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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0097
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Die Südhalle (Tafel LIX—LXI).

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sonderen Bedingung, dass der Zuschauerraum des Stadion
nur bis an die eine Ecke des Dreiecks heranreicht, im
Ganzen aber weiter abseits liegt. Diese Bedingungen
werden bei unserer Ansetzung des Buleuterion so voll-
ständig erfüllt, und die ganze Schilderung der Schlacht
wird so anschaulich, dass mir ein Zweifel an der Lage
des Buleuterion südlich vom Zeustempel nicht mehr
berechtigt erscheint. Ich füge noch hinzu, dass es ein
skenisches Theater in Olympia niemals gegeben hat,
und dass es ausserdem inschriftlich gesichert ist, dass der
Zuschauerraum der Stadien im 4. Jahrhundert Theater
genannt wurde (vergl. CIA II, 176, Z. 15).
Wann sind die einzelnen Teile des Buleuterion er-
baut worden? Zunächst ist es sicher, dass die beiden
mit Apsiden abgeschlossenen Bauten älter sind als der
Mittelbau und die Vorhalle. Der Mittelbau ist nämlich
mit seinen beiden Nachbarbauten durch kleine Mauern
verbunden, welche ofsenbar mit ihm selbst gleichzeitig
sind. Diese Thatsache schliesst allerdings die Möglich-
keit nicht aus, dass der jetzige Mittelbau an die Stelle
eines älteren Sitzungssaales getreten ist. Es ist dies sogar
sehr wahrscheinlich, weil sich nur bei einer solchen An-
nahme der grosse Abstand zwischen den beiden Seiten-
bauten erklärt.
Von den beiden letzteren hielt ich früher (a. a. O.
S. 45) den Südbau sür älter als den Nordbau. Ich
glaube jetzt, dass das Umgekehrte der Fall ist. Nach-
dem nämlich die früher dem Nordbau zugeteilten, aus
dem 5. Jahrhundert flammenden Säulen als zur Vorhalle
des Gela-Schatzhauses gehörend erkannt sind und dem-
nach bei Beurteilung des Alters nicht mehr in Betracht
kommen, scheinen mir die Bauformen des Nordbaues
älter zu sein als diejenigen des Südbaues. So ist z. B.
das Antenkapitell des Nordbaues und ebenso das aller-
dings nur vermutungsweise zugeteilte Säulenkapitell ent-
schieden älter als die entsprechenden Kapitelle des Zeus-
tempels; das Säulenkapitell des Südbaues hat dagegen
genau dasselbe Profil wie die letzteren. Ebenso sind
auch die Nagelleisten am Architrav des Nordbaues höher
und mithin altertümlicher als an dem anderen Gebäude;
auch die Zahl der Nagelköpfe, die ungewöhnlicherweise
fünf beträgt, weist auf eine frühe Entstehungszeit hin.
Ich glaube demnach, dass der Nordbau im 6. Jahrhundert,

der Südbau dagegen gleichzeitig mit dem Zeustempel in
der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts errichtet worden
ist. Diesem Ansatz widersprechen weder die technischen
Formen, noch die früher schon mitgeteilten Versatz-
marken, welche an einigen Steinen des Nordbaues be-
obachtet worden sind.
Die Erbauungszeit der Vorhalle und des Mittel-
baues, welche beide vermutlich aus derselben Periode
flammen, wage ich nicht zu bestimmen, weil ausser der
Säulenbasis der Vorhalle kein Architekturglied mehr
vorhanden ist, und auch kein sicheres technisches Merk-
mal zur Ermittelung des Alters vorliegt. Wegen der
Verwendung alter Säulentrommeln und anderer schon
gebrauchter Baustücke zu dem Fundament der Vorhalle
glaubte ich früher dieselbe in eine späte Zeit setzen zu
mussen. Nachdem wir aber wissen, dass die Fundamente
der athenischen Propyläen zum grössten Teil aus alten
Baustücken der verschiedenflen Form beliehen, ist ein
solcher Schluss nicht mehr zulässig. Die Vorhalle kann
sehr wohl im 3. oder 2. Jahrhundert entstanden sein, ohne
dass eine frühere oder spätere Zeit ausgeschlossen wäre.
Als die Vorhalle erbaut wurde, lag das Buleuterion
noch ganz ausserhalb der Altis, an seiner Ostfront lief
der Weg entlang, welcher von dem Alpheios her zu
der Ostfront des Zeustempels führte. Durch Erbauung
der neuen Altismauer, welche zur Zeit des Kaisers Nero
entstand, wurde dieser Weg abgeschnitten und der Nord-
bau bildete nun selbst die Grenze der Altis (s. Athen.
Mitteil. XIII, S. 327). Ein besonderer Eingang, den
Pausanias schon erwähnt, führte an der Nordseite der
Vorhalle von der Altis aus direkt in das Rathaus.
In noch späterer Zeit wurde vor der Vorhalle ein
grosser Hof und gleichzeitig vor dem Mittelbau eine
besondere Vorhalle erbaut. Der Hof war mit Säulen
umgeben, welche auf viereckigen Basen standen und
aus den verschiedenartigsten Materialien hergestellt waren.
Sie waren alle mit einem dicken Stuck überzogen,
welcher die Ungleichmässigkeiten ausglich. Auch dieser
Hof ist mit allen älteren Gebäudeteilen abgebrochen
worden, als die byzantinische Festungsmauer errichtet
werden sollte und dazu neben vielen anderen Bau-
werken auch das ganze Buleuterion sein Material her-
geben musste.

XVII. Die Südhalle.
Tafel LIX —LXI.
Erläutert von R. Borrmann.

Der Name Südhalle ist der grossen, südlich vom
Buleuterion, ausserhalb der Altis belegenen Säulenhalle
beigelegt worden, die zwar nur zum geringen Teile aus-
gegraben, aber durch die Aufdeckung beider Endpunkte
im Osfen und Westen ihrer Lage und Ausdehnung
nach bestimmt erscheint. Obwohl in der Länge hinter

den übrigen Hallenbauten von Olympia: der Echohalle,
den Ringhallen des Leonidaion — der grossen Laufhalle
des Gymnasion nicht zu gedenken — zurückstehend,
übertrifst sie dieselben doch in der Breite und vor Allem
in dem Massstabe ihrer Säulenarchitektur. Die Haupt-
front war nach Süden, offenbar auf eine dort entlang
 
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