gefundenes Kapitell, macht
durch seine weite Ausladung einen altertümlichen Ein-
druck. Man ist wegen des Fundortes geneigt, es auch
dem alten Prytaneion zuzuschreiben, erhält dann aber so
viele Kapitelle für diesen verhältnismässig kleinen Bau,
dass man Zweifel an der Richtigkeit der Zuteilung nicht
unterdrücken kann. Allerdings lässt sich die Möglichkeit
nicht bestreiten, dass das Prytaneion, ähnlich wie das
Heraion, ursprünglich hölzerne Säulen hatte, welche spä-
ter allmählich durch steinerne Stützen ersetzt wurden.
Der Schaft ist ohne Furchen und oben mit drei
kleinen Ringen abgeschlossen. OD (0,322) : AB (0,628)
= 1: 1,95 oder fast 1 :i.
No. 5 ist ein sehr spätes roh gearbeitetes Kapitell,
welches einem römischen, wenn nicht gar byzantinischen
Gebäude zugeschrieben werden muss. Furchen sind
nicht vorhanden.
No. 6 wurde ebenfalls im Prytaneion gefunden und
passt sowohl in der Grösse, als auch in seiner Form
und in dem Fehlen der Furchen zu denjenigen Kapi-
tellen, welche vermutungsweise dem älteren Prytaneion
zugeschrieben werden. Es unterscheidet sich von ihnen
durch eine andere Profilierung der Ringe des Echinus,
deren Querschnitt zu den Ringen an den Säulen des
Zeustempels passt. Die Höhe des Abakus ist unbekannt,
da dieser oben abgebrochen ist. Die Ausladung des
Echinus ist derjenigen an No. 1 gleich, denn OD: AB
— 1:1,68 — 3:5; die absoluten Masse sind bei No. 6 je-
doch kleiner.
No. 7, ein ebenfalls altdorisches Kapitell, ist zwischen
dem Südostbau und dem sogenannten Oktogon gefunden
und kann keinem Bau mit Sicherheit zugeschrieben wer-
den. Seine Zuteilung zu den griechischen Gebäuden,
bei denen es ausgegraben wurde, kann nicht als gesichert
gelten, weil daselbst mehrere Kapitelle von verschiedener
 
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