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Curtius, Ernst [Editor]; Adler, Friedrich [Editor]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0094
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76

Das Buleuterion (Tafel LV —LVIII).

Bau etwa die erste Hälfte desselben Jahrhunderts an-
zunehmen sein; dieser Zeitpunkt scheint mir in jeder
Hinsicht zu passen.
Vor der vollständigen Zerstörung des Gebäudes in
frührömischer Zeit muss schon eine teilweise Begnadi-
gung und Erneuerung slattgefunden haben. Der Stylobat
der Südseite ist nämlich einmal ganz verändert worden,
wie seine im Material und in den Massen abweichen-
den Steine deutlich zeigen. Auch die Nordwestsäule
scheint damals erneuert worden zu sein.
Die Zeit des totalen Umbaues hat in Folge eines
glücklichen Fundes bestimmt werden können. Unter
dem römischen Fussboden fand sich nämlich auf einer
bleiernen Wasserleitung, welche dem Hauptbau angehörte,
der Stempel NERONIS AUG. Also während der Re-

gierung des Kaisers Nero ist das Wohnhaus erbaut worden
nachdem der griechische Bau absichtlich oder unabsicht-
lich verbrannt und abgebrochen war. Diesem rücksichts-
losen Herrscher kann man es in der That wohl zutrauen,
dass er sich an der Grenze der Altis und zum Teil noch
in ihrem Innern ein Wohnhaus errichten liess, welches
nicht nur mit dem heiligen Haine, sondern auch mit
dem Stadion und dem Hippodrom in direkter Verbin-
dung stand.
Zu welchem Zweck das Gebäude in der Zeit nach
Nero benutzt wurde, ist nicht bekannt. Pausanias muss
es schon als Wohnhaus gesehen haben, erwähnt es aber
nicht. Beachtenswert ist noch, dass die Thüren zur Altis
später zugemauert worden sind, wodurch der Bau aus
der Altis ausgeschlossen wurde.

XVI. Das Buleuterion.
Tafel LV —LVIII.
Erläutert von W. Dörpfeld.

a. Erklärung der Tafeln.
Tafel LV giebt den Grundriss der zum Buleuterion
gehörigen Gebäude in ihrem jetzigen Zustande. Die-
jenigen Mauern, welche fast ganz zerstört gefunden
wurden, sind in hellen punktierten Linien ergänzt; im
Übrigen ist aber jede Ergänzung unterlassen. Wieder-
herstellungen der ganzen Anlage werden auf den kleine-
ren Situationsplänen gegeben werden. Ein besonderer
ergänzter Grundriss ist nicht gezeichnet, weil seine Form
schon aus den erhaltenen Mauerzügen und Pfeilerfunda-
menten genügend erkannt werden kann: Zwischen zwei
mit Apsiden versehenen, zweischiffigen oblongen Ge-
bäuden erhebt sich ein quadratischer Bau, und alle drei
sind im Osten mit einer gemeinsamen Vorhalle ausgestattet.
Die in dem Plan gezeichneten, aus kleinen Steinen her-
gestellten Mauern gehören einer jüngeren Periode an
und kommen daher bei Ermittelung des ursprünglichen
Grundrisses nicht in Betracht.
Tafel LVI enthält einige Aufruse des Buleuterion
im doppelten Massstabe der Grundrisse. Oben ist eine
Vorderansicht des Südbaues gegeben unter Weglassung
der jüngeren Vorhalle; willkürlich ergänzt sind dabei die
Säulenhöhe und das Antenkapitell. Das Dach war ver-
mutlich ohne Giebel als Walmdach gebildet. Die untere
Ansicht giebt einen Aufriss des Nordbaues, von Norden
gesehen. Links bemerkt man die nordöstliche Ante und
rechts die Rundung der Apsis; das mittlere Stück ist
weggelassen, weil sonst die Grösse der Tafel nicht aus-
gereicht hätte. Unbekannt sind in diesem Aufrisse nur
die Höhenmasse der Ante und des Daches.

Auf Tafel LVII habe ich die Stützen und Gebälke
der verschiedenen Teile des Buleuterion zusammengestellt.
Links oben sieht man die Ante und das Gebälk des
Nordbaues, an dem namentlich die fünf Nagelköpfe des
Architravs bemerkenswert sind. Eine perspektivische
Ansicht derselben Ante und ihr Durchschnitt in grossem
Massstabe sind darunter gezeichnet. Rechts oben ist die
Säule und das Gebälk des Südbaues abgebildet und
zwar dasjenige der Ostfront und der Langseite neben-
einander; jenes mit hochkantig gestellten Architravplatten,
dieses mit einem der Höhe nach dreigeteilten Architrav.
Die Form der Säule wird noch durch besondere
Zeichnungen verdeutlicht. Daneben ist ein sehr alter-
tümlicher Traufziegel gezeichnet, welcher wegen seiner
Rundung wahrscheinlich zu einer der Apsiden gehört.
Er wird im II. Bande dieses Werkes bei Behandlung
der architektonischen Terrakotten besonders besprochen
werden. Rechts unten ist endlich noch der untere Teil
einer Säule der Vorhalle mitgeteilt.
Auf Tafel LVIII ist der Versuch gemacht, ergänzte
Durchschnitte des Buleuterion zu geben, um die ver-
mutliche Gestalt der einzelnen Teile möglichst klar zu
machen. Die erhaltenen Fundamente und Gebälke sind
in dunklem, die ergänzten in hellem Tone gezeichnet
und mit punktierten Linien umgrenzt. Die einge-
triebenen Zahlen geben die Höhe des betreffenden
Punktes unter dem Stylobat des Zeustempels an. Oben
ist ein von Süden nach Norden gerichteter Querschnitt
durch die drei nebeneinander liegenden Bauten ge-
zeichnet und unten ein Längenschnitt durch den Süd-
bau und die gemeinsame Vorhalle. Es sei auch hier
 
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